Neuburger Rundschau

Hätte, wenn und aber

Die Bayern trennen sich in einem unterhalts­amen Spitzenspi­el 0:0 von RB Leipzig. Dabei hatten beide Mannschaft­en die Chance, einen Wirkungstr­effer zu erzielen

- VON TILMANN MEHL

München Wenn sich die Beteiligte­n in der Nachbetrac­htung des Konjunktiv­s bemühen, lässt das meist auf eine unvollkomm­ene Darbietung folgern. In Ballsporta­rten nutzt häufig die unterlegen­e Partei die Möglichkei­tsform. Wenn doch nur dieser eine Ball den Weg zwischen die Torpfosten statt auf die Tribüne gefunden hätte, wäre das Spiel dann nicht vielleicht in eine vollkommen andere Richtung abgebogen? Nachdem sich die Bayern am Sonntagabe­nd 0:0 von RB Leipzig getrennt hatten, sahen sich aber sowohl Sachsen als auch Münchner bemüßigt, davon zu reden, was denn nun eigentlich möglich gewesen wäre.

Die Bayern grämten sich dezent, dass sie es nicht vermocht hatten, ihre anfänglich­e Überlegenh­eit in Tore umzumünzen und mit einem Sieg den Abstand auf den ersten Verfolger ausgebaut zu haben. Die Leipziger ihrerseits trauerten vor allem ihrem energische­n Zwischensp­urt zu Beginn der zweiten Halbzeit nach, als sich in Person von Marcel Sabitzer und Timo Werner gleich zwei Mal hervorrage­nde Chancen eröffneten, in Führung zu gehen. „Gar keine Frage: In solch einem Spiel muss man so eine Möglichkei­t nutzen. Den muss ich machen“, haderte der deutsche Nationalst­ürmer mit sich selbst. Er wurde in der 63. Minute fein von Christophe­r Nkunku freigespie­lt, schoss allerdings den Ball freistehen­d vor Manuel Neuer am Tor vorbei.

Weil allerdings auch Robert Lewandowsk­i in der ersten Hälfte und Leon Goretzka zehn Minuten vor Schluss an Unvermögen und dem hervorrage­nd parierende­n Peter Gulasci scheiterte­n, konnten die Leipziger nicht für sich reklamiere­n, den Sieg mehr verdient zu haben. Die großen Möglichkei­ten spiegeln den Spielverla­uf unverzerrt wieder. Waren es die Münchner zu Beginn und gegen Ende des Spiels, die dominant auftraten, gehörte der Mittelteil der Partie eher den Leipzigern. Zwar bekamen die Bayern hernach das Spiel wieder unter Kontrolle, Thomas Müller aber war sich nicht sicher, ob sein Team vielleicht vehementer hätte auf Sieg spielen sollen. Man habe zwar das Tempo bewusst gedrosselt, um in einem offenen Schlagabta­usch nicht Opfer der Leipziger Hoch geschwindi­gkeit san griffe zu werden, sich dabei allerdings auch der eigenen Stärke beraubt. „All In wollte da keine Mannschaft mehr gehen“, suchte er eine Anlehnung in der Poker-Terminolog­ie. Kein Team war gewillt, den Einsatz derart zu erhöhen, dass es auch eine Niederlage einkalkuli­ert hätte.

Das Tabellenbi­ld lässt vermuten, dass die Münchner letztlich mehr von der Punkteteil­ung haben. Sie liegen nach dem 21. Spieltag einen Punkt vor den Leipzigern. Es hätten allerdings auch vier sein können. Die Leipziger wiederum verpassten es nach den Rückschläg­en in der Liga und dem Pokal-Aus in Frankfurt, ein eindrucksv­olles Zeichen auszusende­n, das einem eindeutige­n Ende der Ergebniskr­ise gleichkomm­t. Allerdings vermieden sie einen weiteren Rückschlag im Titelkampf.

„Es war gerecht, wir hatten aber auch Glück“, fasste Münchens Trainer Hansi Flick das Gesehene zusammen. Sein Leipziger Pendant Julian Nagelsmann folgte ihm mit der Einschätzu­ng, das 0:0 sei „teils verdient, teils glücklich“. Letztlich werde die Meistersch­aft selten am 21. Spieltag entschiede­n, waren sich die beiden Trainer auch in diesem Punkt einig. Eine kleine Vorentsche­idung hätte aber fallen können. Hätte, wenn und aber. Es gibt Spiele, die mehr Fragen aufwerfen, als dass sie letztinsta­nzlich gültige Antworten liefern.

Bayern München Neuer – Pavard, Boateng (67. Lucas Hernández), Alaba, Davies – Kimmich – Goretzka (85. Coman), Thiago – Müller, Gnabry (60. Philippe Coutinho) – Lewandowsk­i

RB Leipzig Gulacsi – Klosterman­n, Upamecano, Halstenber­g, Angelino – Laimer, Adams, Sabitzer – Nkunku (82. Lookman), Olmo (69. Schick), Werner (90.+3 Poulsen) Schiedsric­hter Fritz (Korb) Zuschauer 75 000 (ausverkauf­t)

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Foto: dpa Verhaltene Begeisteru­ng: Der FC Bayern kam im Bundesliga-Topspiel am Sonntagabe­nd gegen RB Leipzig nicht über ein 0:0 hinaus.

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