Jetzt ist Schluss mit lustig
Armin Laschet und Jens Spahn düpieren ihren Rivalen Friedrich Merz mit einem spontanen Auftritt. Der 64-Jährige geht wenig später zum Gegenangriff über. Und Norbert Röttgen? Der meldet sich via Twitter
Berlin Friedrich Merz war nicht amüsiert. Er war sogar ziemlich verärgert darüber, was ihm Armin Laschet und Jens Spahn da gerade kalt lächelnd verpasst hatten: einen symbolischen Kinnhaken für ihren Konkurrenten, der Merz seit Dienstag auch offiziell ist. Sowohl der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Laschet als auch der ehemalige Unionsfraktionschef Merz bewerben sich auf dem Parteitag am 25. April um den Posten des Vorsitzenden der CDU Deutschlands – und damit um die Nachfolge der gescheiterten Annegret Kramp-Karrenbauer. Damit kommt es zu einem Dreikampf. Denn wenige Tage zuvor hatte ja bereits Norbert Röttgen seine Ansprüche angemeldet.
Gesundheitsminister Spahn, lange als der Vierte im Bunde gehandelt, tritt nicht an. Er verzichtet zugunsten von Laschet, bildet mit ihm zusammen ein Team und hofft auf einen der fünf Stellvertreterposten im Parteivorstand. Von einem gelungenen Coup sprachen die politischen Beobachter angesichts dessen, was Laschet und Spahn vorlegten. Am Montagabend noch war lediglich bekannt, dass Merz in der Bundespressekonferenz, dem Verein der Hauptstadtjournalisten, auftreten und seine Kandidatur offiziell verkünden würde. Von Laschet und Spahn war da noch gar nicht die die beiden hielten auch ihre Absicht bis zuletzt geheim, als Tandem anzutreten. Erst am frühen Dienstagmorgen wurde eilig die Einladung für ihre eigene Pressekonferenz an selber Stelle verschickt. Beide traten damit eineinhalb Stunden vor Merz auf, der war damit plötzlich in der Defensive. Eine Rolle, die dem ehrgeizigen ExAufsichtsrat des Vermögensverwalters Blackrock offenbar nicht behagte. „Im richtigen Leben würde man vielleicht von einer Kartellbildung zur Schwächung des Wettbewerbs sprechen“, kommentierte er angesäuert die Nachricht vom Team Laschet-Spahn und wirkte überhaupt in Sprache und Körperhaltung um einiges aggressiver als die beiden. Die Mitglieder der CDU hätten ab sofort die Wahl „zwischen Kontinuität oder Aufbruch und Erneuerung. Ich stehe für Aufbruch und
Erneuerung“, versuchte der 64-jährige Merz, seinen Herausforderern Laschet, 59, und Spahn, 39, das ihm zugedachte Etikett der rückwärtsgewandten Polit-Opas aufzukleben. Gute Stimmung geht anders.
Zuvor war der Versuch einer Teamlösung gescheitert. Laschet hatte versucht, Merz ins Boot zu holen. Der hätte wohl auch auf die Kandidatur für den Parteivorsitz verzichtet, wenn er stattdessen Vize hätte werden können, verlautete aus Parteikreisen. Für diesen Posten wiederum hatte Spahn aber schon die Hand gehoben. Merz sei das Finanzund das Wirtschaftsministerium in einem künftigen Kabinett angeboten worden, hieß es. Der 2018 schon einmal gegen Kramp-Karrenbauer gescheiterte Kandidat habe am Ende aber nicht auf Luftbuchungen vertrauen wollen. „Ich bedauere, dass nicht alle Kandidaten sich diesem Teamgedanken anschließen konnten“, sagte Laschet, der durchblicken ließ, dass es Streit um den künftigen Kurs der Partei gab. Merz und er hätten „unterschiedliche Argumente“gehabt, erklärte der Ministerpräsident. Merz’ Ziel sei die Halbierung der AfD, das sei auch ein wünschenswertes Ziel. In seinem Bundesland sei es der
CDU aber ohnehin gelungen, die AfD flach zu halten. Außerdem finde der Wettbewerb um Wählerstimmen „auch in die Mitte hinein statt“.
Merz ließ kurz darauf kaum Zweifel daran, dass er bis zum Parteitag im Angriffsmodus bleiben wird. „Ich spiele hier auf Sieg und nicht auf Platz“, wischte er Fragen nach seiner politischen Zukunft beiseite, sollte er wie schon beim Hamburger Parteitag im Dezember 2018 erneut die Abstimmung verlieren. Merz deutete an, dass er sich Laschet nicht unterwerfen wolle. Ein Team sei gut, es müsse aber geführt werden, betonte er. Einig waren sich die Kontrahenten in der Bewertung der Rolle von Bundeskanzlerin Angela Merkel. An deren Stuhl soll nicht gesägt werden, eine vorzeitige Kabinettsumbildung streben beide Kandidaten nicht an. Laschet beRede, tonte, er wolle sein Amt als Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen behalten, wo im Frühjahr 2022 die nächsten Landtagswahlen anstehen. Beide ließen auch offen, ob sie zur nächsten Bundestagswahl als Kanzlerkandidaten antreten. Wann die CDU diese Frage beantworten will, ist völlig offen. Zumal dann auch noch die Schwesterpartei CSU ein Wörtchen mitreden will. Laschet und Merz machten zumindest deutlich, dass die K-Frage vom neuen CDU-Vorsitzenden im Einvernehmen mit dem Vorsitzenden der CSU zu klären ist. Laschet hatte vor seinem Auftritt bereits mit CSUChef Markus Söder gesprochen – und nicht mit Merkel, wie er einräumte.
Die Kandidaten werden nun die nächsten acht Wochen nutzen, um möglichst viele Stimmen der 1001 Delegierten hinter sich zu versammeln. Es bleibt abzuwarten, wie ihre Argumente verfangen – und welche Rolle der vierte offizielle Anwärter spielen wird: Norbert Röttgen, den Laschet und Merz bei der Bekanntgabe ihrer Kandidaturen geflissentlich ignorierten. Röttgen meldete sich via Twitter zu Wort und verkündete geheimnisvoll, die zweite Person in seinem Team werde eine Frau sein. Auch das war ein Seitenhieb auf die Konkurrenten. Denn Frauen spielten in der Männerrunde, die sich um die CDU-Spitze bewirbt, bislang gar keine Rolle.
Eine Einigung scheiterte in letzter Minute