Wie eine Stammzellenspende abläuft
Bei Typisierungsaktionen bieten sich junge Menschen oft als Spender an. Häufig hören sie allerdings nie mehr davon, denn genetische Zwillinge sind sehr selten. Stefan Meitinger berichtet für K!ar.Text über seine Spende
Neuburg/Aichach Wenn man den Wangenabstrich für die Erfassung als potenzieller Stammzellenspender macht, denkt man selten daran, dass man vielleicht eines Tages als Stammzellenspender auch passt. Kurz vor Weihnachten passierte aber genau das: Ich erhielt eine Mail der Deutschen Knochenmarkspenderdatei, kurz DKMS, dass ich als Spender infrage käme.
Der erste Schritt für die Spende ist eine Blutabnahme, nach der die Blutparameter mit dem potenziellen Empfänger verglichen werden. Zusätzlich musste ich noch einen ausführlichen Gesundheitsfragebogen ausfüllen. Ende Januar war dann Gewissheit, dass die Gewebemerkmale mit dem potenziellen Empfänger zusammenpassen. Jetzt musste ich mir konkret Gedanken über den Ablauf der Spende machen und welches Verfahren ich bevorzuge.
Es gibt zwei Möglichkeiten, wie die Stammzellen entnommen werden können: eine Knochenmarkentnahme am Beckenkamm mit Narkose oder eine Art Dialyse über das Blut (periphere Stammzellenentnahme). Meist entscheiden sich Ärzte und Spender für die periphere Stammzellenentnahme. Der Vorteil ist, dass die Stammzellen genauer herausgefiltert werden können und keine Narkose durchgeführt wird, die immer ein Restrisiko beinhaltet.
Im Vorfeld der Spende wird in der Entnahmeklinik nochmals die Gesundheit des Spenders geprüft sowie eine Urin- und Blutprobe genommen. Wenn hier alle Parameter in Ordnung sind, kann die eigentliche Spende stattfinden. Bei der Voruntersuchung bekam ich eine große Packung Wachstumshormone. Dieser Wachstumsfaktor G-CFS muss über fünf Tage morgens und abends in die Bauchfalte gespritzt werden, um die Anzahl der Stammzellen im Blut zu fördern. Man kann sich die Hormone zwar selbst spritzen, aber ich habe es lieber von meinem Onkel übernehmen lassen. Eine mögliche Nebenwirkung der Wachstumshormone ist, dass man Grippesymptome bekommt. Mir ging es aber zum
Glück die ganze Zeit gut. Im Rücken hatte ich mit zunehmender Dauer ein leichtes Drücken, weil ja jetzt mehr Stammzellen produziert wurden.
Eine Woche nach der Voruntersuchung war es dann so weit und es ging zur Entnahmeklinik. Wo dies war, soll man nicht nennen, damit der Empfänger nicht nachvollziehen kann, wer der Spender ist. Erst nach einer zweijährigen Frist können Spender und Empfänger sich, falls gewünscht, kennenlernen. Diese Regel existiert, um den Spender nicht in einen moralischen Zugzwang zu setzen, falls nochmals Stammzellen benötigt werden.
Problem war nur, dass an diesem Tag Sturmtief Sabine den gesamten Bahnverkehr lahmlegte. Da ich mich fit fühlte, ging es mit dem Auto quer durch Deutschland zur Entnahmeklinik. Am Folgetag war es dann so weit: Beim Frühstück habe ich versucht, wenig zu trinken, um während der Stammzellenspende nicht aufs Klo zu müssen und die Spende zu unterbrechen. Vor der Spende wurde die letzte Dosis an Wachstumshormonen verabreicht.
Danach wurde es ernst: Ähnlich wie beim Blutspenden liegt man auf einem Stuhl, möglichst bequem, da es eine längere Prozedur ist. Auf der linken Seite wurde eine Vene angestochen. Das Blut fließt in eine Zentrifuge, die die Stammzellen von der restlichen Flüssigkeit trennt. Das Blut fließt dann über den rechten Arm wieder zurück in den Körper beziehungsweise den Blutkreislauf. In dem Raum waren drei Spenderplätze, von denen zwei belegt waren.
Ablenkung bot das Ratschen mit dem Spendernachbar und der betreuenden Krankenschwester. Nach zwei Stunden war ich dann fertig. Bis geprüft ist, ob auch ausreichend Stammzellen gewonnen wurden, soll man sich im Hotel zur Verfügung halten. Bei mir waren es zum Glück ausreichend Stammzellen.
Die Stammzellen gehen dann mit einem Kurier zur Person, die für die Stammzellentransplantation mit einer Chemotherapie schon vorbereitet wurde, um die neuen Stammzellen nicht abzustoßen. Der Empfänger ist also ab einem gewissen Zeitpunkt auf die Stammzellen angewiesen und muss sich darauf verlassen, dass der Spender auch wirklich zum Termin erscheint.
Nach dem Ende der Stammzellenspende soll man viel essen und trinken, um den Körper wieder auf Vordermann zu bringen. Die Stammzellen werden nach einer gewissen Zeit im Körper wieder neu gebildet. Insgesamt war die Stammzellenspende eine gewisse Überwindung für mich und die Tage des Spritzens im Vorfeld durchaus anstrengend. Ich würde es aber auf jeden Fall wieder machen. Man kann einem Menschen irgendwo auf der Welt helfen und jeder von uns ist froh, wenn er sich in der gleichen Situation auf jemanden anderen verlassen kann.