Im Dickicht der Aktien-Fonds
Deutschland, das liest man häufig, hat keine starke Aktienkultur. Die Deutschen machen um Aktien einen großen Bogen und verzichten auf Gewinne. Zumindest, als es bergauf ging an der Börse. Der Zins auf Tages- und Festgeld liegt am Boden. Und mit alternativen Investments wie einst mit Genussrechten des insolventen Windkraftbetreibers Prokon sind viele Anleger auf die Nase gefallen.
Wer nun denkt, mit dem Kauf einiger Aktien ist man der Lösung näher, merkt schnell, dass es damit nicht getan ist. War man zum Beispiel überzeugt, dass VW prima Autos baut und Martin Winterkorn ein anpackender Manager ist, dürfte man spätestens in der Diesel-Krise mit VW-Aktien mächtig ins Schleudern geraten sein. Und wer dachte, in das Depot gehörten moderne Digitalunternehmen wie Wirecard, hat in den letzten Wochen eine Horrorfahrt durchlitten. Ein Privatanleger muss schon sehr viele Einzeltitel kaufen, um Verluste ausgleichen zu können. Oder eben auf Aktienfonds setzen, die viele Titel bündeln – wie Obst in einem Korb. Doch leichter wird es damit nicht.
Denn auf dem Finanzmarkt sind zigtausende Fonds zu kaufen. Es gibt Aktienfonds, die in Deutschland, den USA oder Indien investieren, solche, die den Dax nachbilden oder solche, die sich nur auf Biotechnologie oder dividendenstarke Titel konzentrieren. Allein die Stiftung Warentest vergleicht regelmäßig 20 000 Fonds. Der Anleger steht vor einem Dickicht. Es wimmelt vor Abkürzungen. Wie soll hier Vertrauen entstehen? Die Titel und Wertpapierkennnummern sind abstrakt und meist nichtssagend. Ein Beispiel, ohne hier Werbung zu machen: Ein nachhaltig anlegender Fonds, auf den Finanztest aktuell hinweist, nennt sich „iShares MSCI World SRI“. Solche Namen dürften den wenigesten Sparern etwas sagen. Ohne unabhängige Berater, zumindest aber ohne Lektüre von Test-Ergebnissen, ist der Anleger aufgeschmissen. Selbst ein Sparplan für die eigenen Kinder gerät da zur Wissenschaft.
Deutschland mag keine richtige Aktienkultur haben. Bis zu einer „Fondskultur“ist der Weg aber erst recht weit. Ich habe den Eindruck, dies liegt nicht allein an den Kunden.