Angela Merkel: „Es ist nicht egal, was wir tun“
Dritter Toter in Deutschland. Spahn stellt Bürger auf weitere Einschränkungen ein
Berlin Lange hat sie geschwiegen, nun sitzt sie vor den Mikrofonen, ihr Blick ist ernst. Sie spricht von einer „Notsituation“, in der sich Deutschland befinde. Bundeskanzlerin Angela Merkel mahnt im Umgang mit dem Coronavirus zur Besonnenheit – aber auch zum entschlossenen Kampf: „Da sind unsere Solidarität, unsere Vernunft, unser Herz füreinander schon auf eine Probe gestellt, von der ich mir wünsche, dass wir diese Probe auch bestehen.“
Dies sei erst der Anfang der Krise und die weitere Entwicklung nur schwer voraussehbar. Ihre Prognose klingt nicht eben hoffnungsfroh: Weil es bislang weder Therapie noch Impfstoff gebe, sei damit zu rechnen, dass sich 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung anstecken könnten. Es komme deshalb jetzt entscheidend darauf an, die Ausbreitung des Corona-Erregers zu verlangsamen, um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten. Die Maßnahmen der Bundesregierung drehten sich „um das Gewinnen von Zeit“so die Kanzlerin. „Es ist eben nicht egal, was wir tun, es ist nicht vergeblich, es ist nicht umsonst.“Wichtig sei, dass alle staatlichen Ebenen arbeiten könnten, beispielsweise auch die Polizei, und dass wichtige Infrastrukturen funktionierten. Entscheidend sei, dass die Aktionen abgestimmt seien, sagt die Kanzlerin – und kann sich dabei auch einen Seitenhieb auf die Bundesländer nicht verkneifen. „Föderalismus ist nicht dafür da, dass man Verantwortung wegschiebt“, sagt Merkel. Es gelte miteinander abgestimmt vorzugehen – bei gleicher Situation,
egal in welchem Bundesland. Alle Ebenen täten daher auch gut daran, Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) nachzukommen. Und die könnten sich noch verschärfen. RKI-Präsident Lothar Wieler bekräftigte, Deutschland stehe erst am Anfang der Epidemie. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn rief die Bevölkerung auf, sich auf weitere Änderungen ihres Alltags einzustellen. Veranstaltungen könnten abgesagt werden, Unternehmen sollten überlegen, auf Homeoffice umzustellen. Zentral sei es nun, dass es eine Balance gebe zwischen Einschnitten und Verzicht einerseits sowie einem weitergehenden Alltag andererseits.
Die Grünen kritisieren die Bundesregierung unterdessen scharf für ihr Krisenmanagement. „Für die Bekämpfung des Coronavirus brauchen wir mehr europäische Solidarität, Viren machen nicht an Grenzen halt“, sagte der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold unserer Redaktion. „Es ist unsolidarisch, wenn Deutschland die Rufe aus Italien ignoriert und den Export von Schutzkleidung stoppt.“
Im Kreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen ist ein weiterer mit dem Coronavirus infizierter Patient gestorben – es ist der dritte bekannte Todesfall in Deutschland. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation hat sich das Virus inzwischen in 115 Länder ausgebreitet, fast 4300 Menschen sind gestorben. Die WHO stuft den Ausbruch des Coronavirus nun als Pandemie ein, sagte Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus am Mittwoch in Genf. Er kritisierte fehlendes Handeln durch die Staaten weltweit.
„Ich wünsche mir, dass wir diese Probe bestehen.“
Angela Merkel
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