Wie schlimm trifft es die Wirtschaft?
Was führende Ökonomen sagen und wie Ministerpräsident Söder Bayerns Unternehmen unter die Arme greift
München Die Ausbreitung des Coronavirus wird massive Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft haben – zu dieser Einschätzung kommt Timo Wollmershäuser, stellvertretender Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts ifo. Der Schaden für die größte Volkswirtschaft Europas könne einer „ersten groben Schätzung“zufolge bei etwa 50 Milliarden Euro liegen, erklärte Wollmershäuser gegenüber unserer Redaktion. „Eine solche Größenordnung kann ich mir unter den aktuellen Umständen gut vorstellen“, sagte Wollmershäuser. Dies entspräche etwa 1,5 Prozent des deutschen Bruttoinlandprodukts.
Der Ökonom erklärte, noch seien die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen überschaubar. Er rechne aber damit, dass schon bald die meisten Branchen mit Umsatzeinbußen rechnen müssten. Als Gründe nennt Wollmershäuser unterbrochene Lieferketten, das veränderte Konsumverhalten der Menschen, steigende Infizierten-Zahlen und nun auch Schulschließungen, durch die Arbeitnehmer vielerorts zu Hause bleiben müssen, um Kinder zu betreuen.
Mit einer Rezession, also zwei aufeinanderfolgenden Quartalen ohne Wachstum, rechnet Wollmershäuser momentan nicht. „Die Konjunktur ist sehr stark ins Jahr gestartet. Trotz des Coronavirus rechne ich im ersten Quartal mit einem leichten Plus“, sagte der Ökonom. Von April bis Juni sei zwar von einem massiven Einbruch auszugehen, anschließend sehe er aber wieder einen Aufschwung. „Ich gehe davon aus, dass wir uns von den wirtschaftlichen Schäden schnell wieder erholen werden.“
Laut Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), trifft das Coronavirus bislang vor allem den sogenannten sozialen Konsum. Dies betrifft etwa die Kultur-, die
Gastronomie- oder die Reisebranche. Da die Menschen jedoch grundsätzlich vorsichtiger würden, kauften sie auch weniger langfristige Konsumgüter wie beispielsweise Autos. „Das macht es für die Wirtschaft sehr, sehr schmerzvoll“, sagt Fratzscher.
Im Umgang mit dem Virus hänge viel davon ab, wie schnell die Ausbreitung begrenzt werden könne, sagt Fratzscher. „Je länger die Epidemie aber andauert, desto permanenter ist der Schaden und desto geringer sind die Nachholeffekte.“Man müsse sich bewusst sein, dass mit Fortschreiten des Virus eine Rezession „immer wahrscheinlicher“werde. Und wenn in Deutschland – ähnlich wie in Italien – fast alle Geschäfte schließen müssen? „Dann würde das die deutsche Wirtschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit in eine Rezession treiben“, sagt Fratzscher.
Damit die wirtschaftlichen Schäden in Bayern so gering wie möglich ausfallen, hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) einen eigenen „Schutzschirm“angekündigt, der auf den Maßnahmen des Bunds aufbauen soll. Der Bund hatte zuvor unter anderem die Ausweitung des
Kurzarbeitergelds beschlossen. Söder sagte nun, man werde zusätzlich handeln und alles tun, um Firmen und Arbeitsplätze vor den Folgen der Corona-Krise zu bewahren.
Erste Priorität habe die Sicherstellung der kurzfristigen Liquidität für die Unternehmen: „Das grundlegende Problem derzeit ist, dass den Betrieben die Puste ausgeht, das Geld“, sagte Söder. Staatliche Bürgschaften von bis zu 95 Prozent für weitere Unternehmenskredite der Hausbanken sollen hier kurzfristig Abhilfe schaffen. Die bislang dafür bereitgestellten 100 Millionen Euro seien erst ein Anfang, beteuerte Söder. Auch Steuerstundungen sollen möglich sein.
Darüber hinaus soll ein „Bayernfonds“existenziell bedrohte Unternehmen auch mit direkten finanziellen Hilfen des Staates oder gar mit einer staatlichen Beteiligung unter die Arme greifen. Auf ein Volumen wollte sich Söder nicht festlegen. Was immer nötig sei an finanzieller Unterstützung, werde bereitgestellt, sagte er. „Wir haben die Rücklagen, wir haben die Power, aber wir werden diese Power auch brauchen“, erklärte Söder.