Schmidt sieht beim FCA ein Mentalitätsproblem
Die Augsburger fallen beim desaströsen 0:5 bei Eintracht Frankfurt in der zweiten Halbzeit völlig in sich zusammen. Der Coach spricht von einem Debakel und fordert eine Reaktion der Mannschaft
Frankfurt am Main Stefan Reuter marschiert davon. Der Manager des FC Augsburg hat sich noch die Pressekonferenz vom Rand aus angesehen. Dann hatte er genug. Diesmal keine Antworten. Ohne Kommentar verschwindet er in die Nacht nach dem 0:5-Debakel seines FCA in Frankfurt. Martin Schmidt sitzt derweil mit verschränkten Armen da. Mit grimmiger Miene schaut er auf das Blatt mit den Statistiken, während sein Frankfurter Kollege Adi Hütter wenige Meter neben ihm von einem starken Spiel schwärmt. Schmidt dagegen ist deutlich anzusehen, wie enttäuscht er ist. „Eine Katastrophe“, hat der FCA-Trainer gesehen. Eine zweite Halbzeit, die Folgen haben muss.
Eigentlich stellt sich Schmidt immer vor seine Mannschaft. Verteidigt sie, auch wenn es nicht gut läuft. Diesmal aber findet der Schweizer klare Worte. „Die zweite Halbzeit war nicht ligatauglich“, sagt er. Nun gehe es darum, schnellstmöglich wieder die Form des Herbstes oder zumindest vom Sieg gegen Werder Bremen zu finden. Denn sicher darf sich beim FCA niemand fühlen. In der zweiten Halbzeit habe man bei kaum einem Spieler gemerkt, worum es weiter wirklich geht: Um den Klassenerhalt. Nachlässigkeit habe er festgestellt, auf vielen Ebenen. Fahrlässig seien seine Spieler gewesen, mit der falschen Einstellung. Vielleicht schon zu zufrieden nach dem Sieg gegen Bremen, zu sorglos. Dabei sollte klar sein: 26 Punkte werden nicht reichen. Jetzt stehe man da, wo man eigentlich nicht stehen wollte. Wieder unter Druck, wieder mitten im Kampf gegen den Abstieg. „Bei jedem Spieler war nach der Pause der Stecker gezogen“, sagt Schmidt.
Das 0:2 in der 48. Minute ist ein Knackpunkt, ein Moment des Schreckens, von dem sich die Augsburger nicht mehr erholen. Alfred Finnbogason lässt sich von Chandler „abkochen“, wie es Schmidt nennt. Den folgenden Kopfball kann auch Torwart Tomas Koubek nicht mehr abwehren. Er sieht unglücklich aus, mal wieder in einer entscheidenden Situation. Eine Schuld aber will ihm Schmidt nicht geben. Ganz im Gegenteil: Wenn ein Spieler noch positiv hervorzuheben sei, dann der Tscheche. „Er hat uns vor einem 0:7 oder 0:8 bewahrt“, sagt Schmidt. Kurze Zeit später aber zählt der Trainer auch seinen Torwart an, den er im bisherigen Saisonverlauf trotz mehrerer Patzer immer verteidigt hatte. „Auch auf dieser Position ist der Konkurrenzkampf jetzt eröffnet“, sagt Schmidt, nachdem Andreas Luthe vor einer Woche gegen Werder Bremen den grippekranken Koubek gut vertreten hatte. „Beide sind in etwa auf einem Level, Tomas hat noch einen kleinen Vorsprung“, sagt Schmidt. Es sind mahnende Worte. In alle Richtungen. „So eine zweite Halbzeit muss innerhalb vom Team Folgen haben“, sagt Schmidt. Knallhart müssten nun die Fehler angesprochen werden. Erst habe sich seine Mannschaft den Schneid, später die Mentalität abkaufen lassen. Mit der Taktik oder spielerischen Problemen habe die zweite
Halbzeit nichts zu tun gehabt. „Das war klar eine Kopfsache“, sagt Schmidt. Die Trainingswoche vor der Partie gegen Freiburg wird sich nun wohl anders gestalten als zunächst geplant. Die Griffigkeit in den Zweikämpfen müsse wieder gefunden werden, zudem brauche es eine Offenheit der schonungslosen Analyse gegenüber. Es könnte also ungemütlich werden.
Dabei war die erste Halbzeit noch ordentlich. Ein Unentschieden oder gar eine knappe Führung schienen möglich, vor allem durch die Großchance von Ruben Vargas, der an Eintracht-Torwart Kevin Trapp scheiterte (9.). „Wenn du so viele Chancen hast, musst du eigentlich punkten“, sagt Schmidt. Aber zumindest nach den Toren von Chandler (37., 48.), Silva (55.) und Kostic (89., 90.) nicht mit 0:5 verlieren.
Es ist eine Niederlage, die schmerzt. Zwar nicht ganz so sehr wie das 1:5 in der Vorrunde in Mönchengladbach, als die kompletten 90 Minuten schlecht waren. Grund zur Sorge aber bringt die zweite Halbzeit. „Da war die Leistung indiskutabel“, sagt Schmidt. Und auch zu wenig, um im Kampf gegen den Abstieg Erfolg zu haben. „Noch stehen wir gut da“, sagt Verteidiger Jeff Gouweleeuw. Aber die Leistung vom Freitagabend setzt auch ihm mächtig zu. „Nun müssen wir es gegen Freiburg besser machen“, fordert Stürmer Alfred Finnbogason. Das Problem dabei: Der Druck wächst wieder. Denn nach Freiburg warten Gegner der allerersten Bundesliga-Kategorie. Die prekäre Situation hat sich aber die Mannschaft ganz alleine eingebrockt.
Eintracht Frankfurt Trapp – Touré, Abraham (30. Hasebe), Hinteregger, N´Dicka – Kohr, Ilsanker – Chandler, Kostic – Gacinovic (67. Rode) – A. Silva (84. Paciencia) FC Augsburg Koubek – Jedvaj (74. Lichtsteiner), Gouweleeuw, Uduokhai, Max – R. Khedira, Baier, M. Richter (81. Sarenren Bazee), Vargas – Finnbogason (65. Löwen), Niederlechner
Tore 1:0 Chandler (37.), 2:0 Chandler (48.), 3:0 A. Silva (55.), 4:0 Kostic (89.), 5:0 Kostic (90. Schiedsrichter Manuel Gräfe (Berlin) Zuschauer 48 800