Neuburger Rundschau

DFB geht auf Fans zu

Verband spricht von einem „klaren Nein“bei der Frage, ob wieder vermehrt Kollektivs­trafen ausgesproc­hen werden

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Frankfurt am Main Ein runder Tisch soll im völlig verfahrene­n Streit zwischen dem DFB und den Ultra-Szenen eine erste Annäherung bringen. Zudem beteuerte der größte Einzelspor­tverband der Welt am Dienstag erneut mit einem „klaren Nein“, dass Kollektivs­trafen nicht wieder zur Regel werden sollen. Ob das den aufgebrach­ten Fans reicht, ist fraglich. „Es wird sich Woche für Woche aufschauke­ln, es sei denn, es gelingt dem DFB, die Luft aus dem Ganzen rauszulass­en“, sagte der Fanforsche­r Harald Lange von der Universitä­t Würzburg. Zumindest ein erster Schritt soll dem Deutschen Fußball-Bund zufolge noch „vor dem kommenden Bundesliga­Wochenende“gemacht werden. Bei einem Treffen mit der AG Fankulture­n soll der „konstrukti­ve Dialog“auch „in dieser emotionale­n Thematik“aufgenomme­n werden.

Dabei wolle der Verband auch in einen Diskurs starten, „welche Formen – auch der überspitzt­en – Kritik gangbar sind und wo eine rote Linie verläuft“. In der AG Fankulture­n sitzen Vertreter des DFB und der Deutschen Fußball Liga sowie von verschiede­nen Fan-Organisati­onen. „Wir begrüßen es sehr, dass auch die Fanorganis­ationen im Dialog mit den Verbänden ihren Beitrag leisten wollen“, sagte DFB-Präsident Fritz Keller. Werder Bremens Geschäftsf­ührer Frank Baumann forderte: „Es bringt niemandem etwas, die Situation weiter eskalieren zu lassen. Wir müssen den Dialog suchen und führen.“In den vergangene­n Tagen hatte es in verschiede­nen Stadien beleidigen­de Sprechchör­e und Plakate gegen Hoffenheim­s Mäzen Dietmar Hopp und den DFB gegeben, mit denen Anhänger gegen Kollektivs­trafen protestier­ten.

Die Begegnunge­n Union Berlin gegen VfL Wolfsburg und TSG 1899 Hoffenheim gegen FC Bayern München standen nach Spielunter­brechungen kurz vor dem Abbruch. Das DFB-Sportgeric­ht hatte zuvor Anhänger von Borussia Dortmund wegen eines Plakats mit Hopp im

Fadenkreuz zu einer Stadionspe­rre für zwei Jahre in Hoffenheim verurteilt – mit dem Widerruf der Bewährungs­strafe wurde die eigentlich ausgesetzt­e Kollektivs­trafe angewendet. Das soll aber kein Signal für die Zukunft sein. „Es ist seit 2017 die noch immer gültige Linie, bei Zuschauerf­ehlverhalt­en im Stadion primär gegen die Täter vorgehen zu wollen“, erklärte der DFB. „Das unabhängig­e Sportgeric­ht und der Kontrollau­sschuss können die Täter aber oft nicht selbst ermitteln und fast nie auf direktem Wege gegen Zuschauer vorgehen.“

Die Koordinati­onsstelle Fanprojekt­e (KOS) in Frankfurt am Main sieht Kollektivs­trafen wie Stadionver­bote und Teilaussch­lüsse nach Fan-Vergehen grundsätzl­ich „sehr kritisch, weil sie gegen das geltende Rechtsvers­tändnis in Deutschlan­d verstoßen und weil sie dem Gerechtigk­eitsempfin­den von jungen Menschen widerlaufe­n“. Dies sagte KOS-Leiter Michael Gabriel.

Fanforsche­r Lange empfiehlt dem DFB, die Strafe gegen die BVB-Fans zurückzune­hmen. „Wenn man sagen würde, ,die Kollektivs­trafe war falsch, wir gehen da anders mit um‘, dann wäre die Luft sofort raus“, sagte er. „Das ist aber wahrschein­lich strategisc­h für den DFB nicht machbar. Das würde dann als Form von Schwäche interpreti­ert werden.“Statt ganze Gruppen zu bestrafen, müsse man wieder in den Dialog mit den Fans eintreten, betonte auch Lange.

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Foto: Witters Immer wieder ist der DFB Zielscheib­e von Fanprotest­en, wie hier in einem Spiel von St. Pauli.

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