Frankreich und der Anschlag auf das „Bataclan“: Wie eine besondere Begegnung in einem Buch mündete
● Begegnung Dass zwei Männer, die so viel trennt wie Georges Salines und Azdyne Amimour, einander begegnen und zuhören würden, erschien unwahrscheinlich. Doch es gelang, weil sie ein bitteres Schicksal eint: Beide haben am 13. November 2015, in der Terrornacht von Paris, eines ihrer Kinder im Alter von 28 Jahren in der Konzerthalle „Bataclan“verloren. Lola, die Tochter von Georges Salines, gehörte zu den Konzertbesuchern und starb wie 89 andere im Kugelfeuer der Terroristen. Samy, der Sohn von Azdyne Amimour, war einer der Attentäter, den die Polizei erschoss.
● Buch Auf die Initiative von Amimour hin begegneten sich ihre Väter und führten lange Gespräche, die nun in einem Buch mit dem Titel „Es bleiben uns die Worte“zusammengefasst erschienen sind. In Frankreich, wo die Pariser Anschläge vom November 2015 in traumatischer Erinnerung geblieben sind, erhielt es großes Echo.
● Inhalt Nachgezeichnet wird die Geschichte zweier Männer und ihrer Kinder, die jeweils behütet aufwuchsen – die extrovertierte Lola „verschlang“das Leben, „als hätte sie gewusst, dass es nicht lange dauern würde“, so Georges Salines. Samy hingegen, der Sohn zweier gläubiger, aber kaum praktizierender Muslime mit Wurzeln in Algerien, driftete ab. Er kündigte seinen Job als Busfahrer, schloss sich dem sogenannten „Islamischen Staat“in Syrien an und wurde unzugänglich für seinen Vater, der ihm sogar nachreiste, um ihn vergeblich zur Rückkehr zu bewegen. Samy kam nur zurück, um im „Bataclan“zu morden und zu sterben. Abschließende Antworten auf die quälende Frage „Warum?“bleiben zwar in dem Buch aus. Aber mit ihrem Dialog wollten die beiden Autoren, so Georges Salines, „die Mauern des Misstrauens, des Nicht-Verstehens und manchmal des Hasses niederreißen, die unsere Gesellschaften spalten“.
Birgit Holzer