„Musste nicht mit Sibylle Rauch ins Bett“
Seit 25 Jahren ermittelt Leonard Lansink als Buchantiquar und Privatdetektiv Georg Wilsberg. Wieso er bei „Eis am Stiel“mitgespielt hat
Seit 25 Jahren ermitteln Sie als Buchantiquar und Privatdetektiv Georg Wilsberg. Hätten Sie je geglaubt, dass Sie so lange dabei sein würden? Leonard Lansink: Nein, in Wirklichkeit war es ja so, dass Wilsberg damals als Fernsehspiel der Woche gedacht war, das Montag lief. An eine Fortsetzung war nicht gedacht. Wir haben uns unseren Status erst so allmählich erarbeitet. Wir haben uns sozusagen hochgedient, bis wir irgendwann auf den Samstag befördert wurden.
Sie sind kürzlich 64 geworden. Eigentlich könnten Sie doch bald im Ruhestand sein.
Lansink: Das könnte ich. Aber als Schauspieler ist die soziale Absicherung nicht so großartig, weil wir irre viele Lücken in den Rentenbeitragszeiten haben. Aber mir macht es auch so viel Spaß, sodass ich auch gar nicht aufhören will.
Was macht den Erfolg aus? Kann es sein, es liegt daran, dass „Wilsberg“eher eine Mischform aus Krimi und Komödie ist und beim Lösen der Fälle nicht so viel geballert wird? Wilsberg: Stimmt. Diese Mischform ist super und die gelingt uns immer besser. Auf dieses Format haben sich, wie die Kollegen vom Tatort, auch einige draufgesetzt. Die Konstellation bei uns ist prima. Es gibt sehr viele Identifikationsfiguren. Mein Favorit als Erklärung ist aber: Man sieht uns den Spaß, den wir bei der Arbeit haben, auch an.
Ein Krimiheld, der ein Chaot ist, war damals etwas völlig Neues?
Lansink: Ja, damals gab es die Idee, dass sie gerne Krimis mit starken Frauen wollten. Und unser Redakteur sagte: Wir nehmen dann lieber einen schwachen Mann!
Wilsberg ist ständig pleite. Könnten Sie mit so einer Situation umgehen? Lansink: Klar, war ich ja auch schon. Ich habe in München gewohnt und die Mietsituation war damals so fatal, dass ich durchaus des Öfteren in dieser Lage war.
Sie haben keinen Führerschein und die Szenen, die Sie als Wilsberg am Steuer im Auto zeigen, werden auf abgesperrten Strecken aufgezeichnet. Warum haben Sie nie eine Fahrerlaubnis erworben?
Lansink: Gute Frage. Ich bin ja ein Stadtkind aus dem Ruhrgebiet. Da gab es Straßenbahnen, Busse, Fahrräder. Tatsächlich hätte ich mit 18 gern einen Führerschein gehabt, um Mädchen mit einem Auto zu beeindrucken. Aber ich hatte zu dieser Zeit schlichtweg zu wenig Geld. Und danach fand ich den Führerschein nie mehr richtig spannend. Ich finde es einfach nicht sexy, am Steuer so einer Karre zu sitzen und eine Tonne Blech durch die Gegend zu bewegen.
Vor über zehn Jahren wurden Sie mal als „fahrradfreundlichste Persönlichkeit des Jahres 2008“geehrt. Heute kann man sagen, Sie waren ein Trendsetter.
Lansink: Ich habe auch den Eindruck. Zumal man vor zehn Jahren die Fahrräder noch selbst bewegen musste. Inzwischen laufen die mit Batterien. Aber heute kann ich gar nicht mehr anders, als Fahrrad zu fahren.
Wie viele Räder besitzen Sie denn? Lansink: Ich habe zwei. Ein Klapprad und ein Mountainbike. Bei Fahrrädern bin ich übrigens Hightech-Fan. Und ich bin ein Schönwetter-Radler.
Noch etwas Privates: Sie haben Medizin studiert, sind dann aber nach sechs Semestern ausgestiegen, um Schauspieler zu werden. Was hat Sie daran so gereizt, dass Sie den Arzt in die Tonne getreten haben?
Lansink: Das war etwas anders gelagert. Ich hatte schlichtweg keine Lust mehr auf Medizin. Denn ich musste mein Leben selbst finanzieren, und so habe ich als studentische Hilfskraft bei den Gehirnchirurgen gearbeitet. Und nach drei Jahren Schichtdienst wollte ich nicht mehr Arzt werden. Man kam sich vor wie in einer Reparaturwerkstatt für Motorradfahrer, die gegen den Baum gefahren sind. Und wenn man da nicht mehr ausreichend motiviert ist, macht es keinen Sinn mehr.
Von Ihrer Mutter wurden Sie nach der Geburt im Krankenhaus zurückgelassen, Ihren Vater wie auch die Großeltern väterlicherseits lernten Sie nicht kennen. Wie sind Sie mit dieser dramatischen Kindheit umgegangen? Lansink: In der Kindheit stört einen das gar nicht so. Lediglich wenn in der Schule nach dem Beruf des Vaters gefragt wurde und man konnte nix sagen, dann war das peinlich.
Sie sind bei Ihren Großeltern mütterlicherseits aufgewachsen. Wie sind Ihre Erinnerungen an diese Zeit?
Lansink: Die sind gut. Ich hatte ja alles. Wenn die anderen ein Fahrrad hatten, bekam ich auch eines. Und wenn sie eine elektrische Eisenbahn hatten, dann hatte ich auch eine, vielleicht war sie ein bisschen kleiner. Es hat mir nie an etwas gefehlt. Letztlich ist bei mir nur diese genetische Lücke geblieben, dass ich schon gerne gewusst hätte, wer den anderen Teil zu mir beigetragen hat. Aber es geht auch ohne. Ich hatte halt ein Nachkriegsschicksal, nur zehn Jahre später. Aber ich bin nicht traumatisiert und habe nie eine Selbsthilfegruppe benötigt.
Andere hätten es nicht so weggesteckt. Lansink: Ich weiß, dass Jack Nicholson mit einer Frau aufgewachsen ist, von der er glaubte, sie wäre seine Schwester. In Wirklichkeit war es seine Mutter. Das ist ein größeres Drama.
Was viele nicht wissen: Sie können Querflöte spielen. Inspiriert wurden Sie durch Ian Anderson von Jethro Tull. Spielen Sie immer noch? Lansink: Ich habe es tatsächlich einmal gekonnt. Meine heimliche Angst ist aber: Ich gehe zu Lanz und der zieht eine Querflöte raus und sagt, ich soll mal spielen. Das könnte ich nicht mehr. Denn bei der Querflöte ist der Ansatz schnell weg.
Und dann spielten Sie noch in einer Folge des Softpornos „Eis am Stiel“mit. Wie kam denn das?
Lansink: Ich lebte damals im teuren München in einer Wohngemeinschaft und mein Mitbewohner war ein Freund des Drehbuchautors von „Eis am Stiel VII“. Die sagten: Leonard, da gibt es eine Rolle, für die bekommst du 3000 Dollar und eine Reise nach Tel Aviv. Ich konnte das Geld gut gebrauchen. Aber ich musste nicht mit Sibylle Rauch ins Bett, sondern war der entführte Knabe, der in einem Hotelkeller ans Heizungsrohr gefesselt war.
Es war also nicht dramatisch? Lansink: Überhaupt nicht.
Leonard Lansink, 64, kam im westfälischen Hamm zur Welt. Er studierte sechs Semester Medizin, sattelte dann aber auf die Schauspielerei um. Er wohnt in Berlin.