Das Jawort muss warten
Wegen der Corona-Krise werden in Bayern viele Hochzeiten auf das nächste Jahr verschoben. Doch 2021 könnte es für Heiratswillige eng werden. Experten sagen, was zu tun ist
Augsburg Wer demnächst Hochzeit feiern will, braucht jede Menge Geduld, Flexibilität und starke Nerven. Angesichts der Corona-Krise haben viele Paare ihre Hochzeit 2020 abgesagt, umgeplant oder aufgeschoben. Für das kommende Jahr rechnen Hochzeitsplaner mit einem umso größeren Ansturm auf Standesämter und Hochzeitslokale. Auch in der Region wird es zu Engpässen kommen, sagen Experten. Sie raten Paaren, ihre Feier besonders sorgfältig zu planen – oder vielleicht sogar Alternativen zu einer Hochzeit 2021 zu finden.
Svenja Schirk, Sprecherin vom Bund deutscher Hochzeitsplaner, sagt: „2021 wird alles extrem knapp, was mit Hochzeit zu tun hat.“Das Hauptproblem sei die Suche nach einer Location. Aber auch gefragte Dienstleister wie Trauredner, Fotografen oder DJs seien schon jetzt sehr gut gebucht. „Irgendjemanden findet man natürlich immer, aber das Brautpaar will ja meist nicht irgendetwas, sondern das Passende, das Besondere.“
Zu all den Paaren, die ihre Hochzeitsfeier ins nächste Jahr verschieben, kommen jene, die ihre Vermählung ohnehin 2021 geplant hatten. Samstage im Sommer sind immer besonders beliebt – und häufig ein Jahr vorher bereits ausgebucht. Hochzeitsplanerin Svenja Schirk rät, auf andere Wochentage auszuweichen – oder die Planung komplett zu überdenken: „Wer ganz flexibel ist, wartet vielleicht sogar bis 2022. Bis dahin ist die Lage womöglich auch entspannter.“
Von chaotischen Zuständen und allerlei Anfragen für die kommenden Jahre berichten auch Standesbeamte in der Region. Absagen hagelte es vor allem für besonders beliebte Orte, die auch Hochzeitspaare von außerhalb anziehen. In Füssen kommen etwa 70 Prozent der jährlich rund 250 Paare von auswärts, sagt der Leiter des Standesamts, Andreas Rösel: „Viele haben wegen der Corona-Maßnahmen bei uns keine Unterkunft bekommen – und die Trauung lieber abgesagt, verschoben oder haben bei sich im Ort geheiratet.“Reservierungsanfragen für 2021 nimmt Rösel erst ab August an, auch wenn derzeit schon viele anrufen.
Einen starken Schwund an Eheschließungen verzeichnet auch Landsberg am Lech. Am Standesamt, wo sich in normalen Jahren rund 300 Paare trauen, wurde 2020 bisher ein Viertel der Hochzeiten abgesagt, sagt Leiterin Maria Pittrich. Neue Anfragen gehen bei ihr derzeit etliche ein: „Viele fragen gar nicht nach Terminen für nächstes Jahr, sondern gehen gleich ins Jahr 2022. Die wollen sichergehen, dass sie ihre Hochzeitsfeier komplett frei von Corona-Maßnahmen gestalten können.“Dabei sind Reservierungen für das Folgejahr am Standesamt Landsberg immer erst ab November möglich.
Am Standesamt in Neuburg an der Donau kann man schon seit April für 2021 reservieren. Allerdings seien die Samstage bereits komplett ausgebucht, sagt Leiter Markus Riedlberger. Anfragen für 2022 und 2023 lehnt das Standesamt Neuburg aber kategorisch ab: „So weit im Voraus kann ich keine Zusage machen“, sagt Riedlberger. „Zumal bei uns Termine abgesagt wurden, weil Paare nicht mehr zusammen waren.“Auch in Neuburg stammt fast die Hälfte der 300
Brautpaare im Jahr von außerhalb. Allein bis Ende Juni sind es in normalen Jahren stets deutlich über 100 Trauungen, in diesem Jahr waren es nur 70.
Bayerns Gastwirten dürfte ein Hochzeitsboom 2021 gerade recht kommen. Besonders Hochzeitslokale, die sich auf große Feiern spezialisiert haben, mussten in der Corona-Krise extreme Umsatzeinbußen wegstecken, sagt Thomas Geppert, Geschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga Bayern). Er rät Paaren, die fest entschlossen sind, aber Engpässe im kommenden Jahr befürchten, spontan noch 2020 zu heiraten: „Unsere Hygiene-Konzepte funktionieren sehr gut, das zeigt sich an dem seit Wochen niedrigen Infektionsgeschehen. Die Rahmenbedingungen sind fast wieder wie vor Corona.“
Zu Privatfeiern sind in Bayern seit 7. Juli wieder 100 Gäste in Innenräumen und sogar 200 Gäste im Außenbereich zugelassen, wobei Kinder unabhängig von ihrem Alter bei der Zahl der Personen mitgezählt werden. Innerhalb der gemieteten Räumlichkeiten gilt kein Mindestabstand und die Hochzeitsgesellschaft darf auf Mund-Nasen-Bedeckungen verzichten. Auch eine Sperrstunde gibt es nicht mehr und sogar engerer Kontakt bei Tanz oder Spielen ist erlaubt. Bei Buffets müssen Gastwirte Einweg-Handschuhe auslegen, damit Geschirr und Besteck nicht von mehreren Personen berührt werden.
Unter diesen Voraussetzungen könne er sich Hochzeitsfeiern noch in diesem Jahr gut vorstellen, sagt der Geschäftsführer von Dehoga Bayern. „Für alle Kurzentschlossenen ist es vielleicht sogar eine große Chance, viel entspannter an Fotografen, Bands oder andere Dienstleister zu kommen.“Um den Hochzeits-Stau 2021 zu entzerren, rät er Gastwirten, für das kommende Jahr zusätzlich auch wochentags Termine anzubieten. Ob dies von den Brautpaaren angenommen werde, müsse sich erst zeigen, sagt Geppert. „Aber grundsätzlich kann ein Wirt fast alles ermöglichen. Man muss es nur gut mit ihm besprechen.“
Starke Nerven brauchen Paare bei der Hochzeitsplanung in Corona-Zeiten in jedem Fall – ganz unabhängig, ob sie ihre Feier für dieses Jahr, für das kommende Jahr oder erst für 2022 planen. Denn wie sich das Infektionsgeschehen in Deutschland weiterentwickelt, bleibt ungewiss. Auch professionelle Hochzeitsplaner könnten Brautpaaren keine Planungssicherheit geben, sagt Svenja Schirk, Sprecherin vom Bund deutscher Hochzeitsplaner. Die Expertin betont: „Brautpaare buchen immer auf eigenes Risiko, bei Rücktritt gelten immer die AGB der jeweiligen Dienstleister.“
Können bestimmte Dienstleistungen aufgrund der geltenden staatlichen Corona-Regeln gar nicht erst vollbracht werden, müssen sie auch nicht bezahlt werden, erklärt Schirk. „Aber ein Fotograf zum Beispiel kann immer kommen – ob nun 150 Gäste oder nur 30 Gäste zur Hochzeitsfeier zugelassen sind.“Brautpaare sollten daher bei Verträgen mit Dienstleistern genau hinschauen. „Es lohnt sich wirklich, bis ins Detail nachzufragen und einfach sehr viel zu kommunizieren.“Im Zweifel sollten auch Einzelheiten lieber schriftlich im Vertrag festgehalten werden, sagt Schirk. So seien am Ende auch keine bösen Überraschungen zu erwarten.