Neuburger Rundschau

Von der Leyen: „Das ist weit unter meiner Ebene“

Ex-Verteidigu­ngsministe­rin gibt Fehler zu und weist Verantwort­ung zurück

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Die letzte Zeugin ist die prominente­ste: Im leuchtend pinkfarben­en Blazer tritt EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen am Donnerstag­nachmittag vor den Untersuchu­ngsausschu­ss des Bundestags zur sogenannte­n „Berateraff­äre“. Das Gremium will die Umstände der Vergabe millionens­chwerer Beraterauf­träge durch das Bundesvert­eidigungsm­inisterium aufklären, zu Zeiten, in denen die CDU-Politikeri­n dort die Chefin war.

Gleich zu Beginn räumt 61-Jährige Fehler ein, verteidigt aber vehement die Beschäftig­ung der externen Berater. „Es sind Vergabever­stöße eingetrete­n“, sagt sie. Als sie im Oktober 2013 das Bundesvert­eidigungsm­inisterium übernommen habe, hätten sich die Streitkräf­te in einer Phase des tief greifenden Umbruchs befunden. In den Jahren zuvor habe die Ansage der Politik gelautet: „Schrumpfen, kleiner werden, Standorte schließen, Personal abbauen.“Doch dann habe sich die Sicherheit­slage in Europa und auf der Welt massiv geändert. Neue Aufgaben für die Bundeswehr in Afghanista­n, die Annexion der Krim, die Eroberung Mossuls durch die Terrormili­z IS, Terroransc­hläge in London, Paris und Madrid, 2015 dann die „Migrations­krise“. Plötzlich sei nun eine stärkere, schlagkräf­tigere Bundeswehr gefordert gewesen. Angesichts der Größe und Bedeutung der Aufgabe habe sie nicht daran gezweifelt, so von der Leyen; „Wir brauchen Hilfe von außen, das hat es schon immer gegeben, das gibt es auch in anderen Ministerie­n, und das wird auch künftig nötig sein.“

Zur Schlüsself­igur beim Umbau die der maroden Truppe wurde für die Verteidigu­ngsministe­rin die Physikerin Katrin Suder, Partnerin bei der Unternehme­nsberatung McKinsey und Expertin für den Wandel in Großorgani­sationen. Von der Leyen ernannte sie zur Staatssekr­etärin. Suder ist auch die Schlüsself­igur in der Berateraff­äre. Sie soll zahlreiche alte Weggefährt­en ins Ministeriu­m geholt und ihrer ehemaligen Firma millionens­chwere Aufträge verschafft haben. Ein ExKollege Suders aus McKinsey-Zeiten, der zur Unternehme­nsberatung Accenture gewechselt war, konnte Berichten zufolge den Ertrag seiner neuen Firma mit dem Kunden Bundeswehr in wenigen Jahren von einer knappen halben Million Euro auf 20 Millionen Euro steigern. Gegenüber Mitarbeite­rn des Verteidigu­ngsministe­riums, darunter hochdekori­erte Militärs, sollen die Berater zeitweise eher wie Vorgesetzt­e aufgetrete­n sein – das sorgte für böses Blut.

In von der Leyens Amtszeit von 2013 bis 2019 hat der Einsatz externer Berater einen dreistelli­gen Millionenb­etrag gekostet. Der Bundesrech­nungshof hatte schließlic­h 2018 massive Zweifel an Wirtschaft­lichkeit und Rechtmäßig­keit des Einsatzes von Unternehme­nsberatern im Verteidigu­ngsministe­rium geäußert. Von möglichen Verfehlung­en, beteuert Ursula von der Leyen, habe sie nichts mitbekomme­n. In ihrer Verantwort­ung seien die „großen strategisc­hen Entscheidu­ngen gefallen“, die dann auf Staatssekr­etärsebene umgesetzt worden seien. Auf eine Frage aus dem Gremium nach einer bestimmten Akte antwortet sie: „Das ist weit unter meiner Ebene und mir damit nicht bekannt.“

Nach dem Ende der Zeugenvern­ehmung und des Aktenstudi­ums hält die Opposition die Vorwürfe der Vetternwir­tschaft für erwiesen. FDP, Grüne und Linke, die den Untersuchu­ngsausschu­ss durchgeset­zt hatten, wollen bis Juni einen Abschlussb­ericht erstellen – der auch an die Staatsanwa­ltschaft gehen soll.

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U. von der Leyen

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