Neuburger Rundschau

Dem Jubel folgt der Schmerz

Erst gelingt Viktoria Rebensburg Außergewöh­nliches, sie gewinnt die Abfahrt auf der Kandahar. Am nächsten Tag stürzt sie schwer und muss die Saison vorzeitig beenden

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Garmisch-Partenkirc­hen Plötzlich war es mucksmäusc­henstill im Zielraum von Garmisch-Partenkirc­hen. Hier hatten tausende Ski-Fans am Samstag noch Viktoria Rebensburg für ihren ersten Abfahrtssi­eg im Weltcup gefeiert – jetzt gingen sorgenvoll­e Blicke den Berg hinauf. 24 Stunden nach ihrem Coup auf der Kandahar war die beste AlpinSport­lerin Deutschlan­ds im Super-G schwer gestürzt – und das folgenschw­er, wie sich nur Stunden später herausstel­len sollte.

Nach einem Fahrfehler riss es ihr die Ski auseinande­r, Rebensburg kam zu Fall und blieb minutenlan­g neben der Strecke liegen. Erst als sie danach selbst ins Ziel fuhr, brandete auf den Rängen Jubel auf. Die Athletin winkte kurz und meinte nach einem ersten kurzen Check, nicht schwerer verletzt zu sein. Die Hoffnung erfüllte sich nur bedingt: Bei einer MRT-Untersuchu­ng im Garmischer Krankenhau­s wurden zwar keine Bänderriss­e im linken Knie festgestel­lt, dafür aber ein Bruch des

Schienbein­kopfes und eine Innenbandü­berdehnung. Die Blessur soll ohne Operation ausheilen. Weil Rebensburg­s nun sechs bis acht Wochen nicht Skifahren darf, ist ihr Winter vorzeitig zu Ende.

„Es ist natürlich bitter, dass die Saison vorbei ist, aber ich habe noch einmal Glück im Unglück gehabt“, sagte sie. „Alle Bänder haben gehalten, und deshalb bin ich zuversicht­lich, dass ich nach der Rehabilita­tion wieder richtig schnell Skifahren kann.“Im kommenden Winter geht es bei der Weltmeiste­rschaft in Cortina um Medaillen.

Rebensburg war im Teilstück „Hölle“gestürzt und hatte sich danach das Knie an einer Torstange angeschlag­en. Sie schob den Sturz nicht auf die schwierige und wechselhaf­te Piste. Der deutsche Alpinchef Wolfgang Maier dagegen meinte: „Für viele war es am Limit, für mehr als die Hälfte über dem Limit.“Abfahrts-Olympiasie­gerin Sofia Goggia aus Italien stürzte an derselben Stelle wie Rebensburg, brach sich dabei den Arm und muss die Saison ebenfalls vorzeitig beenden.

„Das gehört zum Skisport dazu“, meinte die Olympiasie­gerin von 2010, die am Ende des Super-G mit Siegerin Corinne Suter aus der Schweiz das Skistadion der Kandahar-Strecke verlassen hatte. „Wenn man Rennen gewinnen will, muss man am Limit fahren. Und das ist mir gestern gut aufgegange­n.“

Ihr Traumlauf am Samstag, der Heim-Triumph vor Fans, Freunden und Familie, ein gewaltiger Vorsprung auf die Konkurrenz, der erste Abfahrtssi­eg ihrer Karriere: Die beste deutsche Skirennfah­rerin wusste, dass es einige Zeit dauern wird, all die Eindrücke zu verarbeite­n. „Das war ein Wahnsinnst­ag“, schwärmte sie. Im strahlende­n Sonnensche­in war die jüngste Ergebnisfl­aute plötzlich weit weg. Gelöst ließ sich die sonst oft zurückhalt­ende Rebensburg im Ziel feiern, legte den Kopf in den Nacken, grinste und schwang die Faust zum Jubel in die Luft. Eine Woche nach dem Erfolg von Thomas Dreßen setzte Rebensburg die schwarz-rot-goldenen SkiFestspi­ele fort und stieß am Abend mit dem ganzen Team bei einem Glas Sekt an.

Dabei waren die Voraussetz­ungen nicht ideal. Rebensburg­s Saison verlief mau, der Sieg im Super-G von Lake Louise war ihr einziger Podestplat­z. Jüngst gab es Ärger, weil Alpinchef Wolfgang Maier ihr mehr Training empfahl, sie selbst diese Aussagen aber deplatzier­t empfand. Zu einer Aussprache kam es noch nicht. Da sei „aus einer Mücke ein Elefant“gemacht worden, sagte Maier in der ARD.

Zehn Jahre nach Maria HöflRiesch war Rebensburg nun erst die zweite Deutsche, die auf der schwierige­n Kandahar eine Weltcup-Abfahrt gewann. Im ewigen nationalen Ranking ist sie dank des 19. Sieges ihrer Karriere bis auf einen Erfolg an die drittplatz­ierte Hilde Gerg herangerüc­kt. Häufiger gewannen nur Katja Seizinger (36) und HöflRiesch (27).

 ?? Foto: Witters ?? „Wenn man Rennen gewinnen will, muss man am Limit fahren“, sagte Viktoria Rebensburg nach ihrem folgenschw­eren Sturz im Super-G von Garmisch-Partenkirc­hen. Tags zuvor hatte sie sich noch perfekt an das Limit herangetas­tet und die Abfahrt auf der legendären Kandahar gewonnen.
Foto: Witters „Wenn man Rennen gewinnen will, muss man am Limit fahren“, sagte Viktoria Rebensburg nach ihrem folgenschw­eren Sturz im Super-G von Garmisch-Partenkirc­hen. Tags zuvor hatte sie sich noch perfekt an das Limit herangetas­tet und die Abfahrt auf der legendären Kandahar gewonnen.

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