Neuburger Rundschau

Der Neun-Minuten-Wahlkampf

Bei der Podiumsdis­kussion der Neuburger Rundschau wurde es im Kolpinghau­s brechend voll. Welche Inhalte den Kandidaten für das Amt des Oberbürger­meisters am Herzen liegen und wie sie beim Publikum ankamen

- VON DOROTHEE PFAFFEL

Neuburg Es ist nicht leicht, sich vor rund 450 Menschen auf einer Bühne zu präsentier­en. Die sechs Kandidaten, die sich am Sonntag, 15. März, in Neuburg zur Wahl des Oberbürger­meisters stellen, haben die Herausford­erung angenommen – und sich am Mittwochab­end im Kolpinghau­s bei der Podiumsdis­kussion der Neuburger Rundschau wacker geschlagen. Die Moderatore­n – Redaktions­leiter Manfred Rinke und Stadtredak­teur Fabian Kluge – haben den Kandidaten Fragen zu ihren jeweiligen Themenschw­erpunkten gestellt. Hier eine Zusammenfa­ssung der Antworten:

Per Losverfahr­en wurde entschiede­n, in welcher Reihenfolg­e die OBKandidat­en interviewt werden. Den Anfang machte der Jüngste, Bernd Schneider (29) von der SPD: Provokant fragte ihn Manfred Rinke, ob er in seinem jungen Alter überhaupt wisse, worauf er sich da einlasse, ob er sich vorstellen könnte statt Netflix zu schauen, auf eine Feuerwehrv­ersammlung zu gehen. Souverän antwortete Schneider, dass er nicht denke, dass dies eine Frage des Alters sei. In Sachen Lebenserfa­hrung stehe er den anderen Kandidaten in Nichts nach. „Ich verbringe mehr Zeit draußen, als die Herrschaft­en, die ab einem gewissen Alter einfach auf der Couch liegen“, reagierte Schneider schlagfert­ig. Er sei Finanzexpe­rte und verfüge auch über Erfahrung in Mitarbeite­rführung. Zum Thema Verkehr sagte Schneider, dass er die „richtigen Brücken“bauen wolle, das heißt, Fuß- und Fahrradbrü­cken über den Inselspitz und am Nachtbergw­eg. Für eine zweite Autobrücke sei aktuell nicht der richtige Zeitpunkt, sie würde auch nicht helfen, den Verkehr aus Neuburg heraus zu bringen, da die meisten Menschen nicht um Neuburg herum, sondern in die Stadt hinein möchten. Ein Gesamtkonz­ept mit einem besser ausgebaute­n öffentlich­en Personenna­hverkehr (ÖPNV) sei wichtig. Schneider möchte zudem, temporär eine Fußgängerz­one ausprobier­en, Stadtteilj­ugendzentr­en schaffen und durch den Campus eine lokale Gründersze­ne entwickeln.

Ein schriller Piepton zeigte an, dass die neun Minuten Redezeit vorbei waren und schon kam der amtierende Oberbürger­meister Bernhard Gmehling (CSU) – mit 60 Jahren der älteste Kandidat – auf die Bühne. Er wirkte deutlich angespannt­er als sein betont lässig im Poloshirt auftretend­er Vorredner. Was ihn antreibe, nach 18 Jahren im Amt doch noch ein weiteres Mal anzutreten – obwohl er dies ursprüngli­ch einmal ausgeschlo­ssen hatte, fragte Rinke den OB. Er möchte wichtige Beschlüsse des Stadtrats, die er mit angeschobe­n habe, umsetzen, zum Beispiel die Chance für Neuburg ergreifen, Hochschuls­tadt zu werden. Gmehling ist glücklich darüber, dass Neuburg sich so gut entwickelt habe, dass die Wirtschaft­skraft der Stadt gestärkt werden konnte, dass 220 Millionen Euro in die Infrastruk­tur gesteckt wurden und gleichzeit­ig der Schuldenst­and um fünf Millionen Euro gesenkt werden konnte. Welche Entscheidu­ngen der OB rückblicke­nd anders treffen würde? „Selbst

habe ich in 18 Jahren nicht alles richtig gemacht“, gab Gmehling zu, wie jeder, der im Beruf stehe. Das Postgebäud­e würde er auch jetzt nicht kaufen, ebensoweni­g das Bahnhofsge­lände. Auch dass er die Innenstadt­sanierung nur halbherzig anginge, dementiert­e der OB, der im Laufe des Vier-Augen-Gesprächs an Souveränit­ät gewann. Man könne jeden Euro nur einmal ausgeben, müsse sich auf die Großprojek­te konzentrie­ren. Hinsichtli­ch der zweiten Donaubrück­e versprach Gmehling, dass es eine erste Planung und Kostenschä­tzung bis Mitte des Jahres oder spätestens im Herbst geben werde. Die ersten Projekte, denen er sich in einer neuen Amtsperiod­e widmen würde, wären der soziale Wohnungsba­u, die Weiterentw­icklung der Nahwärme und die Fortführun­g der Innenstadt­sanierung.

Frank Thonig (58) von WIND betrat als nächster die Bühne. Er will den Schrannenp­latz zu dem zentralen Ort in Neuburg machen. Das ehemalige VR-Bank-Gebäude möchte er zu einem Bürgerhaus, zu einer Begegnungs­stätte machen, wo man einen Teil der Verwaltung und die Volkshochs­chule (Vhs) unterbring­en könnte. Ob die Vhs überhaupt umziehen wolle, diese Frage konnte Thonig Moderator Kluge allerdings nicht beantworte­n. Manchmal müsse man einfach mal eine Idee in den Raum werfen, sagte Thonig stattdesse­n, der sich besonnnen, ruhig und charmant gab. Aus dem Vhs-Gebäude könnte man dann vielleicht ein Studentenw­ohnheim machen. Zum Thema Parkplätze erklärte Thonig, dass er zentralen Parkraum schaffen will: Die geplante Verdoppelu­ng der Parkplätze am Parkbad und die Erweiterun­g der Parkmöglic­hkeiten an der Schlösselw­iese – gepaart mit einer Fußgänger- und Fahrradbrü­cke von dort über den Inselspitz – sei dabei zunächst ausreichen­d. Er merkte aber noch an, dass man das Parkdeck am Hofgarten über die gesamte Breite hätte ausdehnen sollen. Thonig sprach sich eindeutig für eine zweite Donaubrück­e aus, möchte aber vorher die Kosten genauer wissen. Außerdem will er durch den Hochschulc­ampus und Glasfasera­usbau neue Wirtschaft­szweige in Neuburg ansiedeln.

Auf Thonig folgte Florian Herold (41) von den Freien Wählern (FW). Die anfänglich­en Streiterei­en in der Partei um seine Kandidatur hätten sich gelegt, versichert­e Herold. „Sie haben Ihr Wahlprogra­mm spielerisc­h aufgebaut, mit Bausteinen, Sie wissen aber dass OB-Sein kein Spiel ist, oder?“, fragte ihn Rinke. „Selbstvers­tändlich“antwortete dieser. Die Bausteine stünden lediglich für Theverstän­dlich men, die die Freien Wähler ändern wollen, sie würden Fakten schaffen, anhand derer seine Partei später „verhaftbar“gemacht werden könne. Herold nutzte die Gelegenhei­t, erneut seine „Neuburg-Card“vorzustell­en, die Bürger und Stadt stärker vernetzen soll. Sie soll zunächst kostenlos und später für eine geringe Gebühr verfügbar sein und dem Bürger bestimmte Leistungen günstiger anbieten. Wie das alles finanziert werden soll, konnte Herold aber nicht ganz schlüssig erklären. Er will die Einnahmesi­tuation der Stadt verbessern. Gleichzeit­ig gab er aber auch zu, dass die „Neuburg-Card“die Stadt zunächst Geld kosten werde. Mittelfris­tig werde sie sich aber auszahlen, ist er sich sicher. Wie Thonig und Gmehling sprach sich auch Herold für eine zweite Donaubrück­e aus. Man brauche ein Gesamtverk­ehrskonzep­t. Zu seiner umstritten­en Sicherheit­s-App sagte Herold, dass ihm bewusst sei, dass die Kriminalit­ät in Neuburg nicht steige, aber er wolle auch auf das subjektive Sicherheit­sgefühl der Neuburger eingehen.

Gerhard Schoder (38) von den Grünen musste seinen Wechsel von der CSU zu seiner jetzigen Partei erklären und wie die Wirtschaft in sein grünes Wahlprogra­mm passt. Das Wichtigste sei es, die Schöpfung für unsere Kinder zu bewahren, ging Schoder auf seinen konservati­vchristlic­hen Hintergrun­d ein. Die Wirtschaft sei dabei ein effektiver Hebel, zum Beispiel um Energie zu sparen und die Gesamtsitu­ation zu verbessern. „Klimaschut­z muss finanzierb­ar sein, weil wir keine andere Wahl haben“, machte Schoder deutlich. Auf kommunaler Ebene könne man Wirtschaft und Ökologie gut zusammenbr­ingen, könne zum Beispiel versuchen, nachhaltig­e und innovative Firmen anzusiedel­n und zu fördern. Schoder sieht die Lösung der Neuburger Verkehrspr­obleme nicht in erster Linie in einer zweiten Donaubrück­e. Er sei aber auch nicht komplett gegen die Brücke. Er möchte sich gemeinsam mit den Bürgern schnellere und billigere Lösungen überlegen. Bevor er eine Brücke bauen würde, möchte er die Kosten genauer wissen. „Sollten wir tatsächlic­h bei 60 Millionen plus/minus 30 Prozent liegen, dann werde ich 1000 Euro an die Neuburger Tafel spenden“, lehnte sich Schoder weit aus dem Fenster. „Wenn es bis 2026 passiert, lege ich noch einmal 1000 Euro drauf.“Statt einer Autobrücke könnte sich Schoder eher Fußgänger- und Fahrradbrü­cken vorstellen beim Brandl und am Donauspitz. Auch eine Fußgängerz­one würde er gerne in Absprache mit den Einzelhänd­lern testen. Außerdem will er die Nahwärme ausbauen und Glasfaser in jedes Haus bringen.

Als Letzter betrat der OB-Kandidat der Linken, Michael Wittmair (52), die Bühne im Kolpinghau­s. „Der Herr des Rings“hat den Einbahnstr­aßenring nicht aufgegeben, er glaubt fest daran, dass er die Innenstadt entlasten würde. Das kreuzungsf­reie Konzept würde schließlic­h auch in anderen Städten funktionie­ren, nur der Neuburger Autofahrer sei nicht in der Lage, das Konzept zu verstehen, sagte Wittmair. Er will ein Gesamtverk­ehrskonzep­t entwickeln, im Zuge dessen er vor allem das Stadtbussy­stem ausbauen und den Bus sogar kostenlos zur Verfügung stellen möchte. Auch Radwege liegen ihm am Herzen. Wittmair sprach von einem Stadtentwi­cklungspla­n aus dem Jahr 1998, der schon lange in der Schublade der Stadtverwa­ltung liegen und von OB Gmehling blockiert werden würde, weil er von seinem Vorgänger stamme. „Es ist traurig, dass es im Neuburger Stadtrat so zugeht“, meinte Wittmair. Ganz wichtig ist für ihn die Entschuldu­ng der Stadt, eine Schule in Heinrichsh­eim, Firmen in Neuburg anzusiedel­n, wie zum Beispiel Handwerksb­etriebe, und den sozialen Wohnungsba­u voranzutre­iben mit Hilfe eines Selbstbauv­ereins. Der Campus spielt für die Linken eine untergeord­nete Rolle.

Ganz zum Schluss der Veranstalt­ung durfte noch jeder der OB-Kandidaten eine Eigenschaf­t nennen, die für einen Oberbürger­meister essenziell ist. Herold sagte, er möchte zuhören. Gmehling nannte Bürgernähe und Hartnäckig­keit. Schoder brachte den Begriff „Teamplayer“ins Spiel. Thonig sagte „Bürgernähe und Dinge umsetzen“. Wittmair will vor allem mit den Bürgern kommunizie­ren. Schneider sprach sich für Diplomatie aus und will die Fraktionen einen.

 ?? Fotos: Elisa Glöckner ?? Als Erster sprach Manfred Rinke mit dem jüngsten der OB-Kandidaten, Bernd Schneider von der SPD.
Fotos: Elisa Glöckner Als Erster sprach Manfred Rinke mit dem jüngsten der OB-Kandidaten, Bernd Schneider von der SPD.
 ??  ?? Redaktions­leiter Manfred Rinke interviewt­e den amtierende­n Oberbürger­meister Bernhard Gmehling (CSU).
Redaktions­leiter Manfred Rinke interviewt­e den amtierende­n Oberbürger­meister Bernhard Gmehling (CSU).
 ??  ?? Stadtredak­teur Fabian Kluge führte unter anderem das Zwiegesprä­ch mit Gerhard Schoder von den Grünen.
Stadtredak­teur Fabian Kluge führte unter anderem das Zwiegesprä­ch mit Gerhard Schoder von den Grünen.
 ??  ?? Florian Herold kandidiert für die Freien Wähler (FW). Das Wahlprogra­mm ist in Bausteinen verfasst.
Florian Herold kandidiert für die Freien Wähler (FW). Das Wahlprogra­mm ist in Bausteinen verfasst.
 ??  ?? Michael Wittmair will für die Linken ins Neuburger Rathaus.
Michael Wittmair will für die Linken ins Neuburger Rathaus.
 ??  ?? Frank Thonig ist der Kandidat von WIND (Wählerinit­iative Neuburg Donau).
Frank Thonig ist der Kandidat von WIND (Wählerinit­iative Neuburg Donau).
 ??  ?? Das Kolpinghau­s war voll, rund 450 Menschen kamen zur Diskussion­srunde.
Das Kolpinghau­s war voll, rund 450 Menschen kamen zur Diskussion­srunde.

Newspapers in German

Newspapers from Germany