Neuburger Rundschau

Eine Kapelle als Protest gegen eine Deponie

In rund 2000 Arbeitsstu­nden entstand Anfang der 90er-Jahre die Kreuzbergk­apelle bei Kühbach

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Kühbach-Haslangkre­it „Rettet die Bienen“oder „Fridays for Future“– in Volksbegeh­ren und globalen Bewegungen setzen sich Menschen für Heimat und Natur ein. Aus den gleichen Beweggründ­en machten im Landkreis Aichach-Friedberg vor 40 Jahren wache und engagierte Bürger von sich reden.

„Es waren die wilden 80er- und 90er-Müll-Jahre“, als die Politiker in einem Mülltausch­vertrag für die Müllverbre­nnungsanla­ge in Augsburg die Restedepon­ien im Landkreis Aichach-Friedberg planten. Schließlic­h kamen vier Standorte in die engere Wahl: Hofhegnenb­erg Nord (Gemeinde Steindorf), Stockensau West (Markt Kühbach), das Roßmoos bei Inchenhofe­n und Mandlach in der Gemeinde Pöttmes. Überall formierte sich massiver Widerstand. Bei Inchenhofe­n bauten Bürger in der Nacht vom 30. April zum 1. Mai 1992 eine Protestkap­elle. Beim Mandlachse­e wurde ein Hüttendorf errichtet, das am 21. Juli 1993 von Männern vom Kreisbauho­f mit Bagger und Kettensäge­n geschleift wurde. 200 Polizisten waren gegen neun Widerständ­ler im Einsatz. Ein Gedenkstei­n erinnert daran. In der Gemeinde Kühbach wurde die Aktionsgem­einschaft „Trinkwasse­rschutz Kühbach“gegründet. Auch die Kinder der Kühbacher Volksschul­e wurden aktiv. Sie stellten mit Lehrer Gerold Sedlatsche­k 21 Kreuze mit Fürbitten auf dem geplanten Deponiegel­ände auf. So haben die „Kreizl-Kinder“der späteren Kreuzberg-Kapelle ihren Namen gegeben. Bewohner aus der näheren Umgebung Kühbachs setzten ein Zeichen zur Abwehr der Gefahren einer Schlackend­eponie und zum Schutz ihrer Heimat und errichtete­n einen Bildstock mit der Schmerzhaf­ten Muttergott­es. Schon am 10. Juli 1992 wurde er geweiht.

Am 12. September wurde mit dem Bau einer offiziell genehmigte­n Kapelle begonnen, in der der Bildstock zur Apsis wurde. Bewohner von Haslangkre­it, Stockensau, Paar, Winden und auch einige Kühbacher leisteten 1920 Arbeitsstu­nden und halfen auch mit Spenden. Der damalige Pfarrherr Adolf Nießner weihte während eines Gottesdien­stes am 30. Januar 1994 die Glocke und die Kapelle. Die Glocke hatten die Feuerwehre­n und die Jagdgenoss­enschaften von Haslangkre­it und Stockensau und die Stockschüt­zen Haslangkre­it gestiftet. Das Altarbild mit den Heiligen Georg und Magnus in dem ehemaligen Bildstock malte Rosemarie Rössig. Die Skulptur der Schmerzhaf­ten Muttergott­es befindet sich nun an der Seitenwand. Fünf Linden wurden gepflanzt.

Zum 20-jährigen Bestehen der Kapelle machten sich am 14. Mai 2014 die Bewohner aus Haslangkre­it, Paar, Stockensau, Radersdorf und Kühbach auf den Weg zur Kreuzbergk­apelle. Pfarrer Paul Mahl und sechs Ministrant­en gingen dem Bittgang voraus. Der Himmel war regenverha­ngen. Das Wetter war genauso stürmisch wie die MüllProtes­te damals in den 90er-Jahren. So wie sich beim Gottesdien­st beim Eintreffen der Gläubigen an der Kreuzbergk­apelle das Wetter aufhellte und sich ein Regenbogen zeigte, konnte der Bau der Reststoffd­eponie verhindert werden. Seit dieser Zeit werden in der Kapelle auch Maiandacht­en mit Bläsern und Ministrant­en begangen.

OQuelle „Kapellen im Wittelsbac­her Land“, Wißner-Verlag, 190 Seiten, mit vielen Fotografie­n. Das Buch ist im Verlag vergriffen. Es sind jedoch noch Exemplare im örtlichen Buchhandel erhältlich.

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Archivfoto: Wolfgang Sellmeier Die Kreuzbergk­apelle im Kühbacher Ortsteil Haslangkre­it (Landkreis Aichach-Friedberg) wurde aus Protest gegen einen möglichen Mülldeponi­estandort von Bürgern erbaut.

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