„Ein gut tragbarer Kompromiss“
Audi muss sparen und wird fast 10 000 Stellen in Deutschland streichen. Dennoch zeigen sich die meisten Mitarbeiter zufrieden mit den Verhandlungen zum Sparpaket
Ingolstadt In der schmucklosen, riesigen Halle direkt vor den Toren Audis drängten sich am Montagnachmittag die Menschen. Dort, im Güterverteilzentrum GVZ, wo zahlreiche Zulieferer von Audi angesiedelt sind, ging es um die Zukunft eben jenes Unternehmens. Mehr als 6000 Audianer waren zur letzten Betriebsversammlung des Jahres gekommen. Sie alle wollten wissen, wie ihre Zukunft beim Autobauer aussieht. Denn vor zwei Wochen haben die Unternehmensleitung und der Betriebsrat ihr gemeinsam geschnürtes Sparpaket Audi.Zukunft verkündet: 9500 Arbeitsplätze sollen an den beiden Standorten Ingolstadt und Neckarsulm wegfallen. Audi muss dringend sparen, dass hat Vorstandsvorsitzender Bram Schot mehrmals deutlich zum Ausdruck gebracht. Jetzt warteten die Mitarbeiter in gespannter Stille darauf, dass ihnen Betriebsratsvorsitzender Peter Mosch und Personalvorstand Wendelin Göbel Details der Grundsatzvereinbarung nennen werden. Doch Konkretes zum Stellenabbau und zu Vorruhestandsregelungen wird es erst im kommenden Jahr geben.
Mosch sprach von einem „gut tragbaren Kompromiss“, der in den vergangenen Monaten von beiden Seiten ausgehandelt worden sei. Der Betriebsrat musste zwar Stellenstreichungen hinnehmen (Mosch: „Das haben wir zähneknirschend gemacht“), doch die werden ohne betriebsbedingte Kündigungen vonstatten gehen. Die Beschäftigungsgarantie wurde im Gegenzug um vier Jahre auf 2029 verlängert. Für Audi sei eine neue Perspektive geschaffen worden, betonte Mosch: „Unsere Hauptforderung war von Anfang an: Sicherheit für unsere Beschäftigten.“Die soll unter anderem mit einer Plattform für E-Autos gewährleistet werden, die in Ingolstadt 2023/2024 an den Start gehen wird und bald danach in Neckarsulm. Zudem fließen 50 Millionen Euro in die betriebliche Altersvorsorge. Wie der Stellenabbau auf die beiden deutschen Standorte verteilt wird, das müsse in den kommenden Wochen ausgehandelt werde, erklärte Mosch. Genauso, wie die Vorruhestandsregelungen im Konkreten aussehen sollen. Das kommende Jahr wird für Audi ohnehin viele Neuerungen bringen. Aber ein personeller Wechsel ändere nichts an der Verbindlichkeit der Vereinbarungen, versicherte Mosch. Nicht nur, dass Vorstandschef Bram Schot von Markus Duesmann abgelöst werden wird. Auch sonst tut sich einiges im Vorstand. Drei Mitglieder werden gehen, unter ihnen Personalvorstand Wendelin Göbel. Auf der Betriebsversammlung lobte er Audi.Zukunft als einen Kompromiss, der „die Menschen in den Mittelpunkt“stellt. Doch Göbel betonte: „Wir müssen als Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich sein, nur das sichert langfristig Arbeitsplätze.“
Zumindest der Dezember wird flankiert von positiven Nachrichten rund um den Autobauer. Zum einen wurde in der vergangenen Woche Ingolstadts dritter Bahnhof direkt am Werksgelände eröffnet. Zum anderen konnte das Unternehmen seine Zahlen von November präsentieren. Und da prangt seit langer Zeit wieder ein dickes Plus davor. Die Zahl der Auslieferungen ist um mehr als 23 Prozent angestiegen im Vergleich zum Vorjahresmonat. Erstmals in diesem Jahr lag Audi auch mit den kumulierten Auslieferungen über dem Niveau des Vorjahres.
Bis Ende November wurden 1,67 Millionen Audi verkauft – ein Plus von 0,7 Prozent. Allerdings lief es am Jahresende 2018 besonders schlecht für Audi. Bedingt vor allem durch damals massive Probleme mit dem Abgastest-Zyklus WLTP.