Warnschuss
Uff, das ist noch mal gut gegangen. Hauptsache, kein Volltreffer. Aber knapp daneben ist auch zu spüren. So soll es ja sein: Die Schusswaffe gebrauchen, aber nicht mit der Absicht, den vernichtenden Einschlag herbeizuführen, sondern die richtig fatale Anwendung erst mal nur fühlbar werden zu lassen. Eben so, wie das der 20 Jahre alte Grünschnabel aus Hessen getan hat, als er Daten von Politikern und Promis klaute. Ein „Warnschuss“sei das gewesen, analysiert zielgenau unser Innenminister. Und lässt dabei mitschwingen, dass die Folgen umso verheerender ausfallen, wenn die digitale Kanone erst mal scharf gestellt ist.
Jetzt ist wieder Alarm an Deck der noch im analogen Appeasement lebenden Unbedarftheit. Der aus der Hack-Haubitze abgefeuerte Schuss wird mit allerlei hektischer Abwehraktivität beantwortet. Nun blinken sie wieder, die verbalen Warnleuchten („Sorglosigkeit wäre hier fehl am Platz“), nun werden reflexhaft die üblichen Warndreiecke aufgestellt (Bloß keine simplen Passwörter!). Nach dem von dem jungen Computerkanonier verursachten Schreckschuss soll die eigene digitale Burg schussfest gemacht, das Schussfeld davor für Gegenattacken freigeräumt und der gegnerische Finger am Abzug möglichst schon im Ansatz gekappt werden.
Wer jetzt, nach diesem Warnschuss aus dem Hinterhalt des Weltweitweb, noch nicht gewarnt ist, wird es nimmer sein. Der ist und bleibt ein digitaler Schussel. Einer, der bloß noch beten kann, dass er nicht ins Visier eines Fangschützen gerät.
Der Schuss vor den Bug, die Zeit der Warnung ist vorüber. Jetzt hilft nur noch, die schusssichere Weste anzulegen. Und ein stärkendes Getränk zu sich zu nehmen. Am besten mit Schuss.