Rückenwind in der weltweiten Flaute
Deckel Maho in Pfronten erhält Millionen-Investitionen des Mutterkonzerns. Das Allgäuer Unternehmen stellt Maschinen für die Autobranche oder die Luftfahrt-Industrie her. Jetzt hat es mehrere Weltneuheiten entwickelt
Pfronten 20 Millionen Euro im vergangenen Jahr und ein ähnlicher Betrag 2020: Beim Werkzeugmaschinenhersteller Deckel Maho in Pfronten (Ostallgäu) freut man sich über große Investitionen des Mutterkonzerns DMG Mori als Bekenntnis zum Standort. Die Nachricht kommt aus Sicht des Unternehmens zum richtigen Zeitpunkt: In Pfronten findet diese Woche die Hausausstellung mit 8000 Fachbesuchern aus aller Welt statt.
Investiert wurde im vergangenen Jahr unter anderem in eine neue Logistikhalle, während die Montagefläche der „Mono-Block“-Baureihe um 1200 Quadratmeter erweitert wurde. Bei der Produktion dieser international gefragten UniversalBearbeitungszentren will Deckel Maho demnächst neue Maßstäbe setzen: Ende August geht in Pfronten die neue Fließmontage in Betrieb.
Fahrerlose Transportsysteme steuern die bis zu 20 Tonnen schweren Maschinen über eine 300 Meter lange Montagestrecke. „Damit sind wir technologischer Vorreiter in der Werkzeugmaschinenbranche“, freut sich Michael Horn, Produktionsvorstand bei DMG Mori. Die Navigation der Transportsysteme läuft laut Deckel-Maho-Geschäftsführer Reinhard Musch QR-Codegesteuert. Die Versorgung mit Strom und Druckluft sowie die Datenübermittlung erfolgt über ein vollautomatisches Schienensystem. 1000 Maschinen pro Jahr können so gefertigt werden – im industriellen Maßstab und dennoch dem individuellen Kundenwunsch angepasst, so Geschäftsführer Alfred Geißler.
„Wir haben uns in den vergangenen Jahren stärker in Absatzbereiche entwickelt, die weniger starken Schwankungen unterliegen“, sagt Geißler. So habe der Anteil der Großmaschinen die Marke von 20 Prozent überschritten, häufig sei man an Langzeitprojekten großer Firmen beteiligt. Das größte Modell aus Pfronten ist 35 Meter lang und 180 Tonnen schwer. 16 Sattelzüge sind für den Transport nötig.
Inzwischen kommt nur noch etwa jeder zehnte Kunde aus der Automobilbranche, Bereiche wie Medizintechnik oder Formenbau haben zugelegt. An Nummer eins rangiert laut Geißler jedoch die Luft- und Raumfahrt mit einem Anteil von einem Viertel.
Viele Bearbeitungsschritte in einer Maschine zu vollziehen und damit die betriebsinterne Logistik zu erleichtern, ist laut Geißler ein großer Trend unter den Kunden von Deckel Maho. Die anderen heißen Automatisierung sowie Digitalisierung und auch hier könne man als Teil des DMG Mori Konzerns individuelle Komplettlösungen bieten.
Als Weltneuheit stellt Deckel Maho einen vollautomatischen Palettenwechsler
vor, der mit den eigenen Dreh-, Fräs- und Stanzmaschinen kompatibel ist. Bei der Digitalisierung brachte dem Unternehmen zuletzt die Beteiligung am US-amerikanischen Start-up Tulip einen Schub. Dessen Software ermöglicht es Mitarbeitern in der Fertigung, eigene Apps für die Steuerung der Maschinen und des Produktionsprozesses zu entwickeln.
Über den Rückenwind aus dem Konzern freut man sich in Pfronten auch, weil man dort die weltweit rückläufige Konjunktur spürt. So erzielte die DMG Mori AG 2019 zwar mit 2,7 Milliarden Euro einen Rekordumsatz – Zahlen für einzelne Standorte gibt der Konzern nicht heraus. Gleichzeitig sank jedoch das Volumen der Auftragseingänge um 14 Prozent. In Pfronten hat man laut Geschäftsführer Geißler noch ein Polster für etwa ein halbes Jahr. Anpassungen beim Personal seien nicht geplant. Sie würden, falls eines Tages doch nötig, sozial verträglich über die natürliche Fluktuation abgewickelt. Der nach eigenen Angaben größte Produktionsstandort der DMG Mori AG hat derzeit 1586 Mitarbeiter, davon 129 Azubis.