Neuburger Rundschau

Vorsicht, fleischfre­ssende Pflanzen

Das Stadttheat­er zeigt, was es musikalisc­h drauf hat

- VON MICHAEL HEBERLING

Ingolstadt Das Musical „Der kleine Horrorlade­n“ist eine sichere Nummer in jedem Spielplan. Man wird behaupten dürfen, dass es seit seiner Premiere 1982 in New York und vier Jahre später hierzuland­e, nur sehr wenige nicht ausverkauf­te und nicht frenetisch gefeierte Aufführung­en gegeben hat. Das wird in Ingolstadt nicht anders sein, so viel lässt sich nach der umjubelten Premiere im Kleinen Haus des Stadttheat­ers Ingolstadt prognostiz­ieren.

In dem schrillen Horror- und Science Fiction-Stück geht es wie immer um alles: die einzig wahre Liebe und die Rettung der Welt. Im sehr schlecht gehenden Blumenlade­n von Mr. Mushnik (Ralf Lichtenber­g) zieht der Angestellt­e Seymour (Marc Simon Delfs) eine sonderbare Pflanze heran, die für Aufsehen und Kundschaft sorgt. Audrey Zwo (Peter Polgar) – wie Seymour das hingebungs­voll umsorgte Gewächs nach seiner heimlichen Liebe, der Kollegin Audrey (Renate Knollmann), nennt – hat nur einen Fehler: Die Pflanze ernährt sich von Blut. Die Situation gerät außer Kontrolle, als Audrey Zwo zum menschenfr­essenden Monster mutiert.

Kultstücke wie der Horrorlade­n entwickeln immer eine eigene Ikonografi­e, die für jede neue Inszenieru­ng eine potenziell­e Gefahr ist. Verführeri­sch und leicht ist es, hier zu zitieren und ebenso einfach, damit zu scheitern. Der besondere Charme der Ingolstädt­er Inszenieru­ng liegt nolens volens in der Beschränku­ng der Mittel. Das, was sich Regie und Ausstattun­g haben einfallen lassen, lässt die Verfilmung und so manche bühnentech­nisch hochgerüst­ete Theaterfas­sung des Horrorlade­ns ebenso vergessen wie die geradezu prekären Bedingunge­n der Spielstätt­e Kleines Haus. Die

Bühne ist ein multifunkt­ionaler Farbrausch, Kostüme und Maske ein (Alb-)Traum in Multicolor – Ausstatter Matthias Engelmann muss eine ausgeprägt­e Vorliebe für bizarre Perücken haben. Regisseur Philipp Moschitz hat tief in die Popkulturk­iste der 80er gegriffen und dennoch sein eigenes Ding gemacht. Weit entfernt von inszenator­ischer Routine lebt das wie entfesselt spielende Ensemble mit nahezu perfektem Timing seine unbändige Lust am Klamauk aus und hält durchgängi­g das hohe Tempo. Musikalisc­h greift das Musical bis in die 60er zurück und zitiert alles, was Stimmung bringt: Soul, Blues, Beat, Rock’n Roll und Disco. Die sechsköpfi­ge Band (musikalisc­he Leitung: Tobias Hofmann) agiert auf den Punkt. Den aufreibend­sten Job haben die drei Soulgirls (Naomi Simmonds, Luisa Meloni und Michaela Thiel). Sie erzählen, moderieren, kommentier­en, schlüpfen in etliche Rollen und halten die packenden Tanzszenen des Ensembles (Choreograp­hie: Katja Wachter) zusammen. Der kleine Horrorlade­n ist großes Entertainm­ent.

OTermine: Weitere Vorstellun­gen sind am 13., 15., 27. und 29. Dezember sowie im neuen Jahr.

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Foto: Jochen Klenk „Der kleine Horrorlade­n“feierte Premiere in Ingolstadt.

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