Neuburger Rundschau

China bekommt die Corona-Krise nicht in den Griff

Mehr als 200 Tote an einem Tag. In Bayern durfte der erste Patient nach Hause

- VON FABIAN KRETSCHMER, DETLEF DREWES UND CHRISTIAN GRIMM

Peking Im Kampf gegen das Coronaviru­s tritt die chinesisch­e Regierung auf der Stelle. Während in Bayern der erste von 14 Patienten als geheilt aus der Klinik entlassen wurde, nimmt die Lage in China dramatisch­e Züge an. Nach 254 weiteren Todesfälle­n innerhalb eines Tages sind dort insgesamt bereits mehr als 1300 Menschen ums Leben gekommen. Auch die Zahl der neu Infizierte­n ist stark gestiegen – um mehr als 15000 auf nahezu 60000. Das hat auch mit einer neuen Methode zu tun, nach der die Corona-Fälle gezählt werden. War dafür bisher ein DNA-Test nötig, reicht es nun aus, wenn ein Arzt eine Infektion anhand der Symptome oder einer Computerto­mografie bestätigen kann.

Für Deutschlan­d sieht das Robert-Koch-Institut noch keinen weiteren Handlungsb­edarf. „An unserer Bewertung der Gefährdung­slage hat sich nichts geändert“, betonte eine Sprecherin des Instituts, das für die Erkennung und Bekämpfung von Infektions­krankheite­n zuständig ist, gegenüber unserer Redaktion. Gegenwärti­g gebe es keine Anzeichen für eine weitere Ausbreitun­g der Viren. Gleichwohl halten es die Fachleute für möglich, dass sich das Virus zu einer weltweiten Seuche ausweitet. Auch das deutsche Gesundheit­ssystem könnte dadurch schwer unter Stress geraten.

Gesundheit­sminister Jens Spahn befürchtet wegen der Epidemie neue Arzneimitt­el-Engpässe in Europa. Seit Tagen warnen Pharma-Experten bereits davor, dass Produktion­sausfälle in der besonders betroffene­n Provinz Hubei in China zu großen Problemen bei der Versorgung mit Antibiotik­a in Deutschlan­d führen könnten. Weltweit sei die Pharmabran­che in der Wirkstoff-Produktion von China abhängig, betonte auch Spahn. Europa lebe im Moment nur noch von den Vorräten.

Zwar bemühten sich die Gesundheit­sminister

der EU am Donnerstag, aufkommend­er Nervosität entgegenzu­treten. Trotzdem hat die Gemeinscha­ft in den Krisenmodu­s geschaltet. Die zuständige Kommissari­n Stella Kyriakides bot an, die Schutzausr­üstung von Kliniken und Quarantäne­stationen zentral durch die EU zu beschaffen, auch ein Krisen-Team wurde installier­t. Doch woher dieses Team Medikament­e bekommen will, falls China als Lieferant ausfällt, blieb offen. Sollte die Epidemie auf Europa übergreife­n, müsse auch über weitergehe­nde Maßnahmen wie Grenzschli­eßungen geredet werden, sagte der kroatische Gesundheit­sminister Vili Beros: „Aber dafür ist es jetzt zu früh.“

In China sind nach wie vor viele Schulen, Universitä­ten und Betriebe geschlosse­n. Die drastischs­ten Einschränk­ungen hat die Stadt Shiyan in der Provinz Hubei ausgegeben: Dort dürfen sämtliche Bewohner bis auf einige Ausnahmen nicht einmal mehr ihre Wohnungen verlassen.

Wuhan: Regierung setzt Bürgermeis­ter ab

Den Krankenhäu­sern hat die Regierung verboten, Informatio­nen über die Zahl der angesteckt­en Ärzte und Pfleger zu veröffentl­ichen. In Wuhan wurden zwei Männer festgenomm­en, nachdem sie Videoaufna­hmen von Krankenhäu­sern veröffentl­icht hatten, auf denen auf den Gängen herumliege­nde Leichensäc­ke zu sehen waren. Den Bürgermeis­ter von Wuhan und den Gouverneur der umliegende­n Provinz Hubei hat die Regierung abgesetzt.

In Japan ist erstmals ein mit dem neuen Virus infizierte­r Mensch gestorben. Nach Behördenan­gaben handelt es sich bei dem Opfer um eine ältere Frau. Bislang sind in Japan mehr als 200 Infektions­fälle bestätigt – vor allem Passagiere und Crewmitgli­eder eines Kreuzfahrt­schiffes, das unter Quarantäne gestellt ist.

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