Neuburger Rundschau

Der swingende Kommissar

Charles Brauer hat in seinem Leben viele große Rollen gespielt. Man erinnert sich an ihn aber vor allem als Teil eines legendären „Tatort“-Duos

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Er ist ein wenig aus den Schlagzeil­en verschwund­en. Und das wird ihm, so darf man vermuten, nicht unrecht sein. Denn Charles Brauer war nie ein Lauter, er gehörte nicht zu den Schauspiel­ern, die auf dem Boulevard scharrten, um ins Rampenlich­t der Öffentlich­keit zu drängen. Auch in seiner bekanntest­en Rolle als Hamburger „Tatort“-Kommissar Peter Brockmölle­r war der gebürtige Berliner, der an diesem Freitag seinen 85. Geburtstag feiert, keiner wie etwa Til Schweiger. Er jagte die Verbrecher nicht mit rauchenden Colts, sondern stellte sie mit Raffinesse. So ist er vielen Zuschauern bis heute im Gedächtnis geblieben.

Natürlich hat das auch mit seinem kongeniale­n Partner Manfred Krug alias Paul Stoever zu tun. Im noch unvereinig­ten Deutschlan­d guckten teilweise mehr als 20 Millionen Zuschauer

am Sonntagabe­nd dem kauzigen Duo beim Ermitteln zu. In einigen Szenen singen die Polizisten gemeinsam. Krug, der auch als Jazzmusike­r gefeiert wurde, gab den Ton an. Stoever und Brockmülle­r gingen als die „Swinging Cops“in die Krimigesch­ichte ein – und erhielten sogar die „Goldene Schallplat­te“. Die beiden waren im Übrigen auch im wahren Leben befreundet. Kurz vor Krugs Tod, so erzählte Brauer, „kaufte ich uns noch zwei teure Havannas. Wir wollten uns – wie so oft – zusammen eine Zigarre gönnen.“Dazu ist es nicht mehr gekommen.

Die Krimi-Episode war keineswegs die einzige große Rolle

Brauers, der ursprüngli­ch Knetschke hieß, aber Anfang der 50er Jahre den Namen seiner Mutter annahm. Schon früh, mit gerade einmal elf Jahren, debütierte er 1946 im Nachkriegs­drama „Irgendwo in Berlin“. In der in Augsburg spielenden und gedrehten Familiense­rie „Samt und Seide“spielte Brauer viel später, von 2000 bis 2005, in 113 Folgen Wilhelm Althofer, den Direktor eines schwäbisch­en Textilunte­rnehmens, das seine besten Jahre hinter sich hatte. Doch Brauer war keiner, der aufs Fernsehen festgelegt war. Er hatte lange Zeit in Hamburg am Deutschen Schauspiel­haus sowie an den Münchner Kammerspie­len feste Engagement­s und ist auch ein beliebter Sprecher von Hörbüchern. Brauer hat beispielsw­eise Kriminalro­mane von John Grisham mit seiner markanten und vielseitig­en Stimme eingesproc­hen. Erfahrung hatte er in diesem Geschäft schon früh gesammelt. Seine ersten Sprechplat­ten und Kassetten waren Karl-May-Bücher, die damals Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre bei Jugendlich­en ziemlich beliebt waren.

Charles Brauer war mehrmals verheirate­t, darunter von 1966 bis 1976 mit der Schauspiel­erin Witta Pohl („Diese Drombuschs“), mit der er auch zwei längst erwachsene Kinder hat. Heute lebt der Mime mit der Bühnenbild­nerin Lilot Hegi und ihrem gemeinsame­n Sohn in der Schweiz in einem Dorf nahe Basel. Seinen Geburtstag will er mit einer Tour in den Bergen feiern.

Josef Karg

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Foto: dpa

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