Digitalisierung: Wunsch und Wirklichkeit
Bayerischer Gemeindetag Staatsministerin Dorothee Bär im Gespräch mit Bürgermeistern aus der Region. Wo es hakt
Oberhausen-Unterhausen Für Staatsministerin Dorothee Bär war es der erste Termin im neuen Jahr. Auf ihrem Weg zur Klausurtagung der CSU in Kloster Seeon machte sie Station in Unterhausen, wo im Innovationszentrum ein Treffen des Bayerischen Gemeindetags stattfand. Bürgermeister von etwa der Hälfte der 67 Gemeinden der Landkreise Eichstätt, Neuburg-Schrobenhausen und Pfaffenhofen trafen sich, um überörtliche Themen zu besprechen. Der Schwerpunkt der aktuellen Veranstaltung hieß „Digitalisierungsoffensive“und die neue Staatsministerin aus Bamberg sollte darüber in einen Dialog mit den Bürgermeistern treten.
Zunächst informierte sie über die Funktion ihrer Berliner Dienststelle, die „in erster Linie eine koordinierende ist“, so die Ministerin. In den Bereichen Elektronische Gesundheitskarte, aber auch in den Ministerien für Entwicklung, Arbeit und Soziales hätte man dabei schon einiges auf den Weg gebracht, sagte Bär. Weit vom Ziel entfernt sei man jedoch im Bereich der Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen, die eigentlich bis 2020 bewerkstelligt sein sollte. 575 Verwaltungsvorgänge könnten am Ende auf digitalem Weg und bürgerfreundlich erledigt werden, wenn nicht Widerstände unterschiedlicher Art das Projekt bremsen würden. Von den 115 Dienstleistungen, die den Bund beträfen, hätte man bis jetzt ganze fünf ausgewählt und lediglich Berlin, Hamburg und die Länder Bayern und Hessen mit ins Boot nehmen können. Hemmnisse seien vor allem der Föderalismus – „jedes Land will was eigenes haben“– und die große Skepsis, was die Datensicherheit beträfe. Lange Bearbeitungszeiten, beispielsweise beim Eltern-, Kinder- und Wohngeld, lassen Bürger oft am Sinn der digitalen Antragsform zweifeln.
Der Schrobenhausener Bürgermeister Karl-Heinz Stefan bestätigte, dass diese Art der digitalen Dienstleistung in seiner Behörde noch nicht angekommen sei und „völlig neue Kompetenzen der Mitarbeiter erfordern würde“, Neuburgs Oberbürgermeister Bernhard Gmehling befürchtete sogar die Erweiterung der Verwaltung um mehrere Internetspezialisten, die man jedoch nicht so leicht bezahlen könnte. Bürgermeister Martin Seitz aus Gerolsbach klagte: „Wir schaffen uns Mehrarbeit. Schon jetzt werden digitale Daten oft unnützerweise ausgedruckt und mit der Post verschickt, weil es aus irgendwelchen Gründen so erforderlich ist.“
Ministerin Dorothee Bär bestätigte, dass man es selbst bei den Verkehrsdaten und Gefährderdateien bisher nicht geschafft habe, länderübergreifend eine gemeinsame Plattform zu bekommen. Oberhausens Bürgermeister Gößl fasste es so zusammen: „Wir befürchten den nächsten Topf, wo jeder darin rumrührt und dann geben wir es auf.“
Die flächendeckende Versorgung mit Internet war der zweite Schwerpunkt der Diskussion mit der Staatsministerin. Man hätte zwar einen Rechtsanspruch darauf, die Realität sei aber, dass die Betreiber oft nur gewinnbringende Netze ausbauen wollen. „Wenn es der Anbieter nicht schafft, muss der Staat ran“, sagte die Ministerin. Die Förderung von Netzen mit einem Zuschuss von zehn Prozent reiche aber hinten und vorne nicht, sagte der Bürgermeister von Geisenfeld. Man bürde dem Steuerzahler die Investition auf und bliebe dann auf den Kosten sitzen, wenn kein Betreiber die Netze nutzen will.
MdB Reinhard Brandl bestätigte, dass vom Bund für den Netzausbau viel Geld bereitgestellt aber nicht abgerufen würde. 50000 Euro bekäme beispielsweise jede Gemeinde, um ein Gutachten machen zu lassen und „den Weg durch den Paragrafendschungel zu finden“. An der ICETrasse und an der Autobahn A 9 werden überall Masten aufgestellt, berichtete ein Bürgermeister aus dem Raum Eichstätt, „wenn ich aber für 50 Leute im Anlautertal zwei Masten bräuchte, wird das niemand pachten“. Eine Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse auf dem Land und in der Stadt werde es in Sachen Digitalisierung in naher Zukunft jedenfalls nicht geben.