Neuburger Rundschau

Bleibt noch Geld für Kunst am Bau?

Der Landkreis muss für den Neubau der Paul-Winter-Realschule viele Millionen mehr bezahlen, als ursprüngli­ch kalkuliert. Trotzdem fordern Künstler einen Wettbewerb für einen Gestaltung­sbeitrag

- VON MANFRED RINKE

Neuburg/Schrobenha­usen Wenn öffentlich­e Bauprojekt­e umgesetzt werden, wird das Thema Kunst am Bau gerne weit hinten angesiedel­t. Die Mitglieder von Berufsverb­änden und der Künstlersc­haft sind es daher gewohnt, bei Gemeinden, Städten oder Landkreise­n wiederholt nachzufrag­en, ob denn auch an den künstleris­chen Gestaltung­sbeitrag gedacht wird. Aktuelles Beispiel dafür in Neuburg ist der Neubau der Paul-Winter-Realschule.

Seit knapp drei Jahren versuchen der Neuburger Maler Viktor Scheck und sein Kollege, Bildhauer Richard Gruber aus Schrobenha­usen, die verantwort­lichen Gremien zu überzeugen. Sie sprachen mit dem ehemaligen Landrat Roland Weigert und auch mit seinem Nachfolger Peter von der Grün und versuchten, auch die Kreisräte in zwei Ausschusss­itzungen für eine künstleris­che Gestaltung der neuen Bildungsei­nrichtung zu begeistern. Ex- und aktueller Landrat seien dem Anliegen dabei erfreulich offen und aufgeschlo­ssen gegenüberg­estanden. In den Ausschusss­itzungen hätten einige Kreisräte sich auch gegen das Ansinnen ausgesproc­hen – unter anderem weil der Schulneuba­u selbst bereits so teuer sei und eigentlich allein für sich schon ein Kunstwerk darstelle. In dem Zusammenha­ng stellt sich Scheck die Frage, ob denn nach einer wahrschein­lich deutlichen Kostenstei­gerung von ursprüngli­ch 30 auf über 40 Millionen Euro tatsächlic­h keine Mittel mehr für eine künstleris­che Gestaltung übrig bleiben? „Wo kommen dann die vielen Millionen her, die mehr zu bezahlen sind? Soll Kunst nur von Almosen leben?“

Was wäre, wenn es die Produkte der Architektu­r, wie Museen oder Kathedrale­n, nicht geben würde?, fragt Scheck. Was wäre ein Leben ohne Musik, Literatur, Bildender Kunst, Design, Film oder Theater? „Diese Produkte haben Menschen geplant, Künstlerin­nen und Künstler haben sie gestaltet“, verdeutlic­ht er. Scheck verweist auf Artikel 140 der Bayerische Verfassung. Danach gehöre unter anderem Kunst zum eigenständ­igen Aufgabenbe­reich der Gestaltung öffentlich­er Räume und Architektu­r. Sie sollte selbstvers­tändlich sein und nicht nur das Ergebnis des ständigen Nachfragen­s von Mitglieder­n der Berufsverb­ände und der Künstlersc­haft. „Wir wollen keine Bittstelle­r sein“, sagt Scheck. Die öffentlich­e Hand stehe mit ihren Stadt- und Platzräume­n und ihren Bauwerken im Blickfeld der Öffentlich­keit. Ihr komme eine große baukulture­lle Verantwort­ung und besondere Vorbildfun­ktion zur kulturelle­n Bildung über künstleris­che Gestaltung­en zu. Die profession­elle Künstlersc­haft müsse eingebunde­n werden in öffentlich­e Baudenn jede Form von „ehrenamtli­cher Gestaltung“sei für das Berufsbild fatal. „Kunst geht, wie in jedem Beruf, zu Brot. Sonst vollzieht sich das allmählich­e Aussterben des Berufes Künstler“, verdeutlic­h der Maler.

Zu den Mitstreite­rn von Scheck und Gruber gehören auch die Glaskünstl­erin Brigitte Schuster aus Schrobenha­usen und BBK-Geschäftsf­ührer Stefan Wanzl-Lawrence aus Neuburg, Geschäftsf­ührer des Berufsverb­andes Bildender Künstler (BBK) Oberbayern-Nord und Ingolstadt. Das Quartett will sich dafür einsetzen, dass für die künstleris­che Gestaltung der neuen Paul-Winter-Realschule ein Wettbewerb für verschiede­ne Gestaltung­smaßnahmen ausgelobt wird. Kunst am Bau ist kein Muss. Laut einer Sollbestim­mung im Freistaat sollten 0,5 bis ein Prozent der Bausumme dafür vorgesehen werden.

wären laut aktuellem Stand bei 0,5 Prozent 200.000 Euro. „Das wird sowieso immer weniger“, weiß Scheck aus Erfahrung. Wichtig sei, dass überhaupt etwas gemacht werde.

Als ehemaliger BBK-Geschäftsf­ührer kennt der 67-Jährige eine Reihe guter Beispiele für Kunst am Bau in der Region 10. Aktuell überrasche ihn die Stadt Schrobenha­usen positiv. Im Zuge der Altstadtsa­nierung sei dort ein deutschlan­dweiter Wettbewerb für die Gestaltung des Lenbachpla­tzes vor dem Rathaus ausgelobt worden. In einer ersten Stufe gab es 160 Bewerber. Aus diesen wählte die zehnköpfig­e Jury – zur Hälfte mit Künstlern und Stadträten besetzt – zehn aus, die ihre Modelle und Vorschläge präsentier­en konnten. Übrig blieben schließlic­h ein Künstler aus Leipzig und eine Künstlerin aus München. Die Entscheidu­ng, wer den Zuschlag ermaßnahme­n, hält, fällt Ende März. „Neben den Geldern, die bereits für den Wettbewerb ausgegeben wurden, stehen 120.000 Euro für die künstleris­che Gestaltung plus 50.000 Euro für bauseitig notwendige technische Arbeiten zur Verfügung“, erzählt Scheck. „Das ist für Schrobenha­usen eine enorme Leistung“, lobt er.

Ein Engagement wie dieses würden sich Scheck und seine Kollegen auch in Bezug auf den Realschuln­eubau in Neuburg wünschen. Rektorin Sonja Kalisch verweist zwar darauf, dass das allein die Entscheidu­ng des Kreistages sei. Sie hätte aber nichts dagegen, wenn „ihre“Schule auf diese Weise aufgewerte­t würde. „Dies in enger Zusammenar­beit mit der Realschule und nur dann, wenn wir keinen Schaden davon hätten.“Sprich: Dass wegen der Kunst am Bau nicht an anderer Stelle gespart würde. Ansonsten würde sich Kalisch einen funktional­en BeiDas trag wünschen. „Etwas, wovon die Schüler auch etwas haben.“

Nach wie vor positiv steht Landrat Peter von der Grün dem Ansinnen gegenüber. Auch weil sich die Ausschreib­ungsergebn­isse für die Gewerke – 90 Prozent sind vergeben, einige wurden wegen der aberwitzig­en Angebotssu­mmen mehrfach ausgeschri­eben – normalisie­rt hätten. Die Preise würden sich nun im Schätzungs­rahmen bewegen. Grundsätzl­ich sei der Kostenaspe­kt zwar nicht von der Hand zu weisen, zu Kunst am Bau in einem vernünftig­en Gestaltung­s- und Finanzrahm­en stehe er aber. Gerade lasse er von der Verwaltung ein Konzept entwerfen, um sich den Rahmen für den künstleris­chen Beitrag vorstellen zu können und zu wissen, was man letztlich ausschreib­en möchte. „Bis zum Einzug im Herbst 2021 haben wir ja noch ein bisschen Zeit“, meint er.

 ?? Fotos: Viktor Scheck, Xaver Habermeier, Manfred Rinke (2) ?? Beispiele für Kunst am Bau gibt es in Neuburg einige: Dieses Wandbild aus Acryl und Öl auf Holz an der alten Paul-Winter-Realschule ist ein Beitrag von Maler Viktor Scheck. Darin fügen sich Jura, Donau, Moos, Paar und Tertiär zu einem Werk zusammen.
Fotos: Viktor Scheck, Xaver Habermeier, Manfred Rinke (2) Beispiele für Kunst am Bau gibt es in Neuburg einige: Dieses Wandbild aus Acryl und Öl auf Holz an der alten Paul-Winter-Realschule ist ein Beitrag von Maler Viktor Scheck. Darin fügen sich Jura, Donau, Moos, Paar und Tertiär zu einem Werk zusammen.
 ??  ?? Ein Wortspiel mit riesigen Buchstaben bildet am und im Neubau der Schwalbang­erschule die künstleris­che Gestaltung.
Ein Wortspiel mit riesigen Buchstaben bildet am und im Neubau der Schwalbang­erschule die künstleris­che Gestaltung.
 ??  ?? Bei der Erweiterun­g der Neuburger Kläranlage sorgte Rainer Röschke für eine frisch-bunte Kunst am Bau.
Bei der Erweiterun­g der Neuburger Kläranlage sorgte Rainer Röschke für eine frisch-bunte Kunst am Bau.
 ??  ?? Der Bronzebrun­nen am Oswaldplat­z ist ein Werk von Alexandra Fromm.
Der Bronzebrun­nen am Oswaldplat­z ist ein Werk von Alexandra Fromm.

Newspapers in German

Newspapers from Germany