Schon in jungen Jahren für Pflege vorsorgen
Unfälle oder Krankheiten können bereits junge Leute treffen. Sinnvoll ist deshalb eine rechtzeitige und ausreichende Absicherung für Fälle, an die keiner gerne denkt
Meist kommt alles ganz plötzlich: Ein Schlaganfall, eine schwere Krankheit oder ein Unfall lassen sich nicht vorhersehen. Und dann ist alles anders, denn ein Pflegefall in der Familie stellt das Leben aller Beteiligten auf den Kopf: Der Tagesablauf ändert sich, genau wie die finanziellen Belastungen, der Einklang von Job und Freizeit oder das Wohnumfeld. „Wir werden immer älter, und somit steigt das Risiko für Pflegebedürftigkeit“, sagt Kathrin Engel, Pflege- und Qualitätsmanagerin der Altenhilfe bei der Diakonie Dresden. Doch es ist nicht nur eine Frage des Alters: Auch weit vor dem Seniorenalter können Krankheiten oder Unfälle dafür sorgen, dass man seine Selbstständigkeit verliert. Frühe Vorsorge kann sich daher bezahlt machen. Wann man sich mit dem Thema Pflege auseinanderzusetzen sollte – und welche Möglichkeiten zur Vorsorge existieren.
Warum sollte man sich frühzeitig absichern?
Die meisten Menschen rechnen nicht damit, in jungen Jahren zum Pflegefall zu werden und verschieben die Vorsorge auf später. Doch das Leben verläuft nicht immer nach Plan – und eine schwere Krankheit oder ein Unfall können jeden treffen. Das kann im Ernstfall neben den persönlichen Folgen, die die Pflegebedürftigkeit mit sich bringt, auch schwerwiegende finanzielle Probleme verursachen. Auf der sicheren Seite ist daher, wer frühzeitig eine private Pflegeversicherung abschließt. Das ist auch aus einem weiteren Grund sinnvoll: „Antragsteller können damit Risikozuschläge, Leistungsausschlüsse oder eine Ablehnung aufgrund von Vorerkrankungen vermeiden“, erklärt Birger Mählmann, Pflegeexperte bei der Ideal-Versicherung. Außerdem existieren für junge Menschen besonders preiswerte Tarife, die einen günstigen Einstieg in die Pflegeabsicherung ermöglichen.
Was kann in jungen Jahren Pflegebedürftigkeit verursachen?
Jeder fünfte Deutsche wird laut Angaben des Statistischen Bundesamtes zwischen seiner Geburt und dem 64. Lebensjahr zum Pflegefall. Während Senioren häufig aufgrund von Demenz und weiteren alterstypischen Krankheiten Pflege benötigen, liegen bei jüngeren Betroffenen meist andere Ursachen vor. Oft sind durch Lähmungen oder Entwicklungsstörungen, wie sie etwa beim Down-Syndrom vorkommen, in ihrem Alltag eingeschränkt. Auch Epilepsie kann die Selbstständigkeit von Kindern, Jugendlichen und Menschen im jungen und mittleren Erwachsenenalter beeinflussen. Manchmal tritt die Pflegebedürftigkeit durch einen Unfall oder eine Erkrankung auch ganz plötzlich und unerwartet ein und betrifft Menschen, die bis vor kurzem mitten im Leben standen. Umso wichtiger ist es, sich so früh wie möglich damit zu beschäftigen, erklärt Felizitas Bellendorf, Referentin für den Pflegemarkt bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Das ist ein sehr emotionales Thema, weil es immer bedeutet, sich mit Verlust auseinanderzusetzen.“
Wie ist man im Pflegefall von staatlicher Seite abgesichert?
Pflegebedürftige bleiben meist über mehrere Jahre oder sogar für den
Rest ihres Lebens auf fremde Hilfe im Alltag angewiesen. Je jünger die Betroffenen sind, desto höher ist demzufolge auch die Kostenbelastung, wenn sie bis zu ihrem Lebensende Unterstützung benötigen. Und der gesetzliche Schutz reicht nicht aus: Im Pflegefall springt zwar die gesetzliche Pflegeversicherung ein – doch damit lässt sich nur ein Teil der Kosten decken. Für Pflegebedürftige, die vollstationär in einem Heim gepflegt werden, liegt der Eigenanteil derzeit im Bundesdurchschnitt bei 1891 Euro im Monat, wie der Verband der Ersatzkassen (vdek) zum 1. Juli vergangenen Jahres ermittelte. Private Vorsorge ist daher sinnvoll. „Das Motto dabei lautet: Je früher, desto besser“, betont Pflegeexperte Mählmann.
Welche Summe sollte man privat absichern?
Wichtig ist es, zunächst den individuellen Bedarf zu ermitteln. Dabei sollte geklärt werden, ob eine evensie tuelle zukünftige Pflege durch Angehörige, ambulant oder stationär erfolgen soll und kann. Weitere wichtige Punkte sind die mitversicherten Zusatzleistungen, die im Fall einer stationären Pflege in Anspruch genommen werden sollen – beispielsweise Leistungen wie ein persönlicher Vorleseservice oder Kosmetikbehandlungen. Die Summe, die für den persönlichen Bedarf abzüglich der Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung übrig bleibt, muss dann privat abgesichert werden. In die Berechnung können regelmäßige Einnahmen wie etwa eine vermietete Wohnung oder aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung miteinbezogen werden. Dadurch verringert sich die finanzielle Lücke.
Welche Formen der privaten Vorsorge gibt es?
Bei den Pflegeversicherungen lassen sich drei Arten unterscheiden. Die Pflegetagegeldversicherung zahlt einen vereinbarten Tagessatz. Um zusätzliche Kosten im Pflegefall zu vermeiden, ist es wichtig, bei der Wahl der Police darauf zu achten, dass der Versicherte ab Leistungsbeginn von der Beitragszahlung befreit ist. Die Pflegekostenversicherung erstattet dem Versicherten hingegen die tatsächlich anfallenden Pflegekosten, die nicht durch gesetzliche Pflegeleistungen abgedeckt sind – je nach Vertrag ganz oder in Teilen. Die Abrechnung ist komplizierter als bei der Pflegetagegeldversicherung, denn man muss die anfallenden Kosten gegenüber dem Versicherer mit den entsprechenden Rechnungen belegen. Bei einer Pflege-Rentenversicherung wiederum erhält der Versicherte eine vorher festgelegte monatliche Rente, die vom jeweiligen Pflegegrad abhängt. Die Verwendung des Geldes bleibt dem Pflegebedürftigen selbst überlassen. Vorteil dieser Variante ist, dass der Versicherte Kapital anspart. Selbst im Falle einer Kündigung während der Laufzeit erhält der Versicherte so den aktuellen Rückkaufswert zurück.
Welche Vorkehrungen sind neben dem Finanziellen noch zu beachten?
Für den Fall von Pflegebedürftigkeit muss nicht nur die finanzielle, sondern auch die rechtliche Seite geklärt sein. Dazu sind eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung unabdingbar.
Was regelt eine Vorsorgevollmacht?
Mit einer Vorsorgevollmacht lässt sich festlegen, wer über ärztliche Untersuchungen, den Aufenthaltsort und auch das Vermögen bestimmen soll, wenn man selbst nicht mehr dazu in der Lage ist, seinen Willen zu äußern. Sinnvoll ist es, eine solche Vollmacht notariell zu beglaubigen, denn auf diese Weise erspart man allen Beteiligten im Ernstfall langwierige Diskussionen.
Und was ist eine Patientenverfügung?
Eine Patientenverfügung legt fest, welche ärztliche Behandlung man in welcher Situation möchte und welche nicht. Zudem kann man erklären, welche gesundheitlichen Einschränkungen man als Folge einer ärztlichen Behandlung akzeptieren würde. Auf diese Weise lässt sich unerwünschten Eingriffen oder auch lebenserhaltenden Maßnahmen widersprechen, wenn man sich selbst nicht mehr äußern kann. Eine Patientenverfügung ist für Ärzte genauso verbindlich, als wenn man seinen Willen mündlich geäußert hätte.