Der digitalisierte Großvater
Mein Großvater wird bald 87 Jahre alt und ich bin mächtig stolz auf ihn, weil er sich im Gegensatz zu vielen seiner Altersgenossen nicht einfach in seinen Sessel zurückgelehnt und der Technik abgeschworen hat. Schon als er mir vor zehn Jahren eine Einladung zu Facebook schickte, war ich tief beeindruckt, auch wenn ich die Einladung letztlich dankend ablehnte. Als ich kürzlich Probleme mit meinem PC hatte, schlug er mir per Telefon vor, erst einmal in den abgesicherten Modus zu gehen, bevor ich weitermache. „Der hat leicht reden“, dachte ich. Sein Flachbildfernseher ist moderner als meiner und die neueste digitale Errungenschaft – ein Backofen mit vollelektronischem Bedienfeld – macht ihn stolz wie Oskar und meine Großmutter verrückt. Spätestens nach dem dritten misslungenen Kuchen hätte sie das Ding am liebsten zum Fenster rausgeworfen und den Opa hinterher, als er mit Sätzen wie „Im Zweifelsfall liegt der Fehler beim Benutzer“aufwartete. Doch neulich hatte ich den digitalisierten Opa am Wickel: Er sollte mir ein Foto seines ärztlichen Überweisungsscheines schicken – mit dem Smartphone versteht sich. Zuerst bekam ich eine Sprachnachricht mit fluchenden Bemerkungen. Ein Versehen, versicherte Opa. Dann kam ein Video von seinen Füßen. Schöne Socken, Opa! Und zu guter Letzt die Kapitulation per Textnachricht: Ich habe das Foto gemacht, aber irgendwie geht das nicht durch. Ganz klar: im Zweifelsfall ein Benutzerfehler!