Neuburger Rundschau

Ein Hauch von Süden…

... zieht durch das Haus, wenn Fenchel im Ofen schmort und lässt uns schon von Sommer und Urlaub träumen. Vielleicht in Italien oder Griechenla­nd, wo das „edle Gemüse“herkommt

- VON ANDREA SCHMIDT-FORTH

Augsburg Wer Italien liebt, weiß: Von Florenz bis nach Ragusa hat jede Küche „Finocchio“im Programm, weil Fenchel die Lieblingsk­nolle unserer Nachbarn ist. Fünf Kilo verspeist jeder Italiener jährlich davon. Das ist europäisch­e Spitze. Neben der Knolle kommt oft auch der Samen zum Einsatz, etwa um üppige Salsiccie, Finocchion­a, Fisch- oder deftige Schmorgeri­chte zu aromatisie­ren oder bekömmlich­er zu machen. Fenchelsam­en enthält nämlich besonders viel ätherische­s Öl wie Anethol, Menthol und Fenchon, das dem Gemüse seinen unverkennb­aren, leicht süßlichwür­zigen Anis-Geschmack verleiht und medizinisc­he Wirkung hat.

Dass Fenchel gesund ist, für einen guten Atem sorgt und dem Magen auf die Sprünge hilft, wusste auch die kräuterkun­dige Hildegard von Bingen. Die Knolle wurde bereits im Mittelalte­r in vielen Klostergär­ten angebaut. „Besonders hoch konzentrie­rt kommen die ätherische­n Öle in Fenchelsam­en vor“, erklärt Verbrauche­rberaterin Silke Noll aus Nürnberg. Als Tee können sie bei Magen-Darm-Beschwerde­n wie Blähungen und Völlegefüh­l helfen und auch Babys und deren stillenden Müttern gegeben werden. Als Schleimlös­er bei Husten und Schnupfen hat sich Fenchelhon­ig, eine Mischung aus Fenchelsir­up und Honig bewährt.

Daneben enthält Fenchel viele wichtige Nährstoffe wie Kalzium, Kalium, Magnesium und Eisen sowie die Vitamine A, C und Folsäure. Mit 24 Kilokalori­en auf 100 Gramm ist er gut für die schlanke Linie. Und schmeckt sowohl roh wie gedünstet, im Risotto, zu Pasta-, Fleisch- oder Fischgeric­hten – ganz nach Gusto, Zutaten und Jahreszeit.

Auch ein samtiges Fenchelsüp­pchen – mit einem grünen Farbwirbel aus püriertem Babyspinat oder Brunnenkre­sse darin – kann ein Gaumenschm­eichler sein, findet Küchen-Tausendsas­sa Jamie Oliver. Für ihn wird das „edle“, „sehr schmackhaf­te Gemüse“viel zu selten verwendet. Der Brite hat Finocchio auf seinen Reisen in Italien kennengele­rnt, wo das Gemüse auch wild wächst, und wartet in seinen Kochbücher­n („Veggies“, „Italien“, Dorling Kindersley) mit den unterschie­dlichsten Rezepten auf.

Bis nach Südamerika und Japan verbreitet­e sich die krautige Pflanze, die bis zu zwei Meter hoch wächst. Erhältlich ist Fenchel im Grunde das ganze Jahr. Momentan wird bei uns Ware aus italienisc­hen und spanischen Gewächshäu­sern verkauft.

Ab Mai spitzen dann in der Region wieder die ersten neuen Pflänzchen aus der Erde, worauf sich Annette Albrecht aus Igling bei Kaufering besonders freut. Die Biobäuerin baut mit ihrem Mann Werner neben heimischen wie mediterran­en Gemüsen und Obst regelmäßig Fenchel an. Zwischen Juni und NovemLandw­irtin, ber ist Hauptsaiso­n. Für die Familie bringt Annette Albrecht Fenchel dann ganz einfach in Olivenöl gedämpft mit einem Spritzer Zitronensa­ft darüber oder als Ofengemüse auf den Tisch. „Mit frischen Tomatensch­eiben geschichte­t und mit Parmesan überbacken – das hat bisher jedem geschmeckt“, erklärt die

während sie das Mittagesse­n zubereitet.

Durch die Zugabe von Tomaten lässt sich die Anisnote von Fenchel ein wenig abmildern und abrunden, sodass der Fenchel auch „Einsteiger­n“mundet. Wer hingegen den typischen Fenchelges­chmack betonen mag, fügt zum Ende des Kochvorgan­gs noch etwas Anisschnap­s hinzu. Typisch französisc­h ist das mit Knoblauch, Schalotten, Thymian und Weißwein geschmort und mit Pastis abgeschmec­kt. Auch mediterran­e Zutaten wie schwarze Oliven, Kapern, Fisch, Krustentie­re, Ziegen- oder Schafskäse passen hervorrage­nd dazu.

Die Kombinatio­n aus Fenchel und Zitrusfrüc­hten schmeckt zu jeder Jahreszeit, umso besser natürlich in der Saison. Nuno-Chefkoch Mihael Malesic serviert seinen Gästen die Knolle dann gerne als leichte frische Rohkost auf dem Salatbuffe­t oder als Pasta Finocchio mit einem aromatisch­en Sud. Daneben baut er Fenchelsam­en gerne in würzige Gerichte mit Tomate oder Hackfleisc­h ein, oder als Gremolata: „Im Mörser angestoßen und im Pfännchen leicht angeröstet duften Fenchelsam­en wunderbar und verleihen einem Topping aus Weißbrotbr­öseln und Parmesan etwa für Suppen oder einen Eintopf den gewissen Pfiff“, findet Malesic.

Am besten schmeckt junger Fenchel. Sie erkennen ihn an einer festen, weißen bis hellgrünen Knolle, deren Blattgrün frisch und ohne welke Blätter ist. Hat die Knolle braune Außenblätt­er, ist sie schon älter und sollte im Laden bleiben. Auch eingetrock­nete Schnittste­llen am Stiel sind ein Zeichen dafür. Zu Hause fühlt sich Fenchel kühl gelagert am wohlsten. Gut aufgehoben ist er also im Gemüsefach des Kühlschran­ks. Dort bleibt er bis zu eine Woche lang frisch. Fenchel sieht zwar robust aus, ist es aber nicht. Da er sehr druckempfi­ndlich ist, sollte er vorsichtig behandelt werden, damit keine braunen Druckstell­en entstehen. Achten Sie bei der Verarbeitu­ng darauf, die Knolle sehr gründlich zu waschen, denn die Zwischenrä­ume der Blätter enthalten oft Sand. Für die Zubereitun­g zuerst Fenchelgrü­n und Strunkansa­tz abschneide­n. Danach die Fasern vom Strunk Richtung Spitze abziehen, den Fenchel je nach Rezept in Würfel, feine oder grobe Scheiben schneiden. Achtung: Das zarte Blattgrün nicht wegwerfen. Solange es frisch ist, verwendet Annette Albrecht es fein gehackt zum Beispiel zum Würzen von frischem Fisch. Oder sie trocknet das Grün und mischt es in ihr Kräutersal­z. Das ist aromatisch und nachhaltig in einem!

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Foto: Andrea Schmidt-Forth Fenchel, „Finocchio“, ist die Lieblingsk­nolle der Italiener. Sie ist sehr gesund und sorgt – unter anderem – für guten Atem.

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