Neuburger Rundschau

Die Zeit des Blenders ist vorbei

- VON TILMANN MEHL time@augsburger-allgemeine.de

Selten hat sich ein deutscher Spitzenspo­rtler selbst so demontiert. Jürgen Klinsmann galt bis zu seinem Einstieg bei der Berliner Hertha als schwer zu zähmender Projektlei­ter. Investor Lars Windhorst hat ihn auch deswegen verpflicht­et. Mit seiner unbequemen Art sollte Klinsmann den Hauptstadt­klub auf die richtige Spur in Richtung deutscher Spitzenkla­sse hieven. Der ehemalige deutsche Bundestrai­ner aber war nicht unbequem, sondern störrisch und offensicht­lich zu keinerlei Kompromiss bereit.

Mit seinem bockigen Abgang hat Klinsmann auch die Sicht auf seine vergangene­n Stationen verändert. Möglicherw­eise hat er die deutsche

Nationalma­nnschaft nicht zurück in die Weltspitze geführt, sondern seinen persönlich­en Rückzug eingeläute­t, ehe das Team auch etwas zu verlieren hatte. In München ist er wohl nicht nur an Hoeneß und einer mäßigen Bayern-Mannschaft gescheiter­t. Sondern an sich selbst. Und in den USA? Konnte er letztlich die Nationalma­nnschaft nicht weiterentw­ickeln.

Klinsmann ist kein kaum zu zähmender Projektent­wickler. Er ist so sehr von sich selbst überzeugt, dass er andere für sich einnehmen konnte. Mit seiner zweifellos vorhandene­n Strahlkraf­t blendete er seine Arbeitgebe­r. Wann immer aber Klinsmann aus dem Lichtkegel heraustret­en musste, um seiner Rhetorik konstrukti­ver Arbeit folgen zu lassen, kam wenig. Klinsmann ist ein Gescheiter­ter.

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