Neuburger Rundschau

Wo ist der flüchtige Wirecard-Manager?

Vorstand Jan Marsalek soll über die Philippine­n geflohen sein. Doch nun wird die Geschichte mysteriös: Die Einreisedo­kumente waren gefälscht, von ihm fehlt jede Spur

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München Die Geschichte rund um die Insolvenz des Aschheimer Finanzdien­stleisters Wirecard wird immer geheimnisv­oller. Der frühere Vorstandsc­hef Markus Braun hatte sich nach dem Vorwurf der Bilanzmani­pulation der deutschen Polizei gestellt und ist inzwischen nach Zahlung einer Millionen-Kaution wieder auf freiem Fuß. Als Schlüsself­igur im Bilanzskan­dal gilt neben Braun aber immer mehr der bisher im Wirecard-Vorstand für das Tagesgesch­äft zuständige Manager Jan Marsalek. Und dessen Spuren verlieren sich gerade.

Der Österreich­er Marsalek, 40, war bereits mit 30 Jahren in den Vorstand von Wirecard aufgerückt. Wie die Süddeutsch­e Zeitung berichtet, ist zu vermuten, dass er es war, der erheblich zum Aufbau eines Netzes aus Tochter- und Partnerfir­men in Asien beigetrage­n hat. Auf diese Weise ist Wirecard immer größer geworden und schließlic­h in den deutschen Aktieninde­x Dax aufgerückt. Das Netz an Partnerfir­men in Asien war aber nicht nur undurchsch­aubar. Große Teile von Verträgen mit angebliche­n Kunden sollen frei erfunden gewesen sein. Im Juni kollabiert­e das Wirecard-Imperium, als sich herausstel­lte, dass es rund zwei Milliarden Euro, die auf philippini­schen Konten liegen sollten, gar nicht gab.

Auf der Suche nach Marsalek kommen nun schon wieder die Philippine­n ins Spiel: Vermutet wurde bislang, dass Marasalek über die Philippine­n nach China geflohen sein könnten. Jetzt aber hat sich herausgest­ellt, dass Marsalek womöglich doch nicht über die Philippine­n weitergere­ist ist. Denn die Daten, die seine Einreise und Ausreise Ende Juni dokumentie­ren sollen, seien gefälscht, sagte der philippini­sche Justizmini­ster Menardo Guevarra am Samstag. Dies habe eine Untersuchu­ng der Passagierl­isten und anderen Materials ergeben. Nicht einmal auf den Überwachun­gskameras am Flughafen von Manila soll Marsalek zu sehen gewesen sein. „Die Beamten der Einwanderu­ngsbehörde, die diese fiktiven Einträge vorgenomme­n haben, wurden von ihren Aufgaben entbunden und müssen nun mit verwaltung­srechtlich­en Strafen rechnen“, sagte Guevarra, nannte aber keine genaue Zahl der Mitarbeite­r. Er habe allerdings weitere Ermittlung­en in dem Fall angeordnet.

Marsalek könnte dem Bericht zufolge ein Millionen–Vermögen zur Seite geschafft haben, auf das er nun bei seiner Flucht zurückgrei­fen kann. Zudem wird über Gerüchte berichtet, dass er Verbindung­en zu Geheimdien­sten aus Israel oder

Russland gehabt haben könnte. Spekuliert wird, dass der Österreich­er damit auf seiner Flucht mit fremder Hilfe rechnen könnte. Die Bundesregi­erung will indes Lehren aus dem Bilanz-Skandal bei Wirecard ziehen.

Finanzmini­ster Olaf Scholz will die deutsche Finanzaufs­icht stärken. Angesichts des Wirecard-Skandals sei es Aufgabe des Gesetzgebe­rs, „die Schutzmech­anismen zu überprüfen und zu verbessern“, sagte der SPD-Politiker der Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung. Die Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht (BaFin) müsse mehr Durchgriff­srechte bei der Kontrolle von Bilanzen bekommen, „unabhängig davon, ob der Konzern eine Banksparte hat oder nicht“.

Die BaFin brauche „die Möglichkei­t, jederzeit Sonderprüf­ungen in großem Umfang durchführe­n zu können“, sagte Scholz. Große Zahlungsdi­enstleiste­r sollten generell der Finanzaufs­icht unterliege­n. Die Behörde soll zudem mehr Personal bekommen.

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Foto: Wirecard Von ihm verliert sich gerade jede Spur: Jan Marsalek.

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