Mit Cordhut und Bowle
Frank-Markus Barwassers bekanntestes Alter Ego ist Erwin Pelzig – eine Kunstfigur von bemerkenswerter Alterslosigkeit. Gilt das auch für ihren Schöpfer?
An zwei Kleidungsstücken kann man ihn ganz leicht erkennen: dem zerknitterten Cordhut und dem rot karierten Hemd. Dazu das „Däschli“, wie er die abgegriffene Herrenhandtasche in breitestem Fränkisch nennt – fertig ist Erwin Pelzig, die bekannteste Kunstfigur des Kabarettisten Frank-Markus Barwasser.
Mit seiner Fernsehsendung „Pelzig unterhält sich“hat der gebürtige Würzburger Kultstatus errungen. Barwasser interviewt dabei als Pelzig bei kultiger giftgrüner Bowle auf eine niveauvolle und ziemlich heitere Art mehr oder minder Prominente. Dabei hebt er sich wohltuend vom oft schalen Witz der deutschen Humorbranche ab. „Barwasser ist einer der großen Aufklärer unserer Zeit, ohne jemals zu belehren“, lobt das ZDF. Wohl wahr. Sein Pelzig ist das trojanische Pferd, mit dem er sich hinter die Grenzen bequemer Denkmuster schleicht und dann pointenreich zuschlägt.
Während seine Kunstfiguren, zu denen auch ein Hartmut und ein Doktor Göbel gehören, alterslos sind, kann sich der gelernte Journalist Barwasser der Vergänglichkeit nicht entziehen. Am Sonntag wird er 60. Schon? Man sieht ihm das Alter nicht an, und Barwasser fühlt auch Vorfreude auf das, was kommt: „In diesem neuen Jahrzehnt passiert ja normalerweise noch mal viel: Pensionierung, Wohnmobil und spätestens jetzt die ersten Enkelkinder“, witzelte der gebürtige Würzburger schon vor Monaten.
Gut möglich allerdings, dass es bei Frank-Markus
Barwasser etwas anders laufen wird – nicht zuletzt, weil erst vor gut drei Jahren sein Sohn Benno geboren wurde. Für den hat er 2015 sogar ein Jahr Elternzeit genommen, auch, um zu reflektieren, wie es denn mit der Karriere weitergehen soll. An Ruhestand denkt er jedenfalls noch lange nicht. Seine Idee der Zukunft lautet: „Den Zeitpunkt der Pensionierung bestimme ich, Wohnmobil ist nicht mein Ding – und das mit den Enkeln kann ich für die nächsten zehn Jahre definitiv ausschließen.“Sein Markenzeichen, das Cordhütli will er auch weiterhin tragen. „Der ist 25 Jahre alt und fällt schon fast auseinander“, sagt
Barwasser. Auch Pelzig will er nicht sterben lassen, obwohl er mit der Kunstfigur immer wieder mal haderte, weil ihn die Kritiker gerne dafür in eine Schublade steckten. Der Humor ist Barwasser sowieso nicht in die Wiege gelegt. Der Vater war Arbeitsgerichtspräsident. Dafür lernte er früh, sich im Leben eines Außenseiters zurechtzufinden.
Mit vier Geschwistern wuchs er als Protestant im erzkatholischen Würzburg sozusagen in der Diaspora auf. Noch heute sagt Barwasser, der zuletzt in Mainz lebte, er habe damals gelernt, gegen den Strom zu schwimmen. Ursprünglich wollte der Beutefranke ja Schauspieler werden. Aber je ernster er seine Rollen genommen habe, desto lächerlicher sei er gewesen. Barwasser – ein Humorist wider Willen. Der Satz hätte auch von Pelzig stammen können. Josef Karg