Staatsmilliarden retten die Lufthansa
Aktionäre billigen Einstieg des Bundes, Grüne kritisieren mangelnde Klima-Vorgaben
Frankfurt am Main Es war eine Wegmarke, an der die Lufthansa am Donnerstag stand. Erst am frühen Abend entschieden sich die Aktionäre, welchen Pfad sie nehmen wollten: Sie stimmten dem Einstieg des Bundes in das Unternehmen zu und machten damit den Weg frei für das neun Milliarden schwere Hilfspaket. Damit ist der Luftverkehrsriese vor der Pleite gerettet. Bereits am Donnerstagmorgen hatten die Wettbewerbshüter der Europäischen Union den deutschen Rettungsmaßnahmen final zugestimmt.
Im Ringen um das Rettungspaket hatte die Lufthansa-Spitze den Druck auf die Aktionäre weiter erhöht. „Wir haben kein Geld mehr“, sagte Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley bei der außerordentlichen Hauptversammlung. Ohne das Unterstützungspaket hätte die Airline Kley zufolge „in den nächsten Tagen“Insolvenz anmelden müssen. Nach der Annahme des Rettungsplans sagte Kley: „Wir schaffen das!“Alle Augen ruhten an diesem Tag auf Großaktionär Heinz Hermann Thiele, der das Paket eigentlich blockieren wollte. Erst kurz vor Beginn der Versammlung signalisierte er seine Zustimmung. Im Vorfeld hatte sich der SelfmadeMilliardär kritisch über den seiner Meinung nach zu starken Staatseinfluss geäußert. Der Lufthansa-Vorstand verteidigte das Paket aus Beteiligung, stillen Einlagen und Kredit hingegen als alternativlos. Mehr sei nicht durchsetzbar gewesen. Kley sagte: „Für den Staat ist es ein durchaus lukratives Geschäft.“Dennoch gebe die Vereinbarung dem Unternehmen Raum und Zeit, um die Krise zu überwinden.
Schon vor der Hauptversammlung einigten sich Lufthansa und die Kabinengewerkschaft Ufo auf ein Sparpaket im Umfang von einer halben Milliarde Euro. Neben verkürzten Arbeitszeiten, dem Verzicht auf Lohnsteigerungen und Betriebsrentenzahlungen gibt es eine Vielzahl freiwilliger Maßnahmen, um Lohnkosten zu reduzieren.
Nötig geworden waren die Rettungsmaßnahmen für die Lufthansa aufgrund des geschäftlichen Absturzes während der Corona-Pandemie. Die Barreserven der größten deutschen Airline verringerten sich zuletzt monatlich um 800 Millionen Euro, sodass die Zahlungsunfähigkeit drohte. Lufthansa-Chef Carsten Spohr erwartet, dass sich die Nachfrage im Luftverkehr nur langsam erholt und über Jahre unter dem Vor-Corona-Niveau bleibt.
Das Rettungspaket sieht vor, dass der staatliche Wirtschaftsstabilisierungsfonds im Zuge einer Kapitalerhöhung für rund 300 Millionen Euro Aktien zeichnet, um eine Beteiligung von 20 Prozent am Grundkapital der Airline aufzubauen. Ins operative Geschäft mische sich der Bund nicht ein, sagte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Die Beteiligung werde „keinen Tag länger“bestehen als notwendig.
Anton Hofreiter, Fraktionschef der Grünen im Bundestag, ist „erleichtert, dass sich die Hauptversammlung gegen eine Ablehnung des Rettungspakets ausgesprochen hat“. Die Zustimmung der Aktionäre mache aus dem Rettungspaket jedoch „noch lange keinen guten Deal“. Hofreiter ist sich sicher: Es werde sich rächen, dass die Bundesregierung auf klare Vorgaben zum Klimaschutz verzichtet hat. „Fliegen muss künftig klimaneutral werden, nur so sichern wir die Wettbewerbsfähigkeit der Luftfahrtindustrie in Deutschland“, sagte der Grünen-Politiker unserer Redaktion. „Wir fordern die Bundesregierung nun auf, eine aktivere Rolle bei der Rettung des Unternehmens einzunehmen und sich für einen sozialökologischen Umbau der Lufthansa einzusetzen.“Die beiden Posten im Aufsichtsrat müssten mit einem starken Mandat versehen werden.