Korruption drückt Airbus ins Minus
Die Vergangenheit holt den europäischen Flugzeugbauer auch finanziell ein. Obwohl der Konzern so viele zivile Flugzeuge wie nie zuvor ausgeliefert hat, belasten milliardenschwere Strafzahlungen das Ergebnis
Toulouse Guillaume Faury spricht ruhig und lächelt häufig. Er ist stets um sachliche Formulierungen bemüht. Dem schlanken, feingliedrigen Airbus-Chef ist alles Zackige und Flapsige, was seinem Vorgänger Tom Enders eigen war, fremd. Anders als der Deutsche gewährt er kaum Einblick in sein Gefühlsleben.
Faury, 51, ist meist kein Lieferant griffiger Zitate. Seine Antworten bleiben oft im Ungefähren, etwa als er von unserer Redaktion über die Zukunft des zu Airbus gehörenden Luftfahrtzulieferers Premium Aerotec mit Sitz in Augsburg befragt wird. Die Betriebsräte des Unternehmens haben Angst, mindestens 1461 Arbeitsplätze, darunter der Großteil in Augsburg, könne abgebaut werden. Damit würden noch mehr Stellen als bisher befürchtet wegfallen. Zunächst hieß es, maximal 1100 Jobs würden allein in Augsburg gestrichen.
Faury sagt zu dem Thema nur: „Wir wollen Premium Aerotec alles geben, damit es wettbewerbsfähig ist.“Das Unternehmen sei für Airbus wichtig. Der Manager macht aber auch deutlich, die Restrukturierung, also der Umbau des Zulieferers, müsse weiter gehen, damit er gegenüber günstigeren Konkurrenten wettbewerbsfähig werde. Der Airbus-Chef äußert sich nicht zu dem Thema, ob Premium Aerotec – wie das in der Vergangenheit erwogen wurde – teilweise oder vollständig verkauft wird. Manch Arbeitnehmervertreter würde das durchaus begrüßen, denn dann könnte das Unternehmen unabhängiger vom Mutterkonzern Airbus werden. So wäre Premium Aerotec mit noch 3400 Mitarbeitern in Augsburg in der Lage, auch an Airbus-Konkurrenten wie Boeing oder chinesische Anbieter zu liefern. Das wiederum würde den großen Zulieferer deutlich wettbewerbsfähiger machen.
Noch bleibt die Zukunft von Premium Aerotec offen. Für Augsburg und auch das militärische AirbusWerk in Manching mit rund 5500 Mitarbeitern ist ebenso unklar, ob Deutschland für die Nachfolge des in die Jahre gekommenen Kampfflugzeuges Tornado von Airbus Eurofighter-Maschinen kauft. Denn zur Debatte steht auch, dass amerikanische F-18-Maschinen zum
kommen könnten. Hinter den Kulissen wird von Betriebsräten und Politikern enormer Druck auf Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer ausgeübt, für den Eurofighter Partei zu ergreifen.
In Augsburg werden die Rumpfmittelteile des Fliegers gebaut und in Manching dann in die Maschinen eingebaut. So hängen in Schwaben und Oberbayern tausende Arbeitsplätze am Eurofighter. Während Luftfahrt-Beschäftigte in der Region noch im Ungewissen gelassen werden, herrscht in einer Hinsicht bittere Gewissheit für die AirbusManager: Korruption, also Bestechung, um Aufträge für Flugzeuge zu bekommen, endet wie schon bei Siemens in einem finanziellen Desaster. Der europäische Flugzeugbauer konnte zwar den Skandal mit deutlich weniger öffentlichem Widerhall als der Münchner Konzern abschließen, die Affäre hat aber happige finanzielle Folgen für AirZuge bus. Der Flugzeugbauer wird hart bestraft und muss 3,598 Milliarden Euro für die unsauberen Geschäftspraktiken der Vergangenheit zahlen. Das verdirbt Faury die an sich gute Bilanz für das Geschäftsjahr 2019. Am Ende ist Airbus mit 1,362 Milliarden Euro in die roten Zahlen geflogen und das, obwohl das Unternehmen im vergangenen Jahr so viele zivile Flugzeuge wie nie zuvor ausgeliefert hat. Auf die schon gute Zahl von 2018 mit 800 Maschinen setzte der Konzern im vergangenen Jahr mit 863 Fliegern noch mal einen drauf. Die Nachfrage nach kleineren Airbus-Jets aus der A320-Familie ist immens. Insgesamt rühmt sich der Konzern eines gigantischen Auftragsbestandes von 7482 Maschinen. Der Hersteller kann gar nicht derart viele Flugzeuge produzieren, wie sie Kunden gerne von dem Unternehmen haben wollen. Deshalb profitieren die Europäer nicht entsprechend von der Schwäche des US-Rivalen Boeing.
Faury hat für dieses Jahr nur das Ziel ausgegeben, mit rund 880 Zivilflugzeugen etwas mehr als 2019 an Kunden zu übergeben. Dabei versucht sich der Airbus-Chef trotz der weiter anschwellenden Nachfrage nach Maschinen aus der A320-Baureihe realistische Ziele zu setzen. Er hat sich vorgenommen, die monatliche Produktionsrate von derzeit 63 Fliegern in den Jahren 2022 und 2023 um jeweils ein oder zwei Flugzeuge zu erhöhen. Dazu bracht Faury einen wichtigen Zulieferer wie Premium Aerotec. Und der soll sich nach Willen des Airbus-Managements mehr auf die Produktion höherwertiger Baugruppen konzentrieren
Es ist ungewiss, wie es mit Premium weitergeht
Für ihn steht die Luftfahrt für Frieden und Stabilität
und einfachere Teile an günstigere Anbieter aus der Türkei oder China abgeben.
Airbus steht dabei selbst als Auftraggeber von Premium Aerotec unter gehörigem Kostendruck, wollen die Airlines – und hier vor allen die vielen Billigflieger – möglichst günstig einkaufen, um wiederum Tickets zu Sparpreisen anbieten zu können. Der daraus resultierende enorme ökonomische Druck landet dann letztlich auch bei den Beschäftigten in Augsburg.
Faury, der meist distanziert seine Themen vorträgt, zeigt jedoch dann als Ingenieur doch erkennbar Gefühle, wenn es um die Zukunft des Fliegens geht. Das Thema ist ihm wichtig. Er will den CO2-Ausstoß der Airbus-Maschinen weiter deutlich verringern. „Denn ich glaube an die soziale Dimension des Fliegens. Die Luftfahrt steht für Frieden und Stabilität.“Damit meint er, dass Menschen weiter über die Kontinente reisen sollen, um sich kennenzulernen und Vorurteile abzubauen. Das ist der Traum von Guillaume Faury. Um das dafür notwendige grünere Fliegen zu ermöglichen, investiert Airbus viel Geld.