Schröder ist zurück
Bei einer Anhörung zur Gaspipeline Nord Stream 2 spricht der Bundeskanzler a. D.
Berlin Ex-Kanzler Gerhard Schröder muss sich gedulden, bis er an die Reihe kommt. Schließlich ist es der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses im Bundestag, Klaus Ernst (Linke), der Schröder nach seiner Einschätzung fragt. Die Brisanz der Angelegenheit liegt auf der Hand: Die USA haben bereits Sanktionen gegen das Pipelineprojekt Nord Stream 2 verhängt, im US-Kongress gibt es Pläne für schärfere Sanktionen. Schröder sieht darin einen Schlag gegen die Souveränität Deutschlands und Europas.
Über 120 Unternehmen aus Deutschland und Europa, die mit Nord Stream 2 arbeiten oder gearbeitet haben, wären betroffen, Milliardeninvestitionen bedroht. Schröder weist den Vorwurf zurück, Nord Stream 2 gefährde die Versorgungssicherheit Deutschlands, das Gegenteil sei der Fall. Das ist nicht überraschend, schließlich ist er in erster Linie als Präsident des Verwaltungsrates der Nord Stream 2 AG in den Ausschuss gekommen – ein umstrittener Posten, der Schröder den Vorwurf des FDP-Abgeordneten Reinhard Houben einbrachte, er sei ein „Kreml-Lobbyist“.
Schröder aber lässt so etwas an sich abperlen – und spricht sich dafür aus, dass die Bundesregierung auf EU-Ebene Druck macht, damit Gegensanktionen erarbeitet würden. Andere Sachverständige warnen hingegen vor einer drohenden Sanktionsspirale. Schröder aber meint, man dürfe nicht schon vorher die Flinte ins Korn werfen. Auf die Frage eines Abgeordneten, wie die Russen auf neue US-Sanktionen reagieren könnten, will er nicht antworten. Und wie genau könnten Gegensanktionen der EU aussehen? Dafür sei er kein Experte, das sei Sache der operativen Politik, in der er nicht mehr sei – „was ich nur begrenzt bedauere“, sagt Schröder.
Andreas Hoenig, dpa