Neuburger Rundschau

Lästig, aber wichtig

Viele Menschen müssen die Masken mehrere Stunden am Stück tragen. Nicht selten sind Müdigkeit und Kopfschmer­z die Folge. Wann das zum Problem wird und warum wir sie trotzdem brauchen

- VON ELENA WINTERHALT­ER

Neuburg Wer im Einzelhand­el, im Pflegedien­st, im Krankenhau­s, in Arztpraxen, im Friseursal­on oder in der Gastronomi­e arbeitet, wer in den vergangene­n Wochen lange Zugfahrten gemacht hat – kurzum – fast jeder kann wohl Situatione­n beschreibe­n, in denen der Mund-Nasen-Schutz zur Belastung wurde. Und auch demjenigen, der die Maske nur beim Einkauf oder im öffentlich­en Nahverkehr trägt, kommen folgende Szenarien sicher bekannt vor:

Man rennt zur wartenden S-Bahn, geht Treppenstu­fen nach oben und hat das Gefühl, völlig außer Atem zu sein, kommt als Brillenträ­ger von draußen in einen geschlosse­nen Raum und verliert wegen beschlagen­er Gläser erst mal für einige Momente die Orientieru­ng, zieht sich die Maske vom Gesicht, weil man endlich wieder durchatmen will, dabei verhakt sich der Brillenbüg­el in den Gummibände­rn und mit dem Mundschutz zieht man sich gleich auch die Brille aus dem Gesicht. Viele dieser Unannehmli­chkeiten, die uns die Maskenpfli­cht beschert, sind nicht viel mehr als das: eine unangenehm­e Sache, ärgerlich, manchmal peinlich. Aber nicht bedrohlich. Oder? Besonders Menschen, die die Maske viele Stunden am Stück tragen müssen, berichten von Kreislaufp­roblemen, Kopfschmer­zen, Müdigkeit oder Atemwegsre­izungen.

Einige dieser körperlich­en Beschwerde­n kennt auch Elke Schwierz. Die Friseurmei­sterin ist froh, dass sie wieder arbeiten kann, die Maske macht den Arbeitsall­tag aber beschwerli­ch. „Ich habe das Gefühl, mein Hals ist durch das lange Atmen mit Maske gereizt und sehr anfällig“, sagt Schwierz. Besonders bei Temperatur­en über 25 Grad staut sich die Hitze unter der Maske und das Atmen fällt noch schwerer.

Auch Iris Hammerer, Servicelei­tung im Gasthaus zur blauen Traube in der Neuburger Altstadt, kann ein Lied davon singen. „Als es noch kühler war, ging es. Jetzt ist es schlimm.“Immer wieder beklagen sich Kolleginne­n und Kollegen über Kopfschmer­zen, Hautirrita­tionen in dem Gesichtsbe­reich, der von der

Maske abgedeckt wird. „Es wächst auch ein gewisses Unverständ­nis“, sagt Iris Hammerer. „Der Gast darf und muss zum Essen die Maske absetzen. Und wer schützt uns?“Besonders die langen Tage, an denen sie und ihr Team die Maske bis zu acht, neun Stunden – natürlich mit Pause – tragen müssen, werden bei steigenden Temperatur­en mehr und mehr zur Belastung. Aber kann es für unsere Gesundheit tatsächlic­h schädlich sein, viele Stunden am Stück eine Maske zu tragen?

Einer, der es einschätze­n kann und das Maskengefü­hl selbst gut kennt, ist Arnfin Bergmann. Der Neurologe trägt in seiner Praxis seit 1. März dieses Jahres genau wie sein Team Atemschutz­masken der

Schutzklas­se FFP2. „Natürlich ist es mühsam, vor allem, wenn es wärmer wird“, sagt der Mediziner. Grundsätzl­ich sei das Tragen einer Maske über mehrere Stunden unbedenkli­ch. Es gibt aber durchaus Bevölkerun­gsgruppen, für die das Tragen der Maske unerträgli­ch ist. „Ich habe Patienten mit Platzangst. Für die ist dieses Gefühl von Enge schwer zu ertragen“, so Bergmann. Auch für Menschen mit chronische­n Atemwegser­krankungen oder bestimmten psychische­n Erkrankung­en kann die Maske zum Problem werden.

Bergmann betont, dass es unter Umständen auch auf die Art der Maske ankomme, wie gut man damit zurechtkom­mt. „In der Krise sind viele Masken auf den Markt gekommen, die nicht geprüft oder zertifizie­rt wurden. Allergiker können durchaus auf bestimmtes Material in solchen Masken reagieren.“Beim Kauf sollten Betroffene auf das CEZertifik­at achten. Den ganzen Tag hält es auch Bergmann nicht unter der Maske aus. „Ich mache immer wieder Pausen und nehme die Maske ab.“

Diese Verschnauf­pausen braucht auch Elke Schwierz, doch gehen die im Trubel des Arbeitsall­tags allzu gerne mal unter. Trotz der Einschränk­ungen durch den Mund-Nasen-Schutz fühlt sie sich aber wohler mit Maske. Obwohl Typberatun­gen ohne Maske vor dem Gesicht deutlich leichter fallen und schon der ein oder andere Masken-Gummizug der Haarschnei­deschere zum Opfer fiel. „Wir sind dann doch nah an den Kunden dran. Abstand halten ist bei uns unmöglich. Deshalb hat das schon seinen Sinn.“

So sieht es auch Arnfin Bergmann. Auch wenn das Infektions­geschehen im Landkreis aktuell aufatmen lässt, der Mediziner bezeichnet die Sicherheit als „trügerisch“. „Das Virus ist nicht weg. Wir hatten im Landkreis wirklich viel Glück, sehen aber, wie schnell die Zahl der Infizierte­n an anderen Orten wieder ansteigt.“Deshalb wiederholt er, was seiner Meinung nach wirklich hilft: Abstand halten, Hände waschen und eben Maske tragen.

 ?? Fotos: Winfried Rein (3), Elena Winterhalt­er ?? Ob Japaner „Franz“(o. l.) in Shinshiro, Feuerwehrm­ann Philippe (o. r.) in der südfranzös­ischen Partnersta­dt Sète, Friseurmei­sterin Elke Schwierz (u. l.) in Neuburg – die Maske ist zum täglichen Begleiter geworden, ob wir nun wollen oder nicht, so wie der Mann auf dem Foto links unten.
Fotos: Winfried Rein (3), Elena Winterhalt­er Ob Japaner „Franz“(o. l.) in Shinshiro, Feuerwehrm­ann Philippe (o. r.) in der südfranzös­ischen Partnersta­dt Sète, Friseurmei­sterin Elke Schwierz (u. l.) in Neuburg – die Maske ist zum täglichen Begleiter geworden, ob wir nun wollen oder nicht, so wie der Mann auf dem Foto links unten.
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