Was von der Abwrackprämie geblieben ist
Industrie Die Zuschüsse entfachten vor zehn Jahren ein konjunkturelles Strohfeuer. Heute locken Umstiegsprämien für den Diesel
Berlin Das Angebot war verlockend: 2500 Euro für ein altes Auto – egal welches Modell, egal ob Diesel oder Benziner und egal in welcher Stadt. Im Januar 2009 führte die Bundesregierung die so genannte Abwrackprämie ein – mit den heutigen Anreizen für den Kauf neuer Diesel und Elektrofahrzeuge hat sie allerdings nur wenig gemein. Die Abwrackprämie war Teil des Konjunkturpakets II, das die Auswirkungen der durch die Immobilienblase in den USA provozierten Finanz- und Wirtschaftskrise abmildern sollte. Einzige Voraussetzung: Das alte Auto musste neun Jahre alt sein und dafür musste ein Neuwagen angeschafft und im gleichen Jahr zugelassen werden.
Die Idee war auf den ersten Blick ein voller Erfolg. Der Fördertopf musste im Verlauf aufgestockt werden – 1,57 Millionen Neufahrzeuge und 363 000 Jahreswagen wurden gekauft. Zusammen mit veränderten Regelungen zur Kurzarbeit half sie den Autobauern erst einmal durch die Krise. Rund 200 000 Menschen wurden laut der Gewerkschaft IG Metall vor Kurzarbeit und dem Verlust ihres Arbeitsplatzes bewahrt. Doch die Euphorie währte nur kurz: 2010 verbuchte man in Deutschland den schlechtesten Autoabsatz seit der Wiedervereinigung. Nur die hohen Verkaufszahlen im Ausland – etwa in China – retteten den Autobauern die Bilanzen. „Es war falsch, weil Geld verbrannt worden ist“, urteilt Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität DuisburgEssen heute. „Der Markt wurde geschädigt, denn Kaufentscheidungen wurden nur vorgezogen.“
Zumindest einen positiven Effekt hatte die Prämie allerdings: Eine Untersuchung des Centrums für Evaluation im Auftrag des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen hatte damals herausgefunden, dass die CO2-Emission im Schnitt um sieben Prozent sank.
Mit den heutigen Rabatten für Diesel und der staatlichen Prämie hatte das Programm allerdings wenig gemein. Die immer noch laufende Förderung für Elektroautos bezeichnet Dudenhöffer als „Babyhilfe“in einem neuen Markt. „Das ist eine völlig andere Sache.“Verbraucher können seit 2016 beim Kauf eines reinen E-Autos einen „Umweltbonus“von 4000 Euro einstreichen. Bei einem Hybrid-Fahrzeug gibt es eine Prämie von 3000 Euro. Die Kosten des Förderprogramms von 1,2 Milliarden Euro teilen sich Bund und Autoindustrie je zur Hälfte. Der Bund rechnete mit mindestens 300 000 E-Autos, die dank der Förderung gekauft werden. Bislang haben 90 656 Menschen die Förderung angenommen. Das 2016 eingeführte Programm läuft noch bis Mitte des nächsten Jahres.
Die derzeit noch angebotenen Rabatte für neuere Dieselfahrzeuge, die die Hersteller aktuell gewähren und völlig ohne staatliche Mittel auskommen, sind hingegen schwer zu vergleichen. „Die führen eher dazu, dass Verwirrung gestiftet wird“, sagt Dudenhöffer. Die Lage ist tatsächlich unübersichtlich – nicht nur die Höhe der Rabatte ist völlig unterschiedlich, auch die Regionen, in denen die Hersteller Prämien anbieten, variieren. Der ADAC spricht von Prämienchaos.
Verbraucherschützerin Marion Jungbluth kritisiert, die Käufer könnten nicht sicher sein, dass die Rabatte über die ohnehin gewährten Nachlässe bei einem Neuwagenkauf hinausgehen. „Die Gefahr ist im Moment, dass der Verbraucher gezwungen wird, sich ein neues Auto zu kaufen.“Denn in Städten, in denen Fahrverbote drohen, haben die Besitzer älterer Diesel kaum eine Wahl. Und ob die CO2-Bilanz der laufenden Dieselrabatte am Ende positiv ausfallen wird, ist fraglich. Denn während die Abwrackprämie noch die Nachfrage nach kleineren Autos getrieben habe, sei das heute nicht zu erwarten, so Jungbluth: Denn der Trend gehe klar in Richtung SUVs.