Wenn der Frühling im Winter beginnt
Wer im Sommer Gemüse aus dem Garten ernten will, sollte schon jetzt zu Hause mit der Aussaat beginnen. Was man dabei beachten sollte
Nur die Harten kommen in den Garten – das ist die wichtigste Regel, wenn man zu Hause Gemüsepflanzen aus Samen aufzieht. Soll heißen: Im Freien ist es noch zu kalt für junges Gemüse, trotz des milden Winters drohen auch im März noch eiskalte Frostnächte. Daher werden die Samen erst mal im Haus in Gefäßen ausgesät und vorgezogen. Erst Mitte Mai ziehen sie ins Beet um.
Bei der Frage nach dem günstigsten Beginn der Aussat hält man sich also am besten noch immer an die Angaben auf den Samentütchen aus dem Fachhandel, denn manche Arten sind früher dran, andere später. Ab Februar ist laut Bayerischer Gartenakademie eine gute Zeit für Paprika, für Tomaten reicht Mitte März. Zucchini und Kürbis sät man vier bis sechs Wochen vor der Pflanzung in den Garten, Gurken zwei bis drei Wochen vorher.
Es lohnt sich, nicht zu früh loszulegen: „Das Kultivieren auf der Fensterbank ist manchmal eine echte Herausforderung, weil man beachten sollte, dass es im Haus warm ist und Tomaten und Co. dann sehr schnell keimen“, erläutert Profigärtnerin Svenja Schwedtke. „Da sollte man sich zügeln. Auch wenn man schon Lust hat, ja nicht zu früh anfangen – es sei denn, man hat eine Möglichkeit, die Pflanzen kühl, aber nicht zu kühl weiter zu kultivieren.“
Denn da man den Wohnraum noch heizt, ist es dort oft einfach zu warm für die Sämlinge – so nennt man gerade ausgetriebenes Grün aus Saatgut. Zugleich erhalten sie selbst auf der Fensterbank zum frühen Winterende noch nicht ausreichend Tageslicht. Die Folge sind schwache Pflanzen mit oft zu langen Trieben, „dann sind sie im März schlackerig und werden keine schönen Pflanzen“, sagt Schwedtke über zu früh gesäte Tomaten. Meist stehen auf den Pflanztütchen die geeigneten Temperaturen.
Allerdings erhalten Pflanzen im Haus einen Startvorteil gegenüber jenen, die erst später direkt ins Gartenbeet gesät werden. „Das Vorziehen lohnt sich auf jeden Fall, dann setzen Sie dicke, kräftige Pflanzen raus – die können eine ganze Menge mehr ab und außerdem blühen sie deutlich früher“, sagt Profigärtnerin Schwedtke. Die frühe Direktaussaat, etwa im April, könne oft Probleme bringen. „Dann gibt es lange Trockenperioden, sengende Sonne, vielleicht schüttet es manchmal und spült die Saat noch durch die Gegend.“Und dann gebe es Schnecken,
die sich gerne über ganz kleine Pflänzchen hermachen. Auch mit Spätfrösten muss man bis Mitte Mai rechnen.
Es gibt aber auch eine Vielzahl an Pflanzen, die sowieso erst ab Mai ausgesät werden sollten – und die kommen dann natürlich direkt ins Beet. Und es gibt die sogenannten Kaltkeimer: Diese Pflanzen brauchen zum Austreiben einen Kälteschock und kommen daher schon im Herbst oder im Winter im Topf ins Freie. Beispiele dafür sind Eisenhut, Akelei oder Süßdolde.
Im Grunde kann man bei der Aussaat im Haus aber wenig falsch machen. „In der Natur fällt die Saat einfach runter und bleibt liegen“, sagt Schwedtke. Wer die Erfolgschancen
aber erhöhen möchte, achtet zum Beispiel auf Hinweise auf den Samentütchen, ob es sich um Licht- oder Dunkelkeimer handelt. „Es gibt Lichtkeimer, die brauchen gar nicht abgedeckt zu werden, und Dunkelkeimer, über die Substrat gesiebt wird – höchstens so dick, wie das Saatkorn groß ist.“
Wer nur ein paar Pflanzen auf der Fensterbank ziehen möchte, braucht nicht unbedingt Aussaathilfen, sondern kann auch einfache Blumentöpfe, leere Joghurtbecher oder Eierkartons nehmen. Der Becherboden
sollte durchlöchert werden, damit überschüssiges Wasser abfließt. Sind die Sämlinge etwas herangewachsen, müssen sie pikiert werden. Denn sät man viele Samen aus, dann treiben sie sehr dicht beieinander aus. Damit die einzelnen Pflänzchen ausreichend Platz zum Weiterwachsen haben, muss man sie bald auseinander setzen. In der Gartenfachsprache heißt pikieren vereinzeln. „Dabei wird der Sämling vorsichtig an den Keimblättern aus der Aussaaterde gehoben und bis zu den Keimblättern in gute Kulturerde gesetzt“, erklärt Gärtnerin Schwedtke.
„Wenn man begonnen hat, seine Aussaaten zu gießen, dann sollte man auch dabei bleiben, denn ganz frische Keimlinge vertrocknen schnell“, sagt Schwedtke. „Wenn die Sonne scheint, wird mehr gegossen als bei bedecktem Wetter. Aber so was hat man nach einer Weile im Gefühl.“Da die Samen und Sämlinge noch leicht wegschwemmen, sollte man eine zarte Brause nehmen. Auch muss das Samenkorn am Anfang erst in Wasser quellen.
Im Haus ausgesäte Pflanzen profitieren vom Startvorteil