Vorsicht vor dem Ammen-Dornfinger
Die Spinnenart kann Menschen ernsthaft beißen. Warum sie auch in Bayern immer häufiger zu finden ist
Sonthofen Aufgrund der CoronaKrise werden viele Menschen wohl Urlaub und Erholung im eigenen Land suchen. Bei Ausflügen in die Natur gibt es sicher viel zu entdecken. Wer sich beispielsweise ins hohe Gras legt und dabei aber plötzlich einen heftigen Schmerz verspürt, sollte daran denken, dass er möglicherweise von einem AmmenDornfinger gebissen wurde. Er ist eine von nur zwei Spinnenarten in Mitteleuropa, die Menschen ernsthaft beißen können. „Der Biss eines Ammen-Dornfingers ist vom Schmerz her in etwa vergleichbar mit dem eines Wespen- oder Bienenstiches“, sagt der Sonthofener Henning Werth, der bei der Regierung
von Schwaben als Biologe beschäftigt ist. Neben dem Dornfinger kann das sonst nur die Wasserspinne, die ebenfalls in Deutschland vorkommt. Spinnenforscher haben beobachtet, dass das Männchen ab Juni vermehrt angetroffen werden kann, das Weibchen ab Juli. Werth vermutet, dass die Spinnenart, die eher im Süden beheimatet ist, sich infolge des Klimawandels immer mehr nach Norden Deutschlands ausbreitet. Auch in Bayern ist sie zu finden. Möglicherweise in immer höheren Lagen des Freistaates, die sonst zu kühl waren für die Spinne.
„Der Dornfinger hat derart ausgeprägte Kieferklauen, dass er die menschliche Haut durchbeißen kann“, erläutert Werth. Ernsthafte gesundheitliche Probleme durch den Dornfinger sind aber bislang nicht bekannt, Todesfälle schon gar nicht. Es kommt zu Schwellungen und Rötungen an der schmerzenden Bissstelle. Manchmal können Lymphknoten ebenfalls anschwellen. „Die Symptome klingen in der
Regel aber nach 24 bis 30 Stunden ab.“
Der Dornfinger ist eine Jagdspinne, die nur nachts unterwegs ist. Tagsüber zieht er sich in sogenannte Gespinste zurück. Das sind Kokons aus Spinnenweben, die sich etwa an Sträuchern oder hohen Gräsern befinden. Darin ruht der Dornfinger tagsüber. Das Weibchen befindet sich nach der Ablage der Eier zudem stets in der Nähe ihres Brutgespinstes und bewacht es. Wer sich nun unbeabsichtigt einem solchen Ruheoder Brutgespinst körperlich nähert, kann gebissen werden. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist laut Werth aber nicht allzu groß. „Wenn man auf den Wegen bleibt, kann eigentlich nicht viel passieren,“sagt der 49-jährige Oberallgäuer.
„Insgesamt weiß man aber nicht viel über das Leben dieser Spinnenart, das weiter erforscht werden müsste.“Das betrifft auch ihre Ausbreitung. Selbst Grünzonen in Großstädten wie Augsburg oder München könnten für sie interessant sein, weil dort kaum Insektizide zum Einsatz kommen. „In der Biologie kann man eine Verschiebung der Fauna beobachten.“Das betrifft natürlich nicht nur Spinnen, sondern viele Arten. Städte bieten oft Nahrungsreichtum. „Das erklärt, warum sich der Uhu oder der Wanderfalke wieder ausbreitet.“
Ähnliches ist für den Dornenfinger denkbar. Also Obacht beim Streifen durch Wiesen und Sträucher. Nicht, dass sich der Dornfinger gestört fühlt.