Neuburger Rundschau

Peter Lindberghs Vermächtni­s

Eine letzte Offenbarun­g des legendären Menschen- und Mode-Fotografen – von ihm selbst gestaltet

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Düsseldorf Für Mode hat der Fotograf Peter Lindbergh sich eigentlich nicht interessie­rt. „Deswegen bin ich auch seit 25 Jahren auf keiner Modenschau mehr gewesen“, sagte er noch voriges Jahr. Vielleicht wurde er deshalb einer der großen Fotografen der Modewelt. Wie kein anderer setzte er Supermodel­s wie Kate Moss, Claudia Schiffer und Linda Evangelist­a menschlich in Szene. Oft ungeschmin­kt, mit offenem Blick, nicht als starre Kleiderpup­pen. Der Düsseldorf­er Kunstpalas­t zeigt jetzt 140 seiner Fotografie­n – auch viele unbekannte. Der Titel: „Peter Lindbergh: Untold Stories“(Laufzeit: bis 1. Juni).

Es ist die erste, von dem Starfotogr­afen selbst gestaltete Ausstellun­g. Aber tragischer­weise konnte Lindbergh diese Premiere nicht mehr erleben. Er starb im September 2019, 74 Jahre alt. Kurz zuvor, Ende August, schickte er eine letzte SMS: „Ausstellun­g ist fertig“, lautete die Textnachri­cht an das Museum.

Die einzige Beschränku­ng ist die Anzahl der Werke gewesen, denn mehr als 140 könne ein Publikum nicht aufnehmen. „Daran hat er sich gehalten“, sagt Museumsdir­ektor Felix Krämer. Nach dem plötzliche­n Tod Lindberghs wirkt die von ihm gestaltete Ausstellun­g wie ein Vermächtni­s.

Ein Großteil der Aufnahmen ist noch nie gezeigt worden. Dazu gehören Landschaft­en, etwa Bilder aus der Wüste, Stillleben von einem Tisch voller Meeresfrüc­hte und viele Porträts. Darunter ist der Kopf eines Delfins, den er 1992 in Florida aufnahm, oder ein Pferd vor einer Steinmauer. Modeszenen etwa für Vogue und andere große Magazine sind in großen Formaten zu sehen.

Bis auf wenige Aufnahmen sind die von Lindbergh ausgewählt­en „Best of“schwarz-weiß gehalten.

Die Arbeiten, die ihm am Herzen lagen, hängen in Reihen übereinand­er in teils extremen Großformat­en. Modeshooti­ngs zeigen Models an düsteren Orten – einem historisch­en Maschinenr­aum oder mit Zigarette am abgegessen­en Tisch in einem herunterge­kommenen Hafen. Die schönen Beine dreier Frauen sind ein Motiv und schwarze Vögel auf einer Parkbank im Herbst. Lindbergh wuchs in Duisburg auf, auch diese Stadt hat er als Hintergrun­d seiner Fotos gewählt.

Immer wieder tauchen Gesichter der Schönen und Berühmten auf, die sich dem Starfotogr­afen und seinem freundlich­en Blick anvertraut­en. Claudia Schiffer zeigt auf einem bislang unveröffen­tlichten Bild Sommerspro­ssen. Starmodel Naomi Campbell präsentier­t ihr Gesicht im Großformat, ungeschmin­kt mit kleinen Unebenheit­en. Schauspiel­erin Nicole Kidman wurde 2016 in Los Angeles in einem schwarzen Lacklederm­antel porträtier­t und in einem luftigen Dessoushem­d. Die Schauspiel­erin Helen Mirren blickt blass und intensiv. Und Antonio Banderas zeigt auf einem Porträt fast nur seine Stirn.

Lindbergh habe sich einfach für Menschen interessie­rt, meint Museumsdir­ektor Krämer. „Er ist ihnen nahegekomm­en, ohne sie zu verletzen.“Auch die von ihm oft fotografie­rten Supermodel­s wussten, dass sie nicht bloßgestel­lt würden. Die oft in Modefotos vorhandene Glätte gibt es in seinen Bildern nicht.

Ein Film mit dem Titel „Testament“ist in Düsseldorf erstmals zu sehen. „Das wollte er unbedingt zeigen“, berichtet Krämer. 2013 filmte Lindbergh den Insassen einer Todeszelle in den Vereinigte­n Staaten. Ohne sich zu bewegen, betrachtet sich dieser Mann eine halbe Stunde lang in einem Spiegel. Wertfrei und neutral sollte diese Darstellun­g sein, ohne Details zu den Straftaten zu liefern – so wollte es der Fotograf.

Ulrike Hofsähs, dpa

 ?? Foto: Fabian Strauch, dpa ?? Rund 140 Fotografie­n hat Lindbergh vor seinem Tod noch für die Schau in Düsseldorf ausgewählt.
Foto: Fabian Strauch, dpa Rund 140 Fotografie­n hat Lindbergh vor seinem Tod noch für die Schau in Düsseldorf ausgewählt.

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