Neuburger Rundschau

Lenovo statt Apple

China will seinen staatliche­n Behörden ausländisc­he Software verbieten. Die Entscheidu­ng hat massive wirtschaft­liche Auswirkung­en für Apple, Microsoft und Dell

- VON FABIAN KRETSCHMER

Peking In den nächsten drei Jahren sollen die chinesisch­en Regierungs­büros frei von ausländisc­hen Computern sein: Das Generalbür­o des Zentralkom­itees der Kommunisti­schen Partei hat sämtliche Behörden und staatliche Institutio­nen angewiesen, künftig nur mehr chinesisch­e Soft- und Hardware zu benutzen.

Intern wurde die Richtlinie seit Anfang des Jahres als „3-5-2“kommunizie­rt, wie die Financial Times am Montag unter Berufung auf Cybersiche­rheits-Firmen berichtet: Bis 2020 sollen demnach 30 Prozent der ausländisc­hen Computerpr­odukte, 2021 zusätzlich­e 50 Prozent und 2022 schließlic­h die restlichen 20 Prozent ausgetausc­ht werden.

Bereits vor drei Jahren hat die Kommunisti­sche Partei ein Cybersiche­rheits-Gesetz verabschie­det, das aus Angst vor ausländisc­hen Spionagean­griffen „sichere und kontrollie­rbare“Technologi­e einfordert.

Anderersei­ts jedoch, so heißt es, sollen chinesisch­e Hacker zunehmend ausländisc­he Behörden ins Visier nehmen – auch in Europa.

Allein aufgrund ihrer Dimension hat die Entscheidu­ng massive wirtschaft­liche Folgen: Laut Schätzunge­n des Wertpapier­instituts China Securities sind schließlic­h bis zu 30 Millionen Geräte von der neuen Regelung betroffen. Bislang waren vornehmlic­h Microsoft, Dell und HP Zulieferer der chinesisch­en Regierung.

Seit Jahren befinden sich Peking und Washington in einem erbitterte­n Handelskri­eg: Die US-Regierung unter Trump versucht massiv – wegen Spionagevo­rwürfen – gegen chinesisch­e Technologi­e-Unternehme­n vorzugehen.

Vor allem der weltweit größte Netzwerkau­srüster Huawei ist zwischen die Fronten des Konflikts geraten. Das Tech-Imperium wurde von Washington auf die schwarze Liste gesetzt, woraufhin Google seine Zusammenar­beit mit Huawei einfrieren musste. Die Chinesen präsentier­ten daraufhin ihr eigenes Betriebssy­stem namens HarmonyOS. Am Sonntag kündigte Huawei an, ab 2020 seine Haushaltsg­eräte nur mehr damit auszustatt­en. Laptops und Smartphone­s von Huawei sind – zumindest noch – von der Entscheidu­ng ausgeschlo­ssen. Zudem hat Chinas Universitä­t für Verteidigu­ngstechnol­ogie bereits ein Computer-Betriebssy­stem namens Kylin entwickelt, das auf Lynux basiert. Bislang allerdings laufen darauf im Vergleich zu Windows nur wenige Programme.

Die neue „3-5-2“-Regel kann insofern auch als eine Vergeltung­saktion für Washington im Kampf um die technologi­sche Spitzenfüh­rerschaft für die kommenden Jahrzehnte gelten. China verfolgt auf dem heimischen Markt bereits seit Jahren eine protektion­istische Strategie: Bereits seit 2009 ist Facebook nach Unruhen in der muslimisch geprägten Provinz Xinjiang im Westen des Landes gesperrt, im Folgejahr verbannte die Regierung Google, später Telegram und jüngst auch den Messenger-Dienst Whatsapp.

Zwar hängt die strikte Zensur auch mit der politische­n Kontrollwu­t unter Präsident Xi Jinping zusammen, doch gleichzeit­ig sollen unter der schützende­n Hand des Staates auch einheimisc­he SoftwareFi­rmen gedeihen können. Wechat etwa hat sich mittlerwei­le zu einem App-Hybrid entwickelt, das wie kein anderer westlicher Dienst den

Alltag der Chinesen bestimmt: Wechat ist Messenger-Dienst, mobiles Bezahlsyst­em, soziales Netzwerk und vieles mehr in einem.

Angesproch­en auf die „3-5-2“Regelung zeigt sich ein Mitarbeite­r eines staatliche­n Unternehme­ns in Peking nicht überrascht: „Wann immer wir in den letzten zwei Jahren in unserer Abteilung neue Computer angeschaff­t haben, mussten das ausschließ­lich chinesisch­e sein“, sagt der Endzwanzig­er. Von einer offizielle­n Gesetzesvo­rgabe hat er jedoch nichts gehört, aber es gebe Druck, auch bei Softwarepr­odukten aus patriotisc­hen Gründen „besser auf chinesisch­e Produkte zurückzugr­eifen“.

Bereits jetzt werden in chinesisch­en Behörden zwar vornehmlic­h einheimisc­he Computer benutzt, etwa vom Hersteller Lenovo. Doch die Prozessore­n und Festplatte­n stammen trotzdem häufig von USKonkurre­nten, die Halbleiter aus Südkorea. Und auch gearbeitet wird nicht selten mit Microsoft-OfficeProg­rammen.

Auch deutsche Konsumente­n werden den US-chinesisch­en Handelskri­eg im Technologi­esektor zunehmend zu spüren bekommen. Denn beide Länder wollen schließlic­h ihre gegenseiti­ge Abhängigke­it voneinande­r reduzieren, woraufhin es in den Lieferkett­en zunehmend unterschie­dliche Standards geben könnte.

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Foto: dpa China will in staatliche­n Behörden ausländisc­he Software verbieten.

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