„EVP muss Orbán rauswerfen“
FDP fordert CSU zum Handeln auf
Herr Lambsdorff, Ministerpräsident Orbán greift Kommissionspräsident Juncker an. Was halten Sie davon?
Lambsdorff: Es handelt sich um mehr als Angriffe. Das ist eine in schlimmster „Stürmer“-Mentalität gestaltete Diffamierungskampagne gegen Juncker und George Soros. Jetzt ist endgültig klar, dass die europäischen Christdemokraten den Schnitt machen und Orbáns FideszPartei rauswerfen müssen. Das hat mit legitimer politischer Auseinandersetzung nichts mehr zu tun. Hier handelt es sich um eine kaum noch verschleierte antisemitische Hetzkampagne.
Manfred Weber, Spitzenkandidat der Christdemokraten für die Europawahl, hält seine Hand über Fidesz.
Lambsdorff: Manfred Weber trägt eine politische Last mit sich herum, die er dringend abwerfen sollte. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz ist Weber vor internationalem Publikum offen dazu aufgefordert worden, diese Frage endlich zu klären. Einer der Redner sagte unmissverständlich, dass man die Kandidatur Webers zwar begrüße, sein Schmusekurs mit Orbán für Demokraten aber absolut inakzeptabel sei. So sehe ich das auch. Es gibt jetzt keine Entschuldigung mehr.
Würden die Liberalen Weber im EUParlament zum Kommissionspräsidenten wählen, wenn er weiter zu Orbán steht?
Lambsdorff: Ich kann nicht für meine Parteifreunde sprechen, die nach der Wahl im Europäischen Parlament sitzen werden. Ich halte es aber für ausgeschlossen, dass ein Kommissionspräsident von Orbáns Gnaden eine Mehrheit finden wird.
Ließe sich Orbán von einem Ausschluss aus der EVP beeindrucken?
Lambsdorff: Ehrlich gesagt ist mir das egal. In der Politik muss man manchmal Schlussstriche ziehen. Wir Liberale haben das vor vielen Jahren mit Jörg Haider und der österreichischen FPÖ gemacht. Und wir haben uns gerade erst von den katalanischen Separatisten um den ehemaligen Regionalpräsidenten Carles Puigedemont getrennt. Das sind Signale, die nötig sind.
Hat es in der Geschichte der EU einen vergleichbaren Angriff auf den Kommissionspräsidenten schon mal gegeben?
Lambsdorff: Ich halte das für einen absolut einzigartigen Vorgang. Bei aller Kritik, die es immer an Kommissionspräsidenten gab, war es immer üblich, sich auf sachliche Auseinandersetzung zu beschränken. Eine derartige Verunglimpfung habe ich noch nicht erlebt.
O Alexander Graf Lambsdorff, 52, ist stellvertretender Vorsitzender der FDP-Fraktion im Bundestag. Er ist zuständig für Außen- und Europapolitik