Zeitreise in der Gondel
Bayerische Geschichte gerafft
Man muss schon wissen, dass sich hinter der Adresse Tal 21 in München eine Art Zeitmaschine verbirgt. TimeRide heißt das Unternehmen, das Besuchern einen Ritt durch die Zeit ermöglicht – dank Virtual Reality. Also nichts wie hinein in den schwebenden Pfauenwagen unter dem Heißluftballon, den der Kini womöglich geplant, aber nie gehabt hat. Moderne Technologie macht’s möglich.
Aber bevor Georg Aloisius Linnebach die Zeitreisenden in die Pfauengondel einlädt, sehen wir in der geheimen Bibliothek der Familie alle Stationen unserer Reise. Sie erscheinen wie von Zauberhand skizziert auf den vormals weißen Buchseiten. Erst danach öffnet sich die Geheimtür ins Zentrum der Zeitreise. Wir nehmen auf samtenen Stühlen Platz, wo schon die VRBrille bereitliegt. Und los geht’s zurück in die Frühgeschichte Bayerns. Unser Begleiter mit der sportlichen Fliegerkappe und dem Oberlippenbärtchen steuert das Gefährt so flott, dass mir Hören und Sehen vergeht.
Vielleicht hätte ich vorher doch nicht zwei Tassen Kaffee trinken sollen.
Vor allem in den Kurven und wenn die Pfauengondel durch den Zeittunnel düst, wird mir flau im Magen und ich fühle mich eher wie in der Achterbahn statt wie in einer Ballon-Gondel. An Linnemann ist offensichtlich ein Rennfahrer verloren gegangen. Und so düsen wir durch die Zeiten, kurven über den Limes, sehen Bamberg zur Zeit des Dombaus und das Augsburg der Fugger, die erste Bahnfahrt zwischen Nürnberg und Fürth und die Fürstenhochzeit auf der Münchner Theresienwiese, die zum Vorläufer des Oktoberfests wurde.
Am Ende dann dreht Linnemann noch einmal voll auf und rast mit unserer Gondel unter der Marienbrücke hindurch direkt auf Ludwigs Märchenschloss Neuschwanstein zu. Und während ein Feuerwerk den Nachthimmel verzaubert, komme ich in der Gegenwart an, etwas benommen, aber um einige interessante Eindrücke reicher. L. Solcher