Kirche und Zeitgeist
Zu „Benedikt und die Schuld der 68er“und dem Kommentar „Es wäre besser gewesen, Benedikt hätte geschwiegen“von Daniel Wirsching (Panorama) vom 12. April: Es wäre nicht besser gewesen, wenn Benedikt geschwiegen hätte, denn der Artikel, das Original habe ich nicht gelesen, bescheinigt doch lediglich, dass sich auch so mächtig erscheinende Institutionen wie die katholische Kirche dem jeweiligen Zeit(un)geist nicht völlig entziehen können, obwohl sie das gemessen am eigenen Anspruch eigentlich sollten. Vergleichbar also mit der Haltung Pius XII. gegenüber den Verbrechen des Nationalsozialismus. Insofern ist der Beitrag Benedikts nur ein Schuldeingeständnis, was der Ausdruck Opfer sehr wohl beinhaltet, denn man hätte sich damit nicht abfinden, sondern viel früher und energischer gegensteuern müssen, anstatt zu vertuschen. Ob das allerdings hinreichend zum Ausdruck kommt, kann ich nicht beurteilen. Ich kann mich aber sehr gut in die Situation versetzen. Denn als ich 1983 an einer christlichen, allerdings evangelischen Schule zum Schulleiter ernannt wurde und es naiverweise wagte, in meiner Antrittsrede über christliche Werte beziehungsweise christliche Erziehung zu sprechen, geriet ich ganz schön in die Mühlen der Nachwehen der 68er, verschrien als autoritärer Scheißer. Das hielt fast zehn Jahre an, ich habe allerdings nochmals fast zehn Jahre durchgehalten. Ich werfe mir aber heute noch vor, dem nicht entschiedener begegnet zu sein, weil ich wohl selber nicht frei vom Zeit(un)geist war. Günter Strecker, Diedorf