Dieser Spanier macht dem Golf Feuer
Den Platzhirsch jagen einige Mitbewerber – sogar die eigenen Geschwister. Warum der Seat Leon eine echte Alternative ist
Die Zeiten, in denen der VW Golf ein Selbstläufer war, neigen sich dem Ende zu. Die Wettbewerber rund um Opel Astra, Toyota Corolla oder Kia Ceed werden immer besser, Marken-intern sorgt der Stromer ID.3 für Konkurrenz. Und dann gibt’s noch die Ableger von Skoda und Seat, die inzwischen weit mehr sind als kleine Geschwister. Der Octavia hat sich als geräumige Alternative etabliert und auch die Neuauflage des spanischen Leon scheint ein Volltreffer zu sein.
Zwar war bis zuletzt auch der Seat vom VW-konzernweiten Auslieferungsstopp wegen Schwierigkeiten mit dem Notrufsystem eCall betroffen – ein Softwareproblem. Kunden dürfen sich trotzdem getrost auf ihr neues Auto freuen. Sie bekommen mit dem nur noch als Fünftürer und Kombi erhältlichen Leon einen richtig schicken Kompakten mit markantem Kühlergrill, scharfen LED-Lichtern und eindrucksvollen Sicken auf der Motorhaube und der Flanke. Am auffälligsten ist das Heck, mit eingezogenem Kofferraumdeckel und durchgängigen in den teureren Ausstattungen ist das wirklich ein Lichtband, die Basis bekommt einen einfachen Reflektor.
Während sich der Leon äußerlich von seinen Geschwistern durchaus absetzen kann, wird innen die Verwandtschaft mehr als deutlich. Das optionale, zehn Zoll große DigitalKombiinstrument ist ebenso vom
Golf 8 bekannt wie das Touchscreen-Infotainmentsystem mit Slider-Flächen, auf denen per Fingerwisch Temperatur und Lautstärke justiert werden können. Allerdings hat Seat fast alle Tasten aus der Mittelkonsole entfernt, die mit einem großen Ablagefach und zwei USBC-Anschlüssen ziemlich aufgeräumt daherkommt. Mit an Bord ist ein diRückleuchten; gitaler Sprachassistent, der auf den Befehl „Hola hola!“anspringt. Auf das Head-up-Display muss man bei Seat verzichten.
Unterm Blech setzt der Leon wie der Octavia auf einen um fünf Zentimeter längeren Radstand als das Wolfsburger Original. Insgesamt konnte der Seat so um neun Zentimeter auf 4,37 Meter zulegen, der
Kombi ist sogar auf 4,64 Meter gewachsen. Die Fond-Passagiere freut’s, sie sitzen gemütlich und deutlich geräumiger als im Golf. Auch das Gepäckabteil hat zugelegt: Bei voller Bestuhlung schluckt der Leon genauso viel wie der VW, mit umgeklappter Rückbank aber gehen über 60 Liter mehr rein.
Geblieben ist die etwas sportlichere Ausrichtung des Spaniers. Mimt der Golf immer noch Everybody’s Darling, setzt der Leon stärker auf die Dynamik-Karte und will die Kunden locken, die Freude am Fahren suchen. Trotz des größeren Radstands fühlt sich der Seat direkter, straffer an als sein norddeutscher Bruder und macht im kurvigen Geläuf richtig Laune. Auch wenn es aus dem Werbeslogan längst verschwunden ist: Auf der Straße gibt’s noch „auto emocion“.
Dass auch der von uns getestete, durchzugsstarke Zweiliter-Diesel mit 150 PS, 360 Newtonmeter Drehmoment und SiebengangDoppelkuppler seinen Teil zum Fahrspaß beiträgt, ist klar. In 8,6 Sekunden schubst er den Spanier auf Tempo 100 und wird nur noch vom gleich starken Otto-Bruder mit 48-Volt-Unterstützung (1.5 eTSI, ab 29050 Euro) unterboten. Beim Verbrauch kann der dem Selbstzünder trotz Elektrifizierung nicht Paroli bieten: Nach WLTP-Lesart gibt sich der TDI mit 3,8 Litern zufrieden. Die Alternativen im Motorenregal sind ein 115 PS starker Diesel oder die zwei schwächere Ottos mit 130 und 90 PS (ab 20 820 Euro). Geplant sind außerdem eine ErdgasVersion und, für das starke CupraModell, ein Plug-in-Hybrid.