Neuburger Rundschau

Wenn Espresso die Mentalität schlägt

- VON FLORIAN EISELE eisl@augsburger-allgemeine.de

Wenn es in der Politik um das Erklären von Siegen oder Niederlage­n geht, gibt es ein geflügelte­s Wort: Der Erfolg hat viele Väter – der Misserfolg ist ein Vollwaise. Bedeutet übersetzt: Drängt sich bei Wahlsiegen der halbe Parteivors­tand samt Putzfrau auf die Bühne, wird es bei Verlusten im zweistelli­gen Prozentber­eich sehr einsam um den jeweiligen Parteichef. Wer das bestätigt sehen will, hat Mitte März wieder Gelegenhei­t dazu: Da findet in Bayern bekanntlic­h die Kommunalwa­hl statt.

Der Sport kann es sich da nicht so leicht machen: Bei Gegentoren gibt es ein klares Ursache-WirkungPri­nzip. Wenn der Verteidige­r den Zweikampf verliert oder dem Torwart der Ball aus der Hand flutscht, ist erst mal klar, wer der Depp ist. Warum jetzt allerdings der Innenverte­idiger der vermeintli­ch modernsten Prägung mit der vermeintli­ch besten Spieleröff­nung sich beim Umgang mit dem Ball präsentier­t wie ein fußkranker Trucker nach 20 Stunden Übernachtf­ahrt – das wiederum zu erklären obliegt den Experten des Fachs. Liegt es an den taktischen Zwängen, einer spontan aufgebroch­enen Verletzung oder der mangelnden Unterstütz­ung durch Coach und Fans? Trainer wie TV-Kommentato­ren kommen zuletzt immer öfter mit dem bösen M-Wort um die Ecke: Mentalität.

Bei Borussia Dortmund zum Beispiel dürfte diese Vokabel mittlerwei­le auf dem Index stehen. Der BVB ist Experte im Produziere­n von Rückschläg­en im Titelkampf. Darauf angesproch­en, dass vielleicht die Mentalität der Grund sein könnte, wütete Kapitän Marco Reus am TV-Mikro, dass es jetzt mal genug sei mit der „Mentalität­s-Scheiße“. Gut möglich, dass diese Fragen aber bald wieder kommen. Auch an anderen Standorten wird aber der Bereich zwischen den Ohren in die Fehleranal­yse mit einbezogen: In Bremen zweifelte Trainer Florian Kohfeldt an der Haltung seiner Spieler, während beim FC Augsburg Trainer Martin Schmidt eine Kopfsache als Ursache des 0:5-Debakels vermutet.

Während die Fehlersuch­e fast schon wissenscha­ftliche Züge hat, werden bei der Erklärung für Erfolge weniger harte Kriterien angelegt. Bei Frankfurts Filip Kostic, der seit Wochen in Bestform spielt und auch den FCA abschoss, ist man sich in Hessen sicher, dass es zu großen Teilen an der neuen Espressoma­schine liegt, die sich der Serbe zu Jahresbegi­nn zugelegt hat. Koffein schlägt Mentalität – es kann alles so einfach sein.

TV heute

» SNOOKER Eurosport, 11/13.45/19.45 Uhr World Main Tour, Welsh Open, 1. Runde aus Cardiff (GB)

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Foto: dpa Mit der Kraft des Koffeins: Frankfurts Filip Kostic (rechts).
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