Plädoyer für Scheuer
Ex-Verkehrsminister Ramsauer schiebt Merkel und Seehofer die Schuld zu
Berlin Bei der Aufarbeitung des Debakels um die Pkw-Maut hat der frühere Verkehrsminister Peter Ramsauer seinen massiv unter Druck stehenden Amtsnachfolger und Parteifreund Andreas Scheuer in Schutz genommen. Der CSU-Politiker betonte stattdessen eine Verantwortung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem früheren CSU-Chef Horst Seehofer für absehbare europarechtliche Risiken. Oppositionspolitiker sprachen von einem „Ablenkungsmanöver“. Scheuer sei nicht aus der Verantwortung für schwere Fehler bei der Maut entlassen.
Ramsauer sagte am Donnerstag in Berlin als Zeuge im Untersuchungsausschuss des Bundestags, er habe bei den Koalitionsverhandlungen von Union und SPD 2013 auf massive europarechtliche Risiken hingewiesen. Merkel und Seehofer aber hätten „sehenden Auges“eine „europarechtliche Unmöglichkeit“in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt. „Meine Amtsnachfolger mussten mit dieser Hypothek umgehen, und der Rest ist bekannt“, sagte der CSU-Politiker.
Das Verkehrsministerium unter Scheuer hatte 2018 Verträge zur Erhebung und Kontrolle der PkwMaut geschlossen – bevor endgültige Rechtssicherheit bestand. Der Europäische Gerichtshof hatte die deutsche Pkw-Maut im vergangenen Sommer gestoppt. Sie sei diskriminierend für die Halter und Fahrer aus anderen EU-Ländern. Die Opposition wirft Scheuer schwere Fehler zulasten der Steuerzahler vor.
Dreh- und Angelpunkt von Ramsauers Aussagen war der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD 2013. Konkret ging es um den Passus, dass zur zusätzlichen Finanzierung des Erhalts und des Ausbaus des Autobahnnetzes ein angemessener Beitrag der Halter von nicht in Deutschland zugelassenen Pkw erhoben werden solle – mit der „Maßgabe, dass kein Fahrzeughalter in Deutschland stärker belastet wird als heute“. Ramsauer sagte, er habe davor gewarnt, dass dies europarechtlich schwierig wäre.
Der CSU-Mann sieht in der Kanzlerin die Hauptschuldige für das Debakel. Merkel habe damals gesagt, mit ihr werde es nie eine Pkw-Maut geben, sagte Ramsauer. „Sie hat Wort gehalten.“Die Kanzlerin habe gewusst, dass die Umsetzung des Koalitionsvertrags rechtlich höchst risikobehaftet sei. „Seehofer hat das billigend in Kauf genommen damals.“Auf die Frage, warum der frühere CSU-Chef und jetzige Innenminister dies getan habe, meinte Ramsauer: „Er wird vielleicht gemeint haben, irgendwie wird es schon gehen.“