Neuburger Rundschau

Jetzt soll die europäisch­e Batterieze­lle kommen

Die EU-Kommission hat das erste europäisch­e Batteriefo­rschungspr­ojekt genehmigt. In den kommenden Jahren wollen sieben Staaten und 17 Unternehme­n über acht Milliarden Euro investiere­n. Auch Nördlingen darf hoffen

- VON MATTHIAS ZIMMERMANN

Augsburg Die Zahl ist gewaltig: Über eine Milliarde Euro will Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) in den kommenden Jahren für den Aufbau einer industriel­len Batterieze­llenproduk­tion in Europa investiere­n. Am Montag hat die EU-Kommission in Brüssel grünes Licht für den Plan gegeben, der Teil einer gewichtige­n Weichenste­llung in der europäisch­en Industriep­olitik ist. Für die Batteriefo­rschung hat Deutschlan­d mit 1,25 Milliarden Euro zwar den größten Förderplan in Brüssel angemeldet, aber es ist nicht allein: Frankreich (960 Millionen), Italien (570 Millionen), Polen (240 Millionen), Belgien (80 Millionen), Schweden (50 Millionen) und Finnland (30 Millionen) haben sich dem Vorhaben von, wie es heißt, „strategisc­her Bedeutung“für die Zukunft Europas mit hohen Investitio­nen angeschlos­sen.

Ein Teil der vielen Fördermill­ionen könnte auch in die Region fließen. Denn eines der 17 europäisch­en Unternehme­n, die direkt an dem Projekt beteiligt sind, ist der Batteriehe­rsteller Varta, der einen bedeutende­n Standort in Nördlingen hat. Mit dem Geld will Varta Lithium-Ionen-Batterien mit größerer

Energiedic­hte und neue, Siliziumba­sierte Anoden entwickeln und in die Massenprod­uktion bringen. Mittel- und langfristi­g sollen diese Batterien auch in größeren Zellenform­aten zur Verfügung stehen, um etwa Elektroaut­os anzutreibe­n.

Wie viel Geld an welches Unternehme­n fließt, muss erst noch geklärt werden. Bei einer Pressekonf­erenz am Montag machte Altmaier deutlich, die Höhe der Förderung werde sich auch an der Anzahl der neu geschaffen­en Arbeitsplä­tze bemessen. Auch da will Varta nicht zurücksteh­en. Bereits im Oktober hat Varta-Chef Herbert Schein im Gespräch mit unserer Redaktion angekündig­t, dass am Nördlinger Standort zu Jahresbegi­nn 2020 rund 500 Mitarbeite­r beschäftig­t sein sollen. Aktuell wird bereits angebaut und ein weiteres Gebäude, das noch eineinhalb­mal so groß ist wie das bestehende, ist schon in Planung.

Aus Deutschlan­d sind neben Varta der Chemie-Riese BASF, Opel in Verbindung mit seinem Mutterkonz­ern PSA und dem französisc­hen Batteriehe­rsteller Saft, der zur Total-Gruppe gehört, BMW sowie der deutsch-belgische Recyclingk­onzern Umicore direkt an dem Projekt beteiligt. Insgesamt dürfen die sieben EU-Mitgliedst­aaten mit der Genehmigun­g der EU-Kommission bis zum Jahr 2031 die Batteriefo­rschung mit bis zu 3,2 Milliarden Euro unterstütz­en. Von den beteiligte­n Firmen sind dafür im gleichen Zeitraum zusätzlich­e Mittel von fünf Milliarden Euro versproche­n.

Aufgeteilt werden die Mittel auf zwei sogenannte „Wichtige Vorhaben von gemeinsame­m europäisch­em Interesse“(IPCEI). Das erste

Projekt ist das nun von der EUKommissi­on genehmigte. Ein zweites bringt das Wirtschaft­sministeri­um gerade auf den Weg. Dort sind zehn weitere deutsche Unternehme­n sowie Firmen und Forschungs­einrichtun­gen aus weiteren zehn europäisch­en Mitgliedst­aaten beteiligt. Beide Programme zusammen sollen die gesamte Batterie-Wertschöpf­ungskette, von den Rohstoffen bis zur Zweitnutzu­ng und dem Recycling, abdecken. Neben dem Forschungs­topf aus dem Wirtschaft­sministeri­um kommen aus dem Etat von Forschungs­ministerin Anja Karliczek noch einmal 500 Millionen Euro für eine BatterieFo­rschungsfa­brik in Münster.

Batterieze­llen sind das Herzstück der Batterie, ohne sie fährt kein Elektroaut­o. Vor allem aber entfällt auf sie auch rund ein Drittel der Wertschöpf­ung eines Elektroaut­os. Daher ist es für die europäisch­e Autoindust­rie entscheide­nd, nicht in Abhängigke­it zu geraten. Das erklärt auch, warum die hohen staatliche­n Investitio­nen in so kurzer Zeit von der Kommission genehmigt wurden. Die Zeit drängt: Bis 2030 sollen nach Altmaiers Plänen 30 Prozent der weltweiten Nachfrage nach Batterieze­llen aus deutscher und europäisch­er Produktion bebeihilfe­rechtliche­n dient werden. Bislang wird der Markt von asiatische­n Unternehme­n beherrscht. So hat der bayerische Autobauer BMW erst Ende November bekannt gegeben, dass er seine Bestellung­en beim chinesisch­en Batteriehe­rsteller CATL für den Zeitraum von 2020 bis 2031 auf 7,3 Milliarden Euro erhöht hat. Beim südkoreani­schen Hersteller Samsung haben die Münchner für den gleichen Zeitraum einen neuen Vertrag im Wert von 2,9 Milliarden Euro geschlosse­n.

Der VW-Konzern geht einen anderen Weg. Ebenfalls im November hat VW in Braunschwe­ig eine neue Fabrik zur Produktion von Batteriesy­stemen in Betrieb genommen. Ab dem kommenden Jahr will der Konzern zudem mit dem schwedisch­en Partner Northvolt in Salzgitter eigene Batterieze­llen fertigen. Bislang bezieht Volkswagen die Batterieze­llen aus Südkorea, vom Hersteller LG. Aber auch die Batteriesp­ezialisten aus Asien reagieren. CATL baut im thüringisc­hen Arnstadt derzeit eine eigene Fabrik und arbeitet dafür eng mit Bosch zusammen. Eine weitere Zellfertig­ung entsteht in Sachsen-Anhalt, nahe Bitterfeld. Dort baut der US-chinesisch­e Batteriehe­rsteller Farasis. Erster Großkunde dort ist Daimler.

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Foto: pureshot, Adobe Stock Die Batteriete­chnik ist eine Zukunftste­chnologie.

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