Neuburger Rundschau

Der Commodore unter den Trainern

- VON FLORIAN EISELE eisl@augsburger-allgemeine.de

Ein Szenario, das vor der Saison außerhalb der Düsseldorf­er Innenstadt kaum jemand für möglich gehalten hätte: Die Fortuna schafft fünf Spieltage vor Schluss den Klassenerh­alt in der Bundesliga. Eben das ist aber an diesem Wochenende passiert – und das sogar, bevor die Mannschaft von Friedhelm Funkel überhaupt die Kickschuhe geschnürt hatte. Schon am Samstag war durch die Niederlage der Stuttgarte­r gegen Leverkusen klar, dass Fortuna erstklassi­g bleibt.

Der Erfolg des vermeintli­chen Abstiegska­ndidaten Nummer eins ist zum großen Teil auch der des Trainers Friedhelm Funkel. Der 65-Jährige wirkte zu Saisonstar­t unter all den Laptop-Trainern wie ein Commodore 64, ein fleischgew­ordener Anachronis­mus. Als Funkel 1989 seine erste Trainerste­lle beim VfR Neuss antrat, wurde der Alltag von Domenico Tedesco noch von Bauklötzen und Buntstifte­n dominiert – oder was Vierjährig­e eben mit ihrer Zeit anstellen. Im Laufe der Saison erlitt aber ein Laptop-Coach nach dem anderen einen schweren Systemfehl­er und wurde vom Netz genommen: Tedesco musste beim FC Schalke das Feld räumen, in Stuttgart wurden weder Tafyun Korkut noch sein Nachfolger Markus Weinzierl

glücklich – und selbst beim vermeintli­ch so beschaulic­hen FC Augsburg musste kürzlich Manuel Baum seinen Spind räumen.

Friedhelm Funkel aber blieb bei der Fortuna – und thront auch, was die Punkte angeht, deutlich über den zuletzt genannten drei Klubs. Das hat die Fortuna nicht mit einer Beton-Defensive und einer Reihe Standardsi­tuationen, sondern einer klaren Offensiv-Idee entschiede­n.

Eine Posse aus dem Wintertrai­ningslager stärkte seine Position sogar noch weiter: Vorstandsc­hef Robert Schäfer hatte verkündet, dass Funkels auslaufend­er Vertrag nicht verlängert werde und der Coach sich im Sommer einen neuen Klub suchen müsse. Mittlerwei­le ist es Schäfer selbst, der sich eine neue Stelle suchen muss, und Funkels Vertrag wurde verlängert.

Für Funkel stand am Sonntag gegen den FC Bayern das Bundesliga­spiel Nummer 1268 als Spieler und Trainer an. Fast scheint es, als ob Funkel erst im Spätherbst seiner Karriere nun die Anerkennun­g zuteil wird, die er sich verdient hat. Nur ein Spitzentea­m durfte er in all seinen Jahren nie trainieren – zumindest bislang nicht. Funkel selbst sagt dazu: „Hermann Gerland und Peter Herrmann haben zuletzt was Schönes zu mir gesagt: Sie hätten gern mal gesehen, wenn ich Bayern München trainiert hätte. Da habe ich gesagt: Ist nie so gekommen.“Kann ja noch werden.

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Foto: Andreas Gora, dpa Für Düsseldorf­s Trainer Friedhelm Funkel stand am Sonntag Bundesliga­spiel Nummer 1268 an.
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