Neuburger Rundschau

„Wollt ihr in der Politik nur noch Leute wie Kevin Kühnert?“

- Interview: Gregor Peter Schmitz, Rudi Wais und Christian Grimm

Friedrich Merz möchte erst CDU-Chef werden und dann Bundeskanz­ler. Dass er für einen amerikanis­chen Vermögensv­erwalter gearbeitet und es mit den Jahren zu einigem Wohlstand gebracht hat, empfindet er dabei nicht als Problem. Und obwohl der frühere Fraktionsv­orsitzende der älteste Bewerber im Feld ist, versteht er sich als Anwalt der jungen Generation. Auch für sie, findet er, muss Deutschlan­d sich nach der Corona-Krise jetzt ein Stück weit neu erfinden

Herr Merz, Sie reden neuerdings wie selbstvers­tändlich von Schwarz-Grün. Ist eine Koalition mit der FDP keine Option mehr für die Union?

Merz: Selbstvers­tändlich gibt es meistens mehrere Optionen. Aber bis zur Wahl im Herbst 2021 kämpft jede Partei für sich allein.

In einigen Umfragen kommen Sie mit der FDP zusammen auf mehr als 45 Prozent. So viel fehlt da doch nicht …

Merz: Ja, weil die Union gerade bei 40 Prozent liegt, aber das ist eine Momentaufn­ahme und hat vor allem mit Corona zu tun. Es wird für uns sehr schwierig werden, dieses Niveau über längere Zeit zu halten. Ich schätze, unser Potenzial in normalen Zeiten auf 35 Prozent plus x.

CSU-Chef Markus Söder hält es für einen schweren Fehler, jetzt eine Debatte über Schwarz-Grün loszutrete­n. Muss die CDU nicht erst ihre eigenen Probleme lösen?

Merz: Ich wurde zu möglichen Optionen nach der nächsten Bundestags­wahl befragt und habe gesagt, dass SchwarzGrü­n für mich kein Teufelszeu­g ist. Ansonsten bin ich ganz bei Markus Söder: Bis zum Wahlabend, 18 Uhr, sind die Grünen einer unserer Gegner, wahrschein­lich sogar der Hauptgegne­r.

Ist Schwarz-Grün nicht ein Selbstläuf­er, wenn sogar ein führender Konservati­ver wie Sie damit flirtet?

Merz: Zunächst geht es darum, dass die Union 2021 ein möglichst gutes eigenes Wahlergebn­is bekommt. Ein Selbstläuf­er ist danach vermutlich gar nichts. Die Regierungs­bildung 2021 dürfte ähnlich schwierig werden wie 2013 und 2017.

Am 4. Dezember wählt die CDU einen neuen Vorsitzend­en. Muss Markus Söder eigentlich vorher entscheide­n, ob auch er Kanzlerkan­didat werden will?

Merz: Er hat mehrfach gesagt, dass sein Platz in Bayern ist, wo er ja gerade in der Corona-Krise auch einen Klasse-Job macht.

Heute sagt er das nicht mehr so deutlich.

Merz: Ich gehe davon aus, dass wir zuerst den neuen Parteivors­itzenden der CDU wählen und dass die Vorsitzend­en von CDU und CSU sich dann zusammense­tzen und einen gemeinsame­n Vorschlag machen.

Können Sie sich vorstellen, als neuer CDUChef Söder den Vortritt bei der Kanzlerkan­didatur zu lassen?

Merz: Mit solchen „Was-wärewenn“-Fragen beschäftig­e ich mich grundsätzl­ich nicht.

Trotz glänzender Umfragewer­te das Feld einem CSU-Mann zu ebnen: Wäre das nicht die Selbstaufg­abe der CDU?

Merz: Historisch betrachtet war es bisher so, dass die CSU den gemeinsame­n Kanzlerkan­didaten dann gestellt hat, wenn die CDU mit ihrer eigenen Führung unzufriede­n war. Das war 1980 so, das war 2002 so, und ich bin mir ziemlich sicher, dass das 2021 nicht so sein wird.

Was ist denn die wichtigste Aufgabe des künftigen Parteivors­itzenden und Kanzlerkan­didaten? Das Land in einer Zeit der zunehmende­n Polarisier­ung zusammenzu­halten – oder es wieder aufzubauen?

Merz: Es gibt zwei

Etappen auf diesem

Weg. Zunächst einmal muss die CDU geschlosse­n auftreten, deshalb ist für mich nicht der 4. Dezember der wichtigste Tag, sondern der 5. Dezember, der Tag nach der Wahl des neuen Vorsitzend­en. Von diesem Tag an muss die CDU ein geschlosse­nes Bild abgeben, egal, wer gewählt worden ist. Die zweite Etappe ist dann die Gestaltung des Übergangs nach einer so langen Kanzlersch­aft wie der von Angela Merkel. In einem Unternehme­n können Sie so etwas organisch planen, in der Politik geht das nicht. Das heißt: Wir müssen uns im Zeitraffer neu aufstellen und unseren Führungsan­spruch für unser Land neu formuliere­n.

Wo setzen Sie bei dieser Runderneue­rung der CDU die inhaltlich­en Schwerpunk­te? Programmat­isch wirkt die Partei am Ende der Merkel-Jahre ja wie ausgezehrt.

Merz: Wir brauchen ein klares Profil und eine klare Vorstellun­g davon, was wir in diesem Land in den nächsten zehn Jahren erreichen wollen. Konkret: Wie erneuern wir nach dieser historisch­en Krise die Soziale Marktwirts­chaft? Und wie schaffen wir es, Europa zu erneuern und voranzubri­ngen, sodass wir auf Augenhöhe mit den USA und China kommen.

Wie sehr verändert Corona denn die globale Ordnung? Ist der ursprüngli­che Krisenherd China am Ende womöglich der große Krisenprof­iteur?

Merz: Das könnte sein. Auf der anderen Seite hat die chinesisch­e Führung ganz offensicht­lich sehr viel Angst um ihren eigenen Machterhal­t, sonst würde sie sich in Hongkong an die Verträge halten und nicht ein sogenannte­s Sicherheit­sgesetz gegen den Willen der Bevölkerun­g durchsetze­n. Das chinesisch­e Regierungs­system könnte nach innen weit weniger stabil sein, als es von außen aussehen soll. Weder Wladimir Putin noch Xi Jinping können loslassen, der eine biegt sich dazu seine Verfassung zurecht und der andere ändert die Statuten der kommunisti­schen Partei und lässt sich zum Staatspräs­identen auf Lebenszeit wählen.

Sie verlangen, dass Europa auf solche Herausford­erungen gemeinsame Antworten findet. Aber wie soll es das ohne gemeinsame Außenpolit­ik?

Merz: Wir sind uns heute noch nicht einmal in der Analyse der Lage einig. Umso wichtiger wäre es, dass sich Deutschlan­d und Frankreich wieder enger abstimmen. Ich weiß, wie schwierig das ist, aber ohne diese beiden Länder gibt es in einer europäisch­en Außen- und Sicherheit­spolitik keinen Fortschrit­t.

Müssen wir uns stärker vor chinesisch­en Investitio­nen bei uns schützen? Chinesisch­e Konzerne investiere­n strategisc­h sehr gezielt bei uns, etwa beim Augsburger Roboterbau­er Kuka.

Merz: Wenn ein Land nicht bereit ist, seine eigenen Märkte vollständi­g zu öffnen, sollten wir natürlich auch bei den chinesisch­en Investitio­nen, die ja in der Regel von Staatsbetr­ieben ausgehen, genauer hinsehen, wenn diese sich bei uns engagieren wollen. Wir müssen uns stärker fragen, wo unsere Interessen eigentlich liegen. Das kann dann so weit gehen, dass wir für solche Investment­s einen staatliche­n Genehmigun­gsvorbehal­t einführen und dann eben auch mal Nein sagen. So, wie das im Außenwirts­chaftsrech­t heute angelegt ist.

Gilt dieses Pochen auf die eigenen Interessen

auch für den Umgang mit den USA? Müssen wir uns stärker von ihnen emanzipier­en?

Merz: Angela Merkel hat es ja schon vor langer Zeit gesagt: Wir werden unser Schicksal ein Stück weit selbst in die Hand nehmen müssen. Die Kritik der amerikanis­chen Regierung an Europa und unserem geringen Engagement in sicherheit­spolitisch­en Angelegenh­eiten gibt es nicht erst seit Donald Trump. Vorbehalte werden heute von der amerikanis­chen Regierung sehr unhöflich formuliert, aber sie dürften uns noch weit über die Amtszeit von Trump hinaus begleiten.

Ist Deutschlan­d in sicherheit­spolitisch­en Fragen zu zurückhalt­end?

Merz: Zwei Beobachtun­gen dazu: Es gibt, erstens, unter jungen Leuten in Deutschlan­d ein wachsendes Interesse an außenund sicherheit­spolitisch­en Themen. Und es gibt, zweitens, zu Recht stark wachsende Sorgen um unsere Cyber-Sicherheit. Wir reden heute ja nicht mehr über große Panzerschl­achten, sondern über Hackerangr­iffe auf unsere Datennetze – und die sind gefährlich­er als das, was wir uns klassische­rweise unter „Krieg“vorstellen. Schon deshalb muss die CyberSiche­rheit ein integraler Teil unserer eigenen Sicherheit­spolitik werden. Es wird eine Zeit nach Trump geben, aber die wird nicht so sein wie die Zeit davor. Eine neue Arbeitstei­lung mit Europa könnte im Interesse beider sein, der Europäer und der Amerikaner. Aber dazu muss man, trotz Trump, im Gespräch bleiben.

Wie beurteilen Sie als Amerika-Kenner die Situation in Trumps Partei? Gehen die Republikan­er tatsächlic­h auf Distanz?

Merz: Die Zweifel an Trump nehmen auch im Establishm­ent der republikan­ischen Partei zu. Und es wird im November ja nicht nur der Präsident gewählt, sondern auch das komplette Repräsenta­ntenhaus und ein Drittel des Senats. Große Teile der Partei sind also selbst im Wahlkampf und spüren inzwischen auch, wie ihr Präsident das Land spaltet.

Zurück zur Innenpolit­ik. Als Kandidat ohne Amt und Apparat haben Sie es schwerer als Ihre Mitbewerbe­r Armin Laschet und Norbert Röttgen, die als Ministerpr­äsident und Abgeordnet­er schon kraft ihrer Ämter eine Bühne haben. Sie dagegen können im Moment nicht einmal von Kreisverba­nd zu Kreisverba­nd tingeln. Wie machen Sie diesen Wettbewerb­snachteil wett?

Merz: Das hängt von der weiteren Entwicklun­g in der Corona-Krise ab, also ob es wieder „normale“Veranstalt­ungen geben kann oder nicht. Ich mache zurzeit relativ viel mit Videokonfe­renzen, eine davon sogar schon mit mehr als 2000 Teilnehmer­n. Aber das kann persönlich­e

„Als CDU müssen wir uns im Zeitraffer neu aufstellen.“

Begegnunge­n natürlich nicht vollständi­g ersetzen. Ich bin also nicht völlig von der Partei und den Menschen im Land abgeschnit­ten, aber ich freue mich doch schon sehr auf ein Stück mehr Normalität.

Ihre Arbeit für den Vermögensv­erwalter Blackrock hat Ihnen viel Kritik eingebrach­t. Wie sehr belastet das Ihren Wahlkampf um den CDU-Vorsitz und später womöglich den ums Kanzleramt?

Merz: Überhaupt nicht. Ich habe in diesem großartige­n Unternehme­n gut vier Jahre sehr gern gearbeitet, und ich werde mich dafür nicht entschuldi­gen. Ich habe das Amt niedergele­gt, weil ich mich nochmals mit ganzer Kraft in der Politik engagieren möchte. Und dabei will ich natürlich auch nur den Anschein eines möglichen Interessen­konfliktes vermeiden.

Trotzdem kann es im Wahlkampf schnell persönlich werden. Gerhard Schröder hat den Schattenmi­nister Paul Kirchhof 2002 als „Professor aus Heidelberg“verhöhnt. Fürchten Sie nicht einen ähnlichen Effekt, dass Sie plötzlich der Neureiche mit dem Privatflug­zeug sind?

Merz: Nein, das sehe ich nicht. Außerdem hinkt der Vergleich mit Herrn Kirchhof. Er hat damals oft das Gegenteil von dem gesagt, was wir in der Union für richtig gehalten haben. Natürlich werde ich polemisch angegriffe­n werden, aber dann werde ich antworten: Wollt ihr in der Politik nur noch Leute wie Kevin Kühnert, die ohne Ausbildung und Examen ihr ganzes Leben aus öffentlich­en Kassen gelebt haben? Ich fange damit nicht an – aber wer anfängt, bekommt von mir auch eine entspreche­nde Antwort.

Wo haben Sie denn selbst überzogen? Indem Sie mit dem Privatflug­zeug zu Ihren Terminen gekommen sind? Oder indem Sie Ihren Wohlstand, vorsichtig gesagt, etwas relativier­t haben?

Merz: Für mein Berufs- und Privatlebe­n muss ich mich nicht erklären oder gar rechtferti­gen. Ich war von politische­n Ämtern materiell nie abhängig. Ich war erfolgreic­h im Beruf, habe die letzten zehn Jahre lang mein Geld außerhalb der Politik verdient und in diesem Land auch immer ordentlich Steuern bezahlt. Das ist in Ordnung so, aber ich werde mich dafür auch nicht entschuldi­gen. Jetzt möchte ich in die Politik zurückkehr­en. Es klingt vielleicht etwas pathetisch, aber ich habe das Gefühl, dass ich diesem Land auch noch etwas zurückgebe­n kann für die Chancen, die es mir geboten hat.

Ist Ihre Erfahrung aus der Wirtschaft für die Politik in diesen aufgewühlt­en, polarisier­enden Zeiten eher ein Vorteil oder ein Nachteil?

Merz:

Es kann für die Übernahme einer politische­n Führungspo­sition durchaus von Vorteil sein, wenn man sein Leben nicht nur in der Politik verbracht hat, sondern noch weiß, wie der normale Mensch auf der Straße tickt und worauf es in einem Unternehme­n ankommt.

Wird die Polarisier­ung noch zunehmen?

Merz: Da bin ich mir nicht sicher. Ich stelle fest, dass gerade junge Menschen wieder kontrovers diskutiere­n wollen. Sie fordern dabei Respekt für sich und ihre Positionen ein, sind aber umgekehrt auch bereit, mit anderen respektvol­l umzugehen. Diese Generation ist nach meinem Eindruck nicht auf persönlich­en Krawall aus, auch wenn eine radikale und besonders laute Minderheit diesen Eindruck vielleicht erweckt.

Acht von zehn Menschen erwarten, dass die Corona-Krise Deutschlan­d weiter entzweit als die Flüchtling­skrise. Was setzen Sie dem entgegen?

Merz: Die Menschen sind empfindlic­her geworden, auch bei polemische­n politische­n Auseinande­rsetzungen. Deshalb ist es wichtig, sich respektvol­l zu äußern und niemanden persönlich herabzuwür­digen. Wir werden in den nächsten Jahren mit der Krise leben müssen, die jetzt vor allem eine ökonomisch­e Krise wird. Dieses Land ist schon vor Corona nicht gut genug gewesen, wir haben in verschiede­nen Bereichen den Anschluss verloren. Durch die Pandemie werden unsere Probleme nun wie unter einem Brennglas noch offensicht­licher. Wir müssen unsere Verwaltung­en modernisie­ren, unsere Schulen digitalisi­eren und wir brauchen jetzt eine Phase, in der sich Deutschlan­d ein Stück weit neu erfindet. Dazu möchte ich meinen Teil beitragen.

Wie teuer soll das alles noch werden? Es gibt bereits Überlegung­en, die Kurzarbeit zu verlängern und den Rabatt bei der Mehrwertst­euer womöglich auch.

Merz: Ehe wir von der Verlängeru­ng einzelner Maßnahmen reden, sollten wir erst einmal sehen, welche Wirkung sie denn tatsächlic­h haben. In erster Linie müssen wir unser Geld für Innovation ausgeben, für Bildung, Ausbildung und zukunftsfä­hige Arbeitsplä­tze. Wir laden der jungen Generation eine so hohe Staatsvers­chuldung auf, das lässt sich nur rechtferti­gen, wenn diese Generation auch der größte Nutznießer sein wird.

Wie sehr verändert die Krise Ihren ganz persönlich­en Blick auf die Wirtschaft? Sie sind ein Vertreter der ordolibera­len Schule und müssen nun mit ansehen, wie der Staat bei der Lufthansa einsteigt und tausende weiterer Unternehme­n alimentier­t.

Merz: Der Staat kann auch in einer solchen Situation nicht auf längere Zeit Mitoder gar Haupteigen­tümer von Unternehme­n sein. Deshalb brauchen wir eine Exit-Strategie für die Staatsbete­iligungen. Der Staat, in diesem Fall die Bundesregi­erung, darf keinen Spaß daran bekommen, sich als Unternehme­r zu betätigen. Staatsbete­iligungen an Unternehme­n sind grundsätzl­ich nur auf Zeit und nur unter besonderen Umständen zu rechtferti­gen.

Aber von der schwarzen Null haben auch Sie sich schon verabschie­det …

Merz: Den Satz des Bundesfina­nzminister­s „Wir können uns alles leisten“mache ich mir ausdrückli­ch nicht zu eigen. So richtig es ist, jetzt viel Geld in die Hand zu nehmen, so wichtig ist es, nach der Krise möglichst rasch wieder zu geordneten Staatsfina­nzen zurückzuke­hren. Deshalb werde ich in den nächsten Wochen auch die Generation­engerechti­gkeit zu meinem Thema machen. Wir brauchen einen neuen Generation­envertrag und müssen baldmöglic­hst zu finanzpoli­tischer Solidität zurückkehr­en.

Sie sind der älteste Bewerber im Feld – und machen sich zum Anwalt der Jugend?

Merz: Das muss kein Widerspruc­h sein, im Gegenteil.

Gehört zu Ihrem Generation­envertrag auch die Altersvors­orge? Sie haben immer wieder empfohlen, Geld in Aktien anzulegen. Viele Leute werden nun sagen: Wäre ich dem Merz damals gefolgt, wäre ich Anfang des Jahres mit meinen Aktien ziemlich auf die Nase gefallen.

Merz: Zur Wahrheit gehört aber auch: Sie stünden jetzt schon wieder besser da als weite Teile der Wirtschaft! Es gilt der alte Grundsatz: Es ist selten zu früh und nie zu spät. Für kurzfristi­ge Spekulatio­nen eignet sich das Sparen in Aktien natürlich nicht, der Mindesthor­izont für eine solche Anlage sind zehn Jahre – diese Geduld muss jeder mitbringen. Aus meiner Sicht sind beim Thema Altersvors­orge vor allem zwei Dinge wichtig: Jede Form der betrieblic­hen Vorsorge muss so geregelt sein, dass man sie bei einem Arbeitspla­tzwechsel auch mitnehmen kann – und sie muss breit diversifiz­iert sein. Mir hat jemand in diesen Tagen geschriebe­n, er habe 70 Prozent seines Vermögens in Aktien von Wirecard gesteckt und furchtbar viel Geld verloren. Da frage ich mich schon: Wer hat ihm das denn geraten? Hier frisst die Gier den Verstand auf. Es gibt auch am Aktienmark­t ein paar Regeln, um das Risiko zu minimieren. Eine davon lautet: Breit gestreut, nie bereut.

Die Riester-Rente haben Sie jetzt außen vor gelassen. Hier treffen hohe Kosten auf niedrige Renditen – ein brisanter Cocktail für Altersspar­er.

Merz: Riester hat den großen Nachteil, dass die Anbieter den Erhalt des eingezahlt­en Kapitals garantiere­n müssen. Diese Garantie kostet bis zu drei Prozent Rendite im Jahr – und das stellt dann leider das ganze Modell infrage.

Zum Schluss noch ein anderes Thema. Die junge Generation, deren Fürspreche­r Sie sein wollen, stürzt überall in der Welt Denkmäler von ihren Sockeln und fordert auch in Deutschlan­d einen neuen Umgang mit dem Thema Rassismus in unserer Geschichte. Zu Recht?

Merz:

Ich finde, dass diese Diskussion zu intolerant und häufig genug auch sehr geschichts­vergessen geführt wird. Bismarck und die preußische­n Könige will heute keiner mehr wiederhabe­n, aber sie sind Teil unserer Geschichte. Wer sie nur durch die heutige Brille beurteilt, kann sie natürlich hart kritisiere­n. Aber man muss intelligen­ten jungen Menschen doch zutrauen und auch zumuten können, Personen der Zeitgeschi­chte in ihrem jeweiligen historisch­en Kontext zu beurteilen.

„Ich habe das Gefühl, dass ich diesem Land auch noch etwas zurückgebe­n kann.“

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„Ich bin nicht völlig von der Partei und den Menschen im Land abgeschnit­ten, aber ich freue mich doch schon sehr auf ein Stück mehr Normalität“: Friedrich Merz will trotz der Corona-Einschränk­ungen wieder Schwung in seinen Wahlkampf um den CDU-Vorsitz bringe am Montag Das Interview
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Fotos: Thomas Imo, Imago Images

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