Spannender als gewünscht
Das Pokalspiel gegen Hoffenheim dominiert der FC Bayern lange, zittert sich dann aber mit 4:3 weiter. Trainer Flick hofft vor dem Topspiel gegen Leipzig auf einen Weckruf
München Direkt nach Spielende deutete die Miene von Bayern-Trainer Hansi Flick nicht zwingend darauf hin, dass die Münchner gerade ins Viertelfinale des Pokals eingezogen waren. Die Ausführungen von TSG-Coach Alfred Schreuder (Kurzfassung: schlechter Start, dann gut verkauft, alles o.k.) verfolgte Flick mit versteinerter Miene. Beim 4:3-Sieg der Bayern hatte es lange Zeit so ausgesehen, als ob sich für die Hoffenheimer ein Debakel zusammenbrauen würde: Bayern hatte in der ersten Halbzeit eine der besten Leistungen der Saison gezeigt. Dass am Ende aber beinahe noch eine 4:1-Führung verspielt wurde und sich der FCB in die nächste Runde zittern musste – „darüber müssen wir reden“, kündigte Flick mit sichtbarem Unmut an. Zumal der Rekordmeister auch im jüngsten Bundesligaspiel gegen Mainz im zweiten Durchgang sichtlich abgebaut hatte. Die BeinaheBlamage gegen Hoffenheim „war ein Weckruf für uns“, hoffte Flick.
Ein Weckruf, der vor allem hinsichtlich des nächsten Pflichtspiels der Bayern wichtig sein wird. Am Sonntag um 18 Uhr steht das Spitzenspiel an: Tabellenführer FC Bayern empfängt den Herbstmeister RB
Leipzig. Dass die Partie im Hinterkopf einiger Spieler eine größere Rolle spielte, als sie im Vorfeld zugeben wollten, offenbarte die Aussage von Joshua Kimmich nach Spielende. Der hätte sich einen deutlicheren Sieg gegen Hoffenheim erwartet: „Es wäre ein super Zeichen gewesen, wenn wir vor Leipzig wieder 4:1 oder 5:1 gewonnen hätten.“Der Spielverlauf gegen die TSG zeige aber, dass es schnell in die andere Richtung gehe, wenn die Bayern nicht am Limit spielen. Fazit: „Vielleicht war es ganz gut vor dem Leipzig-Spiel, dass wir merken, dass es nicht von alleine geht.“Auch Kapitän Manuel Neuer mahnte: „Die letzten 20 oder 30 Minuten haben wir schleifen lassen und das wurde bestraft. So was darf uns natürlich nicht passieren.“
Flick, der immer wieder betonte, im Vorfeld des Pokalspiels keinen Gedanken an Leipzig verschwendet zu haben, hatte aber schon bei der Mannschaftsaufstellung das nächste Ligaspiel im Blick: Die zuletzt überragenden Mittelfeldspieler Leon Goretzka und Thiago bekamen beide eine Pause verordnet und sahen sich die Partie von der Bank aus an – eine taktische Überlegung oder doch Schonung für Leipzig? Flick ließ durchblicken, dass Letzteres den Ausschlag gegeben hatte: „Klar ist, dass beide am Sonntag frisch sind.“Den beiden Bayern-Torschützen Thomas Müller und Robert Lewandowski hätte der Trainer gerne ebenfalls eine längere Auszeit verordnet, wie er zugab: „Eigentlich wollte ich Thomas und Lewy früher auswechseln.“Zehn Minuten vor dem Ende war der Arbeitstag aber dennoch für die beiden beendet – und prompt drohte das Spiel noch zu kippen. Damit trat der hervorragende Eindruck aus dem ersten Durchgang etwas in den Hintergrund – ebenso wie die Randnotiz, dass Robert Lewandowski mit nunmehr 36 Toren aktuell der zweitbeste Torjäger in der Geschichte des DFB-Pokals ist. Besser ist nur der obligatorische Gerd Müller mit 75 Treffern.
Ob Jérôme Boateng gegen die Sachsen mithelfen kann, ist nicht zu 100 Prozent sicher. Der aktuell einzig fitte gelernte Innenverteidiger erlebte gegen Hoffenheim nicht nur wegen seines Eigentores einen unglücklichen Abend. Nach einem Luftkampf kam der Ex-Nationalspieler hart auf den Boden auf und wurde für Alvaro Odrizola ausgewechselt. Noch in der Kabine wurde Boateng am Rücken behandelt, die Vereinsärzte gaben anschließend dezente Entwarnung. Als Favorit dürften die Bayern dennoch ins
Spitzenspiel gehen – dafür spricht nicht nur die aktuelle Formschwäche der Leipziger, die nur eines der vier Pflichtspiele seit der Winterpause gewannen und in Frankfurt auch noch aus dem Pokal flogen. Die Bayern sind bestens in Form, gewannen alle Pflichtspiele im neuen Jahr souverän.
Vor allem die Offensive ist brandgefährlich: Seit der Amtsübernahme von Hansi Flick schossen die Münchner durchschnittlich 3,4 Tore pro Spiel – das ist der Höchstwert aller Mannschaften in den europäischen Top-Fünf-Ligen. Zudem spricht auch die Statistik der bisherigen Leipzig-Auftritte in München für die Bayern: Es setzte ein 0:3, dann ein 0:2 und ein 0:1.