So soll die Rückkehr zur Kita-Normalität gelingen
Wenn Bund und Länder heute über Öffnungen der Kindertagesstätten beraten, dient als Grundlage ein Papier mit konkreten Vorschlägen der Familienminister. Dieses sieht vor, in vier Phasen zum Alltag zurückzukehren
Augsburg Die Eltern der rund 3,7 Millionen kleinen Kinder in Deutschland erwarten den heutigen Mittwoch mit Spannung, ebenso wie zehntausende Erzieher. Sie alle fragen sich, wann Kindertagesstätten in Deutschland wieder öffnen, welche Kinder zuerst zurückkommen dürfen und wie es gelingen kann, das Infektionsrisiko dort möglichst klein zu halten. Antworten auf diese Fragen soll es geben, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel heute gemeinsam mit den Ministerpräsidenten der Länder über Lockerungen der Corona-Maßnahmen beraten will.
Als Grundlage für die Beratungen gilt eine Ausarbeitung der Familienminister von Bund und Ländern. Zunächst berichtete der Spiegel über das 18-seitige Papier, in dem zwar konkrete Vorschläge für die Rückkehr zur Normalität genannt werden, jedoch kein Datum, ab dem diese in Kraft treten sollen.
Der Wiedereinstieg in die Betreuung soll in vier Phasen erfolgen. Dieses Modell hatte Familienministerin
Franziska Giffey (SPD) bereits vor wenigen Tagen umrissen. Aus dem Papier der Familienminister geht laut Spiegel hervor, „dass Kitas erst wieder im Normalbetrieb laufen sollen, wenn ein Impfstoff auf dem Markt oder das Infektionsgeschehen weitgehend eingedämmt ist“.
Wie lange das dauern wird, kann niemand sagen. Klar ist lediglich, dass noch mehrere Monate vergehen dürften. Wegen der Corona-Krise sind die Kindertagesstätten seit März geschlossen. Lediglich eine Notbetreuung für Kinder, deren Eltern in systemrelevanten Berufen arbeiten, wird aufrechterhalten. Obwohl diese in einigen Bundesländern mittlerweile ausgeweitet wurde, leiden viele Familien. Neben den Kindern, die seit fast zwei Monaten auf den Kontakt zu Gleichaltrigen verzichten müssen, sind besonders Alleinerziehende betroffen sowie Familien, in denen beide Eltern berufstätig sind.
Familienministerin Giffey hatte bereits Ende April darauf gedrängt, Kindertagesstätten in Deutschland noch vor dem Hochsommer zu öffnen. Nun müsse überlegt werden,
„wie wir zu weiteren Schritten von mehr Normalität kommen können, und nicht erst am 1. August“, hatte Giffey im Deutschlandfunk gesagt.
Ihre Kollegen weisen in ihrem aktuellen Papier jedoch ausdrücklich darauf hin, dass eine Kita-Öffnung „immer nur in strenger Anlehnung an das Infektionsgeschehen erfolgen“könne, berichtet der Spiegel. Aktuell befinden sich die Länder in Phase 1 bis 2 des Modells.
● Phase 1 Lediglich für wenige Kinder – vorrangig die, deren Eltern in der „kritischen Infrastruktur tätig sind“– wird eine Notbetreuung aufrechterhalten.
● Phase 2 In der zweiten Phase sollen Kitas laut Ministerien-Papier zwar geschlossen bleiben, die Notbetreuung jedoch ausgeweitet werden. Neue Schritte sollen im Takt von 14 Tagen angepasst werden, um sie im Hinblick auf das Infektionsgeschehen bewerten zu können.
● Phase 3 Wenn sich die Corona-Lage entspanne, dürfe der Rechtsanspruch auf die Betreuung von Kleinkindern, den Eltern hierzulande haben, nicht länger durch das Infektionsschutzgesetz eingeschränkt werden. Dann dürften alle Kinder wieder in die Kita gehen. Strenge HygieneVorschriften sollen dann aber weiter gelten. Gleichzeitig kann der Betrieb in dieser Phase wieder eingeschränkt werden, wenn die Zahl der Infektionen erneut ansteigt oder nicht genügend Erzieher eingesetzt werden können – etwa, weil sie krank sind oder zu Risikogruppen gehören.
● Phase 4 Wenn ein Impfstoff zur
Verhinderung einer Covid-19-Infektion vorliegt oder die Pandemie weitgehend eingedämmt ist, kann Phase 4 in Kraft treten. Der Betrieb in Kindertagesstätten soll dann kaum mehr eingeschränkt sein. Die Politiker empfehlen bis dahin die Phasen 1 bis 3, die wiederum an bestimmte Rahmenbedingungen geknüpft werden. Details sollen die Länder klären.
Solange Kitas im Notbetrieb laufen, gibt es nur eine begrenzte Anzahl von Betreuungsplätzen. Diese sollen vorrangig Kindern zur Verfügung stehen, die in sozial benachteiligten Familien aufwachsen, da sie oftmals wenig gefördert würden und beengt lebten. Ebenso sollen Kinder bevorzugt werden, die bei Eltern mit psychischen oder körperlichen Beeinträchtigungen aufwachsen sowie Kinder, die nicht gut Deutsch sprechen und Förderung benötigen. Selbiges gilt für Kinder im Vorschulalter, denen der Übergang in die Schule erleichtert werden soll. Alleinerziehende und Elternpaare, bei denen beide Partner berufstätig sind, sollen ebenfalls vorrangig einen Anspruch auf Betreuung ihrer Kinder haben.