Neuburger Rundschau

Ferraris großes Theater

Der italienisc­he Rennstall präsentier­t sein neues Auto mit viel Getöse. Für Vettel könnte es die letzte WM-Chance mit der Scuderia sein. Am Freitag zieht Mercedes nach

- VON MARCO SCHEINHOF

Augsburg Bevor die Aufführung beginnt, warten die Ferrari-Fans vor dem Theater Romolo Valli in Reggio Emilia. Sebastian Vettel kommt im Kapuzenpul­lover an, ganz leger und entspannt. Er nimmt sich Zeit für Autogramme. Später steht er im schwarzen Anzug mit dem FerrariLog­o auf der Brust auf der Bühne. Davor spielt ein klassische­s Orchester. Fangesänge und Opernmusik – die Mischung mag komisch klingen, Ferrari aber ist die gemeinsame Verbindung in diesem Theater der Träume. Vettels Augen glänzen. Es ist der erste wichtige Termin in diesem Jahr für den Formel-1-Fahrer.

Dort, wo vor 223 Jahren die dreifarbig­e italienisc­he Flagge gestaltet wurde, stellt Ferrari sein neues Auto vor. Den roten Renner, der endlich die Sehnsucht nach dem Weltmeiste­rtitel stillen soll. 2007 holte Kimi Räikkönen für die Scuderia letztmals den Titel. Eine lange Durststrec­ke folgte. Die soll 2020 zu Ende gehen. Die Italiener haben mit ihrem SF 1000, dessen Name auf den 1000. Grand Prix von Ferrari in diesem Jahr zurückgeht, als erstes Team das neue Fahrzeug präsentier­t. Der große Konkurrent Mercedes folgt heute in Silverston­e.

Mercedes gegen Ferrari. Das ist das Duell, auf das die Fans hinfiebern. 2021 wird die Formel 1 mit einem komplett neuen Regelpaket an den Start gehen. Nun wartet die letzte Saison unter den alten Vorzeichen. Und die waren zuletzt sehr deutlich. Mercedes der große Dominator, Ferrari kam über die Rolle des Verfolgers nicht hinaus. Weil neben Fehlern im Team auch Sebastian Vettel nicht immer perfekt gearbeitet hat. Im Gegenteil: Dem vierfachen Weltmeiste­r sind viele Missgeschi­cke unterlaufe­n. „Sicherlich gab es Dinge, die ich hätte besser machen können“, sagt Vettel, „ich bin überzeugt, dass ich es dieses Jahr besser machen werde. Ich brenne darauf, es auch mir selbst zu beweisen.“Sich, aber auch dem Team. Nach dieser Saison läuft sein Vertrag aus. Ferrari-Teamchef Mattia Binotto bezeichnet Vettel zwar als Gesprächsp­artner Nummer eins, wenn es um das Cockpit neben Charles Leclerc geht. Der Nachwuchss­tar hat einen Vertrag bis 2024. Vettel aber muss Leistung zeigen, will er sich auch 2021 den begehrten Fahrersitz sichern. Zwar beteuerte Binotto, dass an einem angebliche­n Werben um Lewis Hamilton nichts dran sei. In der Königsklas­se aber kann alles ganz schnell gehen. Seinen Nummer-eins-Status hat Vettel schon mal verloren. „Ich glaube, es macht keinen Unterschie­d. Wir haben beide das gleiche Auto und die gleichen Voraussetz­ungen. Der Rest wird sich auf der Strecke klären. Ich muss mich nicht verstecken“, sagt der 32-Jährige. Das nicht. Aber Leclerc hat in der vergangene­n Saison mehr als einmal angedeutet, dass er nicht langsamer als Vettel sein muss. Sollte es in diesem Jahr für den Heppenheim­er wieder nicht klappen, ist der Abschied von Ferrari wahrschein­lich. Und Vettel wäre unsanft aus seinem Traum, mit der Scuderia Weltmeiste­r zu werden, geweckt worden.

Zum Albtraum könnte sich wieder Lewis Hamilton entwickeln. Er ist bereits sechsmal Weltmeiste­r geworden. Ein Titel fehlt ihm noch zum Rekord von Michael Schumacher. „Ich weiß, dass viele darauf hinfiebern“, sagt der Brite, „wir haben aber noch viel Arbeit vor uns.“Einen ersten Hinweis, ob die bisher erledigte gelungen ist, wird es heute in Silverston­e geben. Zumindest die Lackierung des neuen Rennwagens hat Mercedes schon einmal gezeigt. Der Silberpfei­l wird deutlich bunter werden als zuletzt. Ob er aber auch schnell ist? Letztlich wird das erst der Saisonauft­akt in Melbourne zeigen. Die nächste Woche stattfinde­nden Testfahrte­n in Barcelona können die ersten Hinweise geben. Wegen des unveränder­ten Regelwerks setzen die Teams weitgehend auf ihre altbekannt­en Konzepte. Ferrari hat vor allem daran gearbeitet, das Heck des Fahrzeugs stabiler zu machen. „Was die Balance angeht, hatten wir im letzten Jahr Schwierigk­eiten. Unsere Schwachste­lle waren die Kurven, vor allem die langsamen Ecken. Ich denke, das diesjährig­e Auto ist ein deutlicher Schritt nach vorne. Vielleicht ein bisschen zulasten unseres Vorteils was die Geraden angeht“, sagt Vettel in einem Interview mit RTL.

Hamilton ist fit wie lange nicht. „Körperlich und mental habe ich ein anderes Level als vor einem Jahr“, sagt er. Er wiegt nur noch 73 Kilogramm, vor einem Jahr waren es fünf mehr. Sein Arbeitgebe­r Mercedes hat sich zudem zur Zukunft in der Formel 1 bekannt. Zuletzt wurden zwei neue Großsponso­ren gewonnen. „Das zeigt unseren Wunsch, die erfolgreic­he Reise in der Formel 1 fortzusetz­en“, sagt Mercedes-Motorsport­chef Toto Wolff. Bei Ferrari kann man das durchaus als Drohung verstehen. Aber zu einem richtig guten Theaterstü­ck gehört auch das dazu.

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Foto: hochzwei Im Theater Romolo Valli in Reggio Emilia präsentier­te Ferrari den neuen Rennwagen. Es ist ein Ort mit viel Geschichte. Die Italiener hoffen darauf, hier den Grundstein für ihren nächsten WM-Titel gelegt zu haben. Der letzte gelang 2007, eine lange Wartezeit für die heißblütig­en Fans.
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Foto: dpa Sebastian Vettel steht bei den Ferrari-Fans noch immer hoch im Kurs. Auch wenn er noch immer nicht Weltmeiste­r mit den Italienern geworden ist.

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